Duisburg. Kaum irgendwo gibt es so viele mängelbehaftete Häuser wie in Duisburg. Eine Statistik der Landesregierung zeigt jetzt das ganze Ausmaß.

Die Meldung der Stadt Duisburg ist erst wenige Tage alt: An der Arndtstraße 26a in Laar konnte ein von der „Task Force Problemimmobilien“ geschlossenes Mehrfamilienhaus nach Sanierung wieder freigegeben werden. Es ist die achte sogenannte Problemimmobilie, die nun wieder als bewohnbar gilt, zwölf weitere würden derzeit noch saniert. Kontrolliert hat die Stadt schon deutlich mehr Häuser – 474 Mal wurde in Duisburg seit 2018 ein Verfahren gemäß Paragraf 7 des Wohnungsaufsichtsgesetzes (WAG) durchgeführt.

Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD hervor. Die Landtagsfraktion der rechten Partei wollte wissen, wie oft zwischen 2018 und 2022 Häuser unter Anwendung des WAG geräumt worden sind.

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Problemimmobilien in Duisburg: Stadt muss oft eingreifen

Die Antwort erfolgte jetzt durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung und bezieht sich auf den Zeitraum von 2018 bis Mitte 2021. In Duisburg wurde jener Paragraf 7 „zur Abwehr von Verwahrlosung und/oder Beseitigung von Missständen“ im Jahr 2018 an 58 Häusern, 2019 an 135 Häusern, und zwischen Anfang 2020 und Mitte 2021 an 281 Häusern zur Anwendung gebracht. Das bedeutet: An diesen Gebäuden ordnete die Stadt offiziell die Beseitigung von Mängeln durch die Eigentümer an.

Ein Haus auf der Kaiser-Wilhelm-Straße war 2020 die erste „Schrottimmobilie“ in Duisburg, die nach Ankauf durch die Stadt abgerissen wurde. Im Sommer 2021 kaufte die Stadt auch ein Nachbarhaus.
Ein Haus auf der Kaiser-Wilhelm-Straße war 2020 die erste „Schrottimmobilie“ in Duisburg, die nach Ankauf durch die Stadt abgerissen wurde. Im Sommer 2021 kaufte die Stadt auch ein Nachbarhaus. © FUNKE Foto Services | Zoltan Leskovar

Wie oft zudem eine „Unbewohnbarkeitserklärung“ nach Paragraf 8 des WAG geprüft wurde, hat das Ministerium nicht nach Städten aufgeschlüsselt – in ganz Nordrhein-Westfalen sei dies 2461 Mal der Fall gewesen.

Zur Anzahl der Gebäude, die letztlich für unbewohnbar erklärt oder die geräumt wurden, lägen der Landesregierung keine Angaben vor. Ebenso wenig zur Anzahl der Personen, die aufgrund der Anordnungen ihre Wohnung verlassen mussten, oder zur Höhe der verhängten Bußgelder.

Viele Einsätze der Task Force in Hochfeld, Marxloh und Bruckhausen

Duisburg hat zur Kontrolle vermeintlicher Problemimmobilien eine Task Force eingerichtet. Ihre Einsätze finden oft in Hochfeld oder in Teilen des Stadtnordens wie Marxloh oder Bruckhausen statt. Dabei sah sich die Verwaltung wiederholt dem Vorwurf ausgesetzt, rücksichtslos vorzugehen gegen die Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser, die oft aus Südosteuropa stammen und in prekären Verhältnissen leben. Aber auch Vermieter fühlen sich mitunter schlecht informiert.

Längst nicht in allen Fällen gelingt es nach einer Räumung, die Hausbesitzer – wie im Fall der Arndtstraße in Laar – zur Sanierung zu bewegen. Die Stadt hat deshalb auch die Möglichkeit, Häuser mit Fördermitteln des Landes selbst zu kaufen. Im Vorjahr hat sie zum 14. Mal davon Gebrauch gemacht, als sie ein Haus an der Kaiser-Wilhelm-Straße in Marxloh erwarb.

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In der Antwort der Landesregierung fällt auf, dass in Städten wie Ahaus, Iserlohn oder Kleve beispielsweise das WAG kaum zur Anwendung kam, während Gelsenkirchen (814 Fälle), Mönchengladbach (586) und Duisburg die Tabelle weit vor allen anderen Städten anführen – mit einer Ausnahme: Rheda-Wiedenbrück, wo diese Zahl 2786 beträgt.

Sonderfall Rheda-Wiedenbrück: Südosteuropäer in der Fleischindustrie

Die in Ostwestfalen-Lippe gelegene Stadt ist Sitz von Europas größtem Fleischverarbeitungsunternehmen, dem von Ex-Schalke-Boss Clemens Tönnies. Tausende Werkvertragsarbeiter aus Rumänien, Bulgarien und Polen leben dort in Problemimmobilien.

Werden in Duisburg Häuser durch die „Task Force Problemimmobilien“ für unbewohnbar erklärt, müssen Menschen ihre Sachen packen. Dabei wird der Stadt in teilweise rücksichtsloses Vorgehen vorgeworfen.
Werden in Duisburg Häuser durch die „Task Force Problemimmobilien“ für unbewohnbar erklärt, müssen Menschen ihre Sachen packen. Dabei wird der Stadt in teilweise rücksichtsloses Vorgehen vorgeworfen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die zunehmende Nachfrage nach Wohnraum sei vor Ort vielfach von Investoren ausgenutzt worden, indem Immobilien erworben und ohne Investitionen möglichst gewinnbringend an viele Werkvertragsarbeiter vermietet wurden. „Die Entwicklungen wirkten sich auf unterschiedliche Weise verstärkt negativ auf die Stadt und das Zusammenleben aus, sodass die Stadt zum Handeln gezwungen war“, beschreibt das Ministerium die besondere Problemlage in Rheda-Wiedenbrück in seinem Leitfaden zum Umgang mit Problemimmobilien. (mit sat)

>>KONTROLLE VON WOHNRAUM IN NRW: GESETZ WURDE ERNEUERT

Das Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG) galt seit 2014. Weil es zum 1. Juli 2021 durch das „Wohnraumstärkungsgesetz“ ersetzt wurde, bezieht sich die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage nur auf einen Zeitraum davor.

Paragraf 7 des WAG gab den Städten das Recht Maßnahmen zu treffen, „wenn Verwahrlosung vorliegt oder ein Missstand besteht“, und die Beseitigung solcher Mängel durch die Eigentümer anzuordnen, sofern diese das nicht innerhalb einer bestimmten Frist freiwillig taten. Einen Schritt weiter ging Paragraf 8, durch den Gemeinden Wohnraum für unbewohnbar erklären konnten.

Das seit Juli 2021 geltende Wohnraumstärkungsgesetz enthält zwar einige Neuregelungen und Erweiterungen; die Städte verfügen aber auch weiterhin über diese Instrumente.