Duisburg. Der Liederabend „Let’s work“ hatte Premiere im Foyer III des Stadttheaters. Warum es ein sehenswerter Abend wie aus einem Guss geworden ist.
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, sagt ein altes Sprichwort. Die Musik könnte so ein Vergnügen sein. Aber was passiert, wenn die Musik von der Arbeit erzählt? Mit dem Liederabend „Let’s work“ spürt ein kleines Ensemble des Schauspiel Duisburg den zahlreichