Duisburg. Warum sich erneut ein Gericht mit Verbandswahlen im Duisburger Kleingartenwesen beschäftigen muss und was der neue Vorsitzende zu Vorwürfen sagt.

Paukenschlag im Verband Duisburger Kleingartenvereine: Der bisherige und nicht unumstrittene Vorsitzende Turgay Diker hat bei der jüngsten Mitgliederversammlung mitteilen lassen, dass er sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegt und auch für keine anderen Ämter mehr zur Verfügung stehe. Zum neuen Mann an der Verbandsspitze ist Karl Ernst Steinwerth (74), bislang Beisitzer im Vorstand und enger Vertrauter Dikers, mit großer Mehrheit von den Vereinsdelegierten gewählt worden. Allerdings gibt es erneut Ärger über die Wahlen – und dies nicht zum ersten Mal.

Die im August 2020 durchgeführte Briefwahl – coronabedingt – hatte das Amtsgericht in Duisburg für ungültig erklärt. Nach dem Urteil aus September 2021 waren sämtliche Beschlüsse „unter Verstoß gegen das Gebot der Neutralitätspflicht, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Grundsatzes der Chancengleichheit erfolgt und daher nichtig“.

Amtsgericht Duisburg hatte Verbandswahlen im August 2020 für nichtig erklärt

Geklagt hatte damals der Kleingartenverein (KGV) „Liebe die Scholle“ in Meiderich mit Peter Lomott an der Spitze – unterstützt von Carlos Elter, erster Mann im KGV Ruhrau in Duissern. Beide hatten gegen den nun nicht mehr amtierenden Verbandsvorsitzenden Turgay Diker erfolglos kandidiert, aber „Unregelmäßigkeiten beim Ablauf der Briefwahl und dem gesamten Verfahren“, so Elter, moniert.

Carlos Elter, Vorsitzender des vom Verband ausgeschlossenen Kleingartenvereins Ruhrau in Duissern, erhebt nach den Verbandswahlen schwere Vorwürfe.
Carlos Elter, Vorsitzender des vom Verband ausgeschlossenen Kleingartenvereins Ruhrau in Duissern, erhebt nach den Verbandswahlen schwere Vorwürfe. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

So hatte der Verband auch nach Auffassung des Gerichts im Vorfeld der Verbandswahlen in einem Einladungsschreiben an die einzelnen Mitgliedervereine „das Maß der erlaubten Wahlbeeinflussung“ überschritten. Er hatte demnach unmissverständlich empfohlen, keinen Kandidaten aus dem sogenannten Duisburger Kreis zu wählen, zu dem Elter unter anderem gehört.

Er kämpft mit dieser nach eigenen Angaben immer größer werdenden Gruppe für eine komplette Neuaufstellung des Verbands, „der für einige Vereine schon länger nicht mehr die Interessen der Kleingärtner vertritt und zudem willkürlich handelt“, so Elter bereits vor einigen Monaten auf Nachfrage der Redaktion.

Brandbrief im Vorfeld der Versammlung

So hatte auch Axel Salzmann, Vorsitzender des KGV „Blüh auf Bergbau“ in Neumühl, in der Vergangenheit in einem mittlerweile beigelegten Streit mit der Stadt um ein Wegerecht die Unterstützung des Verbands vermisst. Im Vorfeld der aktuellen Verbandsversammlung hatte Salzmann, ebenfalls Mitglied des Duisburger Kreises, in einem Rundschreiben an die Vereinsvorstände in Bezug auf die gerichtlich für ungültig erklärte Briefwahl im August 2020 deutliche Worte gefunden.

