Duisburg. Die 36 Sprach-Kitas in Duisburg stehen vor dem Aus. Der Ärger und die Sorgen sind groß. Eine Leiterin schlägt Alarm: „Wäre eine Katastrophe.“
In Duisburg gibt es 36 Sprach-Kitas, 26 davon sind städtische Kindertagesstätten. Anfang Juli wurde dem Jugendamt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgeteilt, dass das Projekt eingestellt wird. Dabei gab es noch vor einem Jahr 156.000 Euro vom Bund zur Förderung fünf neuer Sprachkitas. Damit soll jetzt aber Schluss sein.
Bund streicht Fördergelder: Strukturen der Sprach-Kitas in Duisburg gefährdet
„Derzeit gibt es keinerlei Informationen, ob und aus welchem Topf weitere Mittel zur sprachlichen Förderung bereitgestellt werden, um die Strukturen der Sprach-Kitas weiterlaufen zu lassen“, sagt Stadtsprecherin Gabi Priem. Gleichzeitig aber laufen beim Jugendamt Überlegungen, wie die Sprachförderung in den Einrichtungen trotzdem weiter umgesetzt werden kann.
Und nicht nur dort: Ohne die weitere Förderung durch Bundesmittel werden aufgebaute Strukturen wegfallen, Mitarbeiter werden das Arbeitsfeld verlassen, die Beteiligung mit Eltern wird reduziert und Kinder werden in ihrer Sprachentwicklung nicht mehr so gefördert werden können, wie es durch das Bundesprogramm möglich war. Die Länder überlegen, wie ein Plan B mit eigenen Mitteln kurzfristig umgesetzt werden könnte. Dabei läuft das System Kindertagesbetreuung derzeit sowieso am Limit, die Belastungen durch die Pandemie wirken immer noch nach und die Personalsituation ist schwierig.
Zusätzliche Fachkräfte sind wichtige Unterstützung in den Kitas
„Alle 27 Fachkräfte brennen für ihre Arbeit“, sagt Fachberaterin Daniela Malina. Seit 2016 gibt es das „Projekt Sprach-Kitas“, Duisburg ist seit der zweiten Förderwelle dabei. „Wir würden alle die Arbeit so weiter machen wollen, wie bisher“, sagt Daniela Malina, die für die Fortbildung der Kolleginnen zuständig ist. In den Kitas unterstützen die Fachkräfte die Erzieherinnen bei ihrer Arbeit, erkennen und besprechen gezielt Förderbedarfe bei den Kindern und stehen als Tandem in ständigem Austausch mit der Kita-Leitung. So werden zum Beispiel bestimmte Anlässe in den Kindergärten dazu genutzt, um mit den Kindern ins Gespräch zu kommen und deren Wortschatz und Sprachfähigkeit zu trainieren.
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„Wir betreuen aktuell 116 Kinder in unserer Einrichtung“, sagt Andrea Stosch-Tenbrink, die Leiterin der Sprach-Kita Kiebitzmühlenstraße in Duisburg-Marxloh. „Die Kinder kommen aus 18 verschiedenen Herkunftsländern. 80 Prozent haben Deutsch nicht als Muttersprache.“ Im Gegenteil. Viele Kinder kämen ohne jede Deutschkenntnisse in die Kita. „Da ist die Sprache ein wichtiger Teil unserer Arbeit, aber eben nicht der Einzige“, sagt Andrea Stosch-Tenbrink. „Die Kinder müssen in allen Bereichen unterstützt werden. Ohne die Kleingruppenarbeit der zusätzlichen Fachkraft wäre das alles nicht zu stemmen. Endet das Programm zur Sprachförderung, wäre das für uns eine Katastrophe.“
Neben der Begleitung der Kinder durch den Einsatz digitaler Medien oder spezieller Bilderbücher werden Alltagssituationen wie zum Beispiel das An- oder Ausziehen an den Garderoben zur Sprachförderung genutzt. „Wichtig ist, dass man mit den Kindern in den verschiedensten Situationen ins Gespräch kommt und immer wieder Anregungen zum Sprechen gibt“, sagt Stosch-Tenbrink.
Ständiger Austausch zwischen den Mitarbeitern, um alle für das Thema zu sensibilisieren
In den Kitas ist es auch eine Aufgabe der Fachkraft, das gesamte Personal für das Thema zu sensibilisieren und auch im Austausch mit den Eltern zu stehen. „Wenn die Mitarbeiterinnen aufgrund des allgemeinen Personalmangels abgezogen werden und an anderer Stelle eingesetzt werden – und das würden sie sofort – gehen uns wichtige Kompetenzen verloren“, befürchtet Daniela Malina. Die Fachberaterin vom Duisburger Jugendamt hofft, dass die Fachkräfte weiter als Sprach-Experten in den Kitas eingesetzt werden können. „Es müssen Netzwerke geschaffen werden, damit das Projekt ein fester Bestandteil in der Förderung werden kann.“ So arbeitet das Jugendamt mit Hochdruck daran, das aufgebaute Know-How zu erhalten und die speziell geschulten Fachkräfte weiterbeschäftigen zu können.
„Es ist beabsichtigt, die im Rahmen des Programms Sprach-Kita geschaffenen Stellen und Kompetenzen in städtischen Einrichtungen auf das Programm plus-Kita umzustrukturieren“, sagt Stadtsprecherin Gabi Priem. „Dies ist jedoch auch von dem Einverständnis der jeweiligen Mitarbeitenden abhängig.“