Duisburg. 750 Zuschauer feiern in der Duisburger MSV-Arena die Tollitäten und das Leben. Nur ein Kraftakt hatte die Prinzenkürung erst möglich gemacht.
Endlich hat Duisburg wieder amtierende Tollitäten. 750 Besucherinnen und Besucher feiern am Samstagabend nicht nur Prinz und Kinderprinzenpaar sowie das Brauchtum selbst. Bei der Prinzenkürung feiern sie auf der Tribüne der Schauinsland-Arena schlicht das Leben, das in den vergangenen zwei Jahren viel zu oft viel zu trist war.
Nur schwer beschreiben lässt sich die Mischung aus Befreiung von Frust und Wehmut und dem Durchbruch schierer Lebensfreude und Begeisterung bei Akteuren wie Zuschauern. Zuerst schlägt für den närrischen Nachwuchs die große Stunde. Kinderprinz Phil I. Wolters, Kinderprinzessin Lenie I. Schaale, Hofmarschall Luca Jonethal und Pagin Kimberly Bodora mischen das Publikum mit Liedern und Tänzen auf. Das Motto der vier pfiffigen Schüler aus der KG Blau-Rot Sonniger Süden: „Wir sind aus Duisburg.“
Dann darf Prinz Tobias I. Schneider, fast 20 Monate nach seiner Wahl, Zepter und Narrenkappe übernehmen. Mit einem glücklichen Lächeln erklärt der 38-jährige Bereichsleiter der Forensischen Klinik in Friemersheim musikalisch seine Liebe zum Brauchtum und zu Duisburg – „Tobi“ ist Offizier der KG Alle Mann an Bord. „Es waren zwei Jahre mit viel Hoffen und Bangen“, gibt seine Tollität zu. „Aber mit Hilfe vieler Freunde haben wir es nun doch noch geschafft.“
Session 2022 in Duisburg: Hofstaat und Prinz strahlen um die Wette
Mit ihm um die Wette tanzt und strahlt der Hofstaat: Hofmarschall Luis Larisch (37) ist nicht nur Industriemeister und Offizier der Prinzengarde, sondern auch Verlobter des Prinzen. Vier gut gelaunte Pagen tragen den tänzerischen Part: Jennifer Braun (22, KG Alle Mann an Bord), Victoria Güldenberg (28, Kasslerfelder Karnevals Club), Julia Limberg (24, Piraten des Südens) und Lara Loosen (20, Stadtgarde Duisburg Rot-Weiß). Und Hofmarschall Pavel Weger (44) beeindruckt mit modernem Ausdruckstanz, der immerhin die obere Hälfte seines Körpers in Dauer-Bewegung versetzt: Ein Arbeitsunfall hat im Dezember das linke Bein des Fliesenlegers aus der KG Alle Mann an Bord schwer mitgenommen – bei der Prinzenkürung macht Weger deshalb auf Krücken und einem Bein mit. „Habe alles gegeben“, grinst er hinterher.
Alles gegeben haben zwei weitere Menschen: Michael Jansen und Patricia Kerst, Präsident und Geschäftsführerin vom Hauptausschuss Duisburger Karneval. Nach der von der Landesregierung eingeforderten freiwilligen Absage des Sitzungskarnevals hatten sie bei der abermaligen Neufassung der Corona-Schutzverordnung eine Chance erspäht, doch noch eine Prinzenkürung auf die Beine zu stellen. Im Stadion. Mit 750 Zuschauern.
„Das ist jetzt gerade mal drei Wochen her“, wundert sich Jansen, der ebenso wie Patricia Kerst seitdem nicht viel geschlafen hat. Drei Wochen, in denen die Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, dass sich eine Sportstätte in eine Kathedrale des Karnevals verwandelt. Drei Wochen, um ein Programm zu zaubern, bei dem auch die „Swinging Fanfares“ aus Düsseldorf und die Kölner Gruppe „Brings“ begeistern. Drei Wochen, um den Zustrom und die Bewirtung des in mehrere getrennte Gruppen aufgeteilten Publikums auszutüfteln. „Wir hatten viele Geburtshelfer“, sagt Jansen bescheiden.
>>ZWEI KARNEVALISTISCHE GEBURTSTAGE IN DUISBURG
• Tobias Schneider ist seit 1928 der 81. Prinz der Stadt Duisburg. Allerdings ist er der Erste, dessen inoffizielle Amtszeit sich über zwei Sessionen erstreckte. Dafür ist seine offizielle Regentschaft nun doch recht kurz: am 28. Februar ist Rosenmontag. An diesem Tag feiert „Tobi“ Geburtstag.
• Geburtstag feiert auch der Hauptausschuss Duisburger Karneval. „66 Jahre schon, feiert Duisburg Tradition“, so das Sessionsmotto des Stadtverbandes. Aktuell gehören ihm 35 Vereine mit weit über 5000 Mitgliedern an.