Duisburg. Die Teststrategie an Grundschulen frustriert Eltern, stresst Lehrer und verunsichert Kinder. Was Brandbriefe und Gewerkschaften fordern.
Auch zwei Wochen nach der Veränderung der Teststrategie an Grundschulen ist keine Ruhe eingekehrt. Eltern schreiben Brandbriefe, die Gewerkschaften beklagen die Strukturen und die Schulleitungen jonglieren mit den unterschiedlichen Ergebnissen von Bürgertests und Schultests.
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„Kapriolen sondergleichen“ beobachtet Rüdiger Wüllner von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Nach einem positiven Pooltest seien die Schnelltests am nächsten Morgen häufig trotzdem allesamt negativ. Der nächste Pooltest sei dann wieder positiv. Eltern bringen ihr Kind nach einem Besuch im Testzentrum mit einem negativen Bürgertest wieder zur Schule.
„Dieses Hin und Her geht über Tage“, schildert der Grundschullehrer, „und man fragt sich, was das für ein komisches Experiment ist, an dem wir hier alle teilhaben“.
Teststrategie ist für Eltern aus Duisburg „inakzeptabel“
Martina Stockum und Christian Szabel haben ihm einen Namen gegeben: „Ping-Pong“-Testung. Die beiden Eltern sind Schulpflegschaftsvorsitzende der Gemeinschaftsgrundschule Böhmer Straße in Buchholz. Sie wandten sich mit einem Brandbrief an die Schulaufsicht, das Schulministerium, die Bezirksregierung und auch den Oberbürgermeister. Ausführlich schildern die beiden, was diese Strategie bedeutet. Insbesondere für Eltern mit mehreren Kindern sei das „absolut inakzeptabel“.
Sie fordern die „sofortige Wiederaufnahme der PCR-Einzeltests an Grundschulen“, da Kinder in die Priorisierung gehören würden. Die Eltern seien „entnervt“ und würden Pläne, vorausschauende Handlungsschritte oder überhaupt nachvollziehbare Maßnahmen vermissen. Denn es gebe „kein Nullrisiko und keine Garantien für unsere Kinder“, schreiben Stockum und Szabel.
Gewerkschaft GEW fordert klare Leitlinien vom Gesundheitsamt
„Wir planen nur noch von Stunde zu Stunde“, bestätigt Rüdiger Wüllner. Er würde sich mehr Klarheit wünschen und blickt dabei auf Oberhausen, wo vom Gesundheitsamt klare Leitlinien kommuniziert wurden: Hier muss nach vier positiven Fällen in fünf Tagen die gesamte Klasse fünf Tage in den Distanzunterricht. „Das versteht wenigstens jeder“, glaubt Wüllner, und es würde sich sogar in sinkenden Inzidenzen widerspiegeln. In Duisburg seien die Schulleiter indes auf sich allein gestellt, „die Frustration ist riesig!“
Das bestätigt auch Michael Fuchs, der Duisburger Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). In Gesprächen mit Schulleiterinnen und Schulleitern habe er in der vergangenen Woche mehrfach gehört: „So schlimm war es noch nie“ kombiniert mit der Feststellung „Wir sind doch kein Testzentrum“.
Angesichts knapper Räume und noch knapperer Personaldecke sei es schon vorgekommen, dass ein soeben positiv getestetes Kind auf dem Flur sitzen musste, um dort auf die Eltern zu warten. „Nach Möglichkeit wird sich gekümmert“, betont Fuchs, aber da die wenigsten Klassen mit einer Doppelbesetzung fahren und auch sozial-pädagogische Fachkräfte oder gar Sozialpädagogen dünn gesät sind, käme das leider vor. „Was bedeutet es für so eine kleine Seele, aus der Klasse gezogen zu werden“, fragt der Grundschullehrer.
Auch die Eltern seien belastet und immer auf dem Absprung, um das Kind womöglich abholen zu müssen. Vater Christian Szabel, dessen Sohn Noah in die erste Klasse geht, berichtet von Eltern, die schon morgens um sechs Uhr mit ihrem Nachwuchs am Testzentrum Schlange stehen, weil sie nur so ruhigen Gewissens zur Arbeit fahren können.
Stadt zeigt Verständnis für die Beschwerden der Eltern
Die Pressestelle der Stadt Duisburg betont, dass in Duisburg wie überall in NRW die Regelung gelte, dass Kinder, die nach einem positiven Pooltest einen negativen Bürgertest haben, sofort wieder in die Schule kommen dürfen. „Aktuell liegt die Auflösungsquote der Pooltests bei 36 Prozent. Davor - ab dem Schulstart am 10. Januar bis zur jüngsten Umstellung des Testverfahrens - lag die Auflösungsquote bei 91 Prozent“, berichtet Pressesprecher Maximilian Böttner. Für die Beschwerden verärgerter oder verunsicherter Eltern habe man größtes Verständnis, nicht zuletzt auch aus eigener Erfahrung.