Axel Salzmann, Vorsitzender des Kleingartenvereins
Axel Salzmann, Vorsitzender des Kleingartenvereins "Blüh auf Bergbau“ in Neumühl, hatte im Vorfeld der jüngsten Verbandsversammlung einen Brandbrief an alle Vereinsvorstände geschrieben. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Wir gehen davon aus, dass die dafür verantwortlichen Personen beim Stadtverband daraus die Konsequenzen ziehen. Wir erwarten, dass sie mit dem gebotenen Anstand auf jede weitere Kandidatur für ein Amt im Stadtverband verzichten“, hieß es unter anderem in dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt. Und: „Es wird Zeit, dass der von Misstrauen und Bevormundung geprägten, fortschreitenden Entmündigung der Vereinsvorstände Einhalt geboten wird.“

„Der Verband hat aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt“

Die jüngste Mitgliederversammlung habe aber gezeigt, „dass der Verband aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt habe“, sagt Elter. So seien im Vorfeld nicht alle Vereinsvorstände eingeladen worden. „Die Auswahl der Delegierten ist fragwürdig gewesen“, so der Vereinsvorsitzende des KGV Ruhrau. Es habe wieder eine massive Beeinflussung der Delegierten gegeben, niemanden der für verschiedene Ämter allesamt am Ende erfolglos kandierenden Mitglieder des Duisburger Kreises zu wählen.

So sei im Vorfeld der Versammlung eine sogenannte Schutzschrift beim Amtsgericht in Duisburg eingereicht worden. Dieser Schriftsatz soll verhindern, dass bei einem befürchteten vorläufigen Rechtsschutzverfahren ein Entscheid zum Nachteil des Duisburger Kreises ergeht. „Das Gericht wird so die Beschlüsse hinsichtlich unserer Argumentation prüfen“, so Elter.

Satzungsänderungen beschlossen

Dabei geht es auch um eine gleich zu Beginn der Verbandsversammlung verabschiedete geänderte Satzung, die dann kurz darauf bei den Wahlen bereits angewendet worden ist – also ohne Eintrag ins Vereinsregister des Amtsgerichts. Eine der von den Delegierten beschlossenen Änderungen traf Elter ganz persönlich.

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So ist es nach neuer Satzung nun nicht mehr wie bisher möglich, bei der Verbandsversammlung für ein Amt zu kandieren, ohne Mitglied eines Kleingartenvereins zu sein. In der Folge wurde es Elter verwehrt, für den Posten des stellvertretenden Verbandsvorsitzenden zu kandidieren, weil der erweiterte Verbandsvorstand am 12. Mai 2022 beschlossen hatte, den KGV Ruhrau mit sofortiger Wirkung aus dem Verband auszuschließen.

Der Grund für den Ausschluss: Elter soll den nun nicht mehr amtierenden Verbandsvorsitzenden Turgay Diker nicht nur bedroht, sondern im Februar 2022 auch noch rassistisch beleidigt haben. Elter bestreitet dies vehement.

Beispiellose Fehde zwischen Verband und einzelnen Vereinen

Der Vereinsausschluss ist nur Teil einer ebenso langjährigen wie beispiellosen und facettenreichen Fehde im Duisburger Kleingartenwesen zwischen dem Verband und einzelnen Vereinen. Zuvor sind dem KGV „Liebe die Scholle“ und KGV Ruhrau bereits die Verwaltungsverträge gekündigt worden. Begründung: massives Fehlverhalten. Es geht unter anderem um angeblich nicht durchgeführte Gartenbegehungen und nicht angezeigte Pächterwechsel.

Beispiellose Kleingarten-Fehde- So geht’s vor Gericht weiterDer KGV Ruhrau wehrt sich mit einer Klage bereits gerichtlich gegen die Kündigung. In dem Verfahren vor dem Landgericht in Duisburg, in dem auch der Vereinsausschluss behandelt wird, soll es nach bisherigen Planungen im September 2022 eine ausführliche Zeugenbefragung geben.

Ungeachtet dessen hat der Verband die Verantwortung für alle 59 Gärten auf der Duisserner Anlage bereits einem im Dezember 2021 gegründeten neuen Verein namens KGV Ruhrau 2021 übertragen – mit Bernd Kruse an der Spitze. Er war vor Elter Vorsitzender des KGV Ruhrau und ihm mal wohlgesonnen. Das hat sich längst geändert. Er ist wie der Verband der Meinung, dass Elter gegen Statuten verstoßen habe.

„Das hat ein Geschmäckle“

Bei der jüngsten Mitgliederversammlung wurde Kruse mit großer Mehrheit zum stellvertretenden Verbandsvorsitzenden gewählt. Dass Elter für diesen Posten nicht kandidieren durfte, hält der neue starke Mann im Verband, Karl Ernst Steinwerth, im Nachhinein für unglücklich. „Da bin ich ehrlich, das hat ein Geschmäckle.“

Der Verband hält es aber im Gegensatz zu Elter für rechtlich zulässig, die von den Delegierten beschlossene geänderte Satzung sofort angewendet zu haben. „Wir haben dies im Vorfeld juristisch prüfen lassen“, so Steinwerth, der ansonsten die von Elter rund um die Versammlung und Wahlen erhobenen Vorwürfe insgesamt nicht nachvollziehen kann.

Karl Ernst Steinwerth ist neuer Vorsitzender des Verbands Duisburger Kleingartenvereine.
Karl Ernst Steinwerth ist neuer Vorsitzender des Verbands Duisburger Kleingartenvereine. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Es seien alle Vereine bis auf den vom Verband ausgeschlossenen KGV Ruhrau eingeladen worden. 76 Delegierte – Vereinsvorsitzende oder ihre Vertreter – seien zur Versammlung erschienen, die laut Steinwerth eine Stimme pro Verein hatten. Da auch Mitglieder des Verbandsvorstands stimmberechtigt sind, habe es nur zweimal die Konstellation gegeben, dass zwei Vertreter eines Vereins abgestimmt haben.

Vonseiten des Verbandes seien zudem vor den Wahlen keine Vorbehalte gegen die Kandidaturen von Mitgliedern aus dem Duisburger Kreis geäußert worden, in einzelnen Fällen aber von Vereinsvertretern.

Tausende Euro für Gerichtsprozesse

Die Vorwürfe zeigen, wie viel Arbeit vor Steinwerth liegt, wieder für Ruhe im Duisburger Kleingartenwesen zu sorgen. Das sei jedenfalls sein klares Ziel. „Es gibt Dinge wie vertragliche Verpflichtungen gegenüber der Stadt, über die ich nicht diskutiere“, sagt der 74-Jährige. „Aber grundsätzlich bin ich, gerade bei Streitigkeiten, gesprächs-, kompromissbereit und auf der Suche nach einvernehmlichen Lösungen. Es kann jedenfalls nicht sein, dass wir ständig Gerichtsprozesse führen und dafür Tausende Euro aus Mitgliedsbeiträgen verbrennen.“

Elter hat auf Nachfrage die Hoffnung, dass „wir mit Herrn Steinwerth die Kuh vom Eis bekommen können, aber wenn es um unsere ureigenen Rechte geht, werden wir weiter die juristischen Möglichkeiten nutzen“.

>> DER NEUE VORSITZENDE DES VERBANDS DUISBURGER KLEINGARTENVEREINE

  • Karl Ernst Steinwerth ist nach eigenen Angaben „eigentlich kein Mann für die erste Reihe“, freut sich jetzt aber auf die Aufgaben als Vorsitzender des Verbands Duisburger Kleingartenvereine.
  • 2023 ist Steinwerth 50 Jahre Kleingärtner. Der 74-Jährige gehört dem KGV Am Rheintörchen in Wanheimerort an, war dort Anfang der 80er sechs Jahre lang Kassierer und von 2001 bis 2013 auch Vorsitzender des Vereins.
  • 2007/2008 wurde er Bezirksvertreter für den Bezirk D im Duisburger Süden und 2015 als Beisitzer in den geschäftsführenden Verbandsvorstand gewählt, den er seit dem 24. Juni 2022 anführt.
  • Der Wanheimerorter ist seit über 50 Jahren verheiratet, hat zwei Söhne und vier Enkel.