Duisburg. Wie gut die Bauarbeiten für die neue A40-Rheinbrücke in Duisburg-Neuenkamp vorangekommen sind und welche Hürden noch genommen werden müssen.

Mit den ersten beiden Pylonen am westlichen Rheinufer rückt der Brückenschlag für die A40 über den Rhein für Duisburg näher. Die Bauarbeiten haben das Festland verlassen, jetzt schwebt und strebt 25 Meter über dem Rhein das erste Stück Stahlbeton von Homberg Richtung Neuenkamp.

500 Tonnen wiegt so ein Mittelteil, das später sechs Verkehrsspuren tragen kann. Das nächste von insgesamt neun Elementen, das schon verschweißt bereit liegt, kann erst angesetzt werden, wenn die Pylone im Mai fertig sind. 30 Meter ragen sie bereits über die Fahrbahn, 40 weitere Meter sollen später noch hinzukommen, dabei ist die Aussicht jetzt schon wunderschön und schwindelerregend.

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A40-Rheinbrücke in Duisburg: Pylone nehmen über Schrägseile den Druck der Stahlelemente auf

Die grauen Türme bestehen aus sechs je 70 Tonnen schweren Stahlelementen, die nach und nach aufeinandergesetzt und verschweißt werden. Von innen sind sie hohl, Treppen führen später in die Seilkammern. Am Ende sollen sie weiß gestrichen werden.

Dicke Seilaufnahmehülsen sind derzeit noch vom Gerüst verborgen, seitlich an dem neuen Brückenteil kann man sie auch von unten schon erkennen. Sukzessive werden in den nächsten Monaten die Elemente eingesetzt und mit den Pylonen über Seile verbunden. Dann wird man langsam erkennen können, dass hier eine Schrägseilbrücke entsteht, und zwar die längste ihrer Art. Die horizontalen Kräfte der Seile heben sich gegenseitig auf, erklärt Projektleiter Knut Ewald, den Druck der vertikalen Kräfte nehmen die Pylone auf, die dafür auf 30 Meter tiefen Pfählen stehen. Hochwasser kann ihnen nach allen Berechnungen nichts anhaben.

Die Wiegeanlage, die zu schwere Laster vor der alten Rheinbrücke aus dem Verkehr zieht, steht der neuen Rheinbrücke im Weg.
Die Wiegeanlage, die zu schwere Laster vor der alten Rheinbrücke aus dem Verkehr zieht, steht der neuen Rheinbrücke im Weg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Wiegeanlage der alten A40 steht dem Neubau im Weg

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Nebenan, auf der alten Brücke, stockt der Verkehr schon wieder, weil ein Laster von den Schranken der Wiegeanlage gestoppt wurde. Sie hilft zwar, das Bauwerk am Leben zu halten, bis der Ersatzbau fertig ist. Die Waage auf Homberger Seite steht aber auch mitten im Weg, weshalb Autos und Laster zwar günstigstenfalls 2023 über die erste neue Brücke fahren können, aber die Verkehrsführung noch leicht verschwenkt laufen wird.

Die finale Position hat die Brücke dann ohnehin noch nicht erreicht. Erst muss die alte Brücke abgerissen werden, was voraussichtlich ein Jahr dauern wird, dann wird die zweite neue Brücke gebaut, der Verkehr darauf umgelenkt und dann wird es noch mal spannend: Denn Bauwerk Nummer 1 soll rund 14 Meter Richtung Norden an Bauwerk Nummer 2 herangeschoben werden.

Schwer vorstellbar, denn die Brücke ist massiv. Das sieht man nicht zuletzt an den dicken Stahlbewehrungen, an denen Monteure aus ganz Europa arbeiten. Zwischen 90 und 120 Leute sind regelmäßig vor Ort. Vieles läuft hier parallel: Am Boden und in der Höhe, auf Gerüsten und in den Stahlkästen, es wird abgerissen und aufgebaut, mit Stahl, Beton, Schutzgas gearbeitet. Trotz des Gewusels habe es bislang keine schweren Unfälle gegeben, berichtet Ewald.

Die ersten beiden Pylone auf der Rheinbrücke sind bereits 30 Meter in die Höhe gewachsen. Projektleiter Knut Ewald (re.) und Pressesprecherin Simone Döll freuen sich über den Fortschritt.
Die ersten beiden Pylone auf der Rheinbrücke sind bereits 30 Meter in die Höhe gewachsen. Projektleiter Knut Ewald (re.) und Pressesprecherin Simone Döll freuen sich über den Fortschritt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

XXL-Elemente der Brücke fahren große Umwege quer durch Deutschland

120.000 Fahrzeuge sollen die neuen Brücken täglich aushalten, mit einem hohen Schwerlastanteil. Bis es soweit ist, müssen andere Brücken ordentliche Lasten stemmen, um die XXL-Transporte zu bewältigen. Die größten Teile sind 30 Meter lang, 5,50 Meter breit und 4,50 Meter hoch. Für einzelne Elemente sei sogar ein Transport von Sachsen aus über München in Erwägung gezogen worden, berichtet Ewald, die marode Brückenlandschaft in NRW erzwingt kreative Lösungen. Sie werde ihm und der Deges noch viele Jahre Arbeit bescheren.

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Der Stahl kommt aus Salzgitter, Völklingen und Linz. Vorprodukte wie Eisenerz kommen allerdings aus der Ukraine, andere Zwischenprodukte auch aus Russland. Welche Folgen der Angriffskrieg gegen die Ukraine auf die Baustelle haben wird, ist für den Bauingenieur schwer abzuschätzen. Schon jetzt schaue ein Risikomanagement auf alternative Materialquellen und Lieferketten. Falls der Stahl noch teurer werde, mangele es aber nicht am Geld. „Höhere Realisierungskosten stehen im Verhältnis zum volkswirtschaftlichen Nutzen“, betont Pressesprecherin Simone Döll. Die erste Zielmarke, bis 2023 das erste Brückenbauwerk fertig zu haben, sei aber schon durch Corona ambitioniert, bekennt Ewald.

Stahl, wohin man schaut. Noch haben Corona und der Krieg gegen die Ukraine den Bau der Rheinbrücke in Duisburg nicht verzögert.
Stahl, wohin man schaut. Noch haben Corona und der Krieg gegen die Ukraine den Bau der Rheinbrücke in Duisburg nicht verzögert. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Teuer eingekaufte Sicherheit“

Noch größere Priorität hat hier nur das Thema Sicherheit. „Wir setzen auf hohe Qualitätsstandards, darauf haben wir schon bei der Ausschreibung Wert gelegt“, sagen Ewald und Döll. Durch besondere Verträge seien die Bauunternehmen nicht nur Auftragnehmer, sondern auch Partner. Zudem gebe es eine hohe Überwachungsdichte, „eine teuer eingekaufte Sicherheit“. Aus schlechten Vorbildern wie der Stahlkonstruktion beim Ausbau der Küppersmühle, die am Ende nurmehr Schrott war, könne man lernen. Und da bei so einer Brücke nicht mal im kleinsten Detail etwas schief gehen dürfe, sei eben nur das Beste gut genug.

Auf ihrer Webseite informiert die Deges regelmäßig über den Fortschritt auf der Baustelle: https://www.deges.de/projekte/projekt/a-40-ausbau-der-autobahn-und-ersatzneubau-der-rheinbruecke-duisburg-neuenkamp/ Für Fragen ist das Bürgertelefon täglich von 8 bis 20 Uhr besetzt: 0800 5895 2479.

>>DIE RHEINBRÜCKE IN ZAHLEN

  • 75 Meter hoch, 802 Meter lang, 68,25 Meter breit.
  • Acht Fahrspuren, daneben von einer 6,5 Meter langen Lärmschutzwand getrennt, Geh- und Fahrradwege.
  • Baubeginn: Ende 2019, Eröffnung 1. Brückenbauwerk mit sechs Spuren: 2023.
  • Fertigstellung: Beide Brückenteile sollen 2026 fertiggestellt werden.
  • Insgesamt ist das neue Konstrukt am Ende 4,5 Kilometer lang.