Duisburg. Hakenkreuze und antisemitische Beleidigungen haben einen Schulflur in Duisburg verunstaltet. Warum die Schule das Geschmiere sogar gesichert hat.

Mit Hakenkreuzen und judenfeindlichen Sprüche hat vor wenigen Wochen ein Unbekannter einen Flur im Abtei-Gymnasium in Duisburg-Hamborn verunstaltet. Die Schule geht seither einen besonderen Weg, um das aufzuarbeiten: Sie sicherte das Geschmiere mit einer Plexiglasscheibe, um mit den Schülern inhaltlich dazu arbeiten zu können.

„Man kann das nicht einfach wegmachen, es ungeschehen machen“, sagt Christina van Laack. Die ehemalige Schülerin des Abtei ist dort inzwischen Geschichtslehrerin sowie Erinnerungskultur- und Geschichtskoordinatorin. Sie wollte lieber die Mitschüler selbst dazu bringen, das Geschriebene zu maßregeln.

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Duisburger Schüler schreiben hunderte Kommentare „wie bei Instagram“

„Wir haben die Schülerschaft gefragt, was sie davon halten und ihre Äußerungen in Denkblasen drumherum platziert“, berichtet Seelsorger und Religionslehrer Hermann-Josef Grünhage. Die Ablehnung sei deutlich gewesen: „Ich war mir sicher, dass es keine Mehrheitsmeinung ist“, betont er. „Und wenn es so gewesen wäre, hätte es gezeigt, dass wir uns darum kümmern müssen“, ergänzt Schulsozialarbeiterin Christina Stockhorst. „Ich finde das respektlos, so die Geschichte zu ignorieren und zu verleugnen. Das ist Volksverhetzung!“, schreibt ein Jugendlicher, „ehrenlos/sehr unpassend/respektlos“ ein anderer.

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Der Effekt sei enorm gewesen, freut sich van Laack. Über 800 Kommentare kamen zusammen, „wie bei Instagram“: Hier „spricht die schweigende Mehrheit“. Die Schülerschaft sei sensibel damit umgegangen, viele hätten sich gefragt, was die- oder denjenigen Unbekannten wohl bewegt haben mag, sich derart an einer Wand zu verewigen.

Video zur Aktion soll auf die Schul-Webseite

Rechtlich sei diese Art des Umgangs schwierig gewesen, weil es sich um verfassungsfeindliche Symbole handelt, die man nicht einfach stehen lassen darf, erzählt Grünhage. Man habe sich damit beholfen, die Schmierereien phasenweise abzuhängen.

Hermann-Josef Grünhage ist Seelsorger und Religionslehrer am Abtei-Gymnasium in Duisburg.
Hermann-Josef Grünhage ist Seelsorger und Religionslehrer am Abtei-Gymnasium in Duisburg. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Dem verantwortlichen Schüler – von dem weder Geschlecht noch Alter publik sind – wurde eine Art Bewusstseins-Bildung verordnet, „er soll mehr lernen über das friedliche Zusammenleben von Religionen“, sagt Grünhage.

„Das Abtei setzt Zeichen“: Aktionstage und ein Gegen-Graffiti

Das Thema wird die Schule noch weiter begleiten. Sie plant mit Burak Yilmaz einen Aktionstag zum Thema Antisemitismus und Rassismus unter dem Motto „Das Abtei setzt Zeichen“. Der ehemalige Schüler des Abtei ist Buchautor zu dem Themenfeld und als Pädagoge an der Schule aktiv.

Die Kunstkollegen drehten ein Video über die Aktion, das demnächst auf der Schul-Webseite veröffentlicht werden soll. Schließlich wird im April ein weiterer Stolperstein verlegt, kündigt Grünhage an.

Ein Wettbewerb für ein Gegen-Graffiti zur Neugestaltung der Wand steht auch noch aus, ergänzt van Laack. Ein schuleigenes Logo für Respekt ist in der Entwicklung. Das Thema Verschwörungstheorie soll neu im Lehrplan verankert werden. Und schließlich plant die Schule „die Veröffentlichung einer kleinen Graphic Novel für Grundschüler zur Familienbiografie einer Schülerin, die in den 1930ern als Jüdin unsere Schule besucht hat und fliehen konnte“, sagt van Laack.

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>>HAKENKREUZ-SCHMIEREREIEN

  • Hakenkreuz-Schmierereien kommen immer mal wieder an Schulen vor, sagt Polizei-Sprecher Jonas Tepe. Es gebe allerdings keine separate Statistik dafür.
  • Bei gepinselten oder gesprühten Hakenkreuzen gehe es um die Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, das Strafmaß reicht hier von Geldstrafen bis zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Antisemitische Schimpfwörter gelten hingegen als Beleidigung. In beiden Fällen kommt noch Sachbeschädigung hinzu.
  • Die Polizei bittet darum, solche Vorfälle zur Anzeige zu bringen. Nur so könne man erkennen, wenn sich Fälle häufen.
  • Kürzlich erst wurde das Vereinsgebäude des SV Wanheim 1900 verunstaltet. Der Staatsschutz ermittelt und sucht Zeugen.