Duisburg. „Calling on the Body“ ist die größte Ausstellung, die Kunst-Star Antony Gormley je in Deutschland hatte. Warum niemand sie verpassen sollte.
Viele Monate Arbeit hat es gebraucht, um diese besondere Ausstellung zu realisieren: Das Lehmbruck-Museum und Star-Bildhauer Antony Gormley haben einen großen Teil vom Werk des Briten nach Duisburg geholt. Bis zum Februar ist die Ausstellung „Calling on the Body“ dort zu sehen. Sie stellt, der Name verrät es, den menschlichen Körper, das menschliche Wesen in den Mittelpunkt.
Antony Gormley gilt als einer der wichtigsten und einflussreichsten Bildhauer der Gegenwart. Seine bewegenden Werke füllen mitunter ganze Räume. Im Lehmbruck-Museum sind jetzt 14 Skulpturen und Installationen, 111 Modelle, 35 Zeichnungen und mehr als 260 Workbooks ausgestellt.
Gormley-Ausstellung füllt das ganze Lehmbruck-Museum
Museumsdirektorin Söke Dinkla blickt auf „eine lange und aufregende“ Vorbereitungszeit zurück. „Es ist die größte Ausstellung, die Gormley je in Deutschland hatte, und auch eine der größten Ausstellungen, die es bei uns je gab.“
„Calling on the Body“ erstreckt sich über rund 3000 Quadratmeter und alle Teile des Museums – ein Dialog nicht nur mit dem Schaffen Wilhelm Lehmbrucks, sondern auch mit der Architektur des Gebäudes, sagt Dinkla.
Die Kunsthistorikerin weist auf die Innerlichkeit und Nachdenklichkeit hin, die Gormleys Werke ausstrahlten: „Wir sehen gesenkte Köpfe oder halb geschlossene Augen: Die Figuren fühlen in sich hinein.“ Hinter all dem schwebe die existenzielle Frage: Was macht den Menschen aus?
Monumental ist das Werk „Allotment II“, das zum ersten Mal seit zehn Jahren der Öffentlichkeit präsentiert wird. Die Installation aus 300 Betonbunkern nimmt gleich einen ganzen Raum des Museums ein – jeder Bunker hat die Größe einer von 300 realen Personen, deren Maße der Künstler dafür verwendete.
Skulpturen von Antony Gormley lösen in jedem etwas aus
Als Gegenstück zu manch schwerem Werk aus Stein oder Stahl schwebt im Lehmbruck-Flügel die Installation „Drift VI“, eine durchsichtige, feine Drahtskulptur. Hier scheint sich der Körper in der Auflösung zu befinden, ist frei, verloren im Raum und schwerelos – „eines der am stärksten entmaterialisierten Werke, die Gormley je geschaffen hat“, heißt es im Ausstellungsheft.
Im „Model Room“ sind Modelle und Skizzen zu sehen, die das zum Teil geblieben sind, zum anderen Teil später realisiert wurden. „Gormley lässt uns hier an seiner Arbeitsweise teilhaben“, sagt Söke Dinkla. Schon die Modelle haben jene empathiegeladene Wirkung, die auch für die großen Installationen charakteristisch ist.
Denn oftmals ohne Gesichter, klar definierte Torsi oder Gliedmaßen, lösen Gormleys Werke im Betrachtenden trotzdem etwas aus. Auf mehr oder weniger abstrakte Art lässt sich in jeder Skulptur ein menschlicher Körper erkennen, vor allem aber eine Körperhaltung, mit der Gefühle und Stimmungen einhergehen. „Das Thema ist der Körper des Betrachters“, erklärt der Künstler den beabsichtigten Effekt.
Gormley sei „ein langjähriger Bewunderer der Werke Wilhelm Lehmbrucks, ihrer Innerlichkeit, Ausgeglichenheit, Ruhe und ihres reflexiven Potenzials“, betont die Museumsleitung den Bezug zum Namensgeber. Und auch der Brite selbst sieht in der einfühlsamen Seite seiner Kunst eine große Parallele zu den Werken, die der Meidericher Lehmbruck vor mehr als 100 Jahren erschuf.
>> AUSSTELLUNG „CALLING ON THE BODY“ IM LEHMBRUCK-MUSEUM IN DUISBURG
- Die Ausstellung „Calling on the Body“ von Antony Gormley ist vom 23. September 2022 bis zum 26. Februar 2023 im Lehmbruck-Museum zu sehen.
- Begleitend zur Ausstellung erscheint ein bebilderter Katalog im Hatje Cantz Verlag mit Texten von Söke Dinkla, Jon Wood und Ronja Friedrichs sowie einem Interview des Journalisten Tobias Haberl mit Antony Gormley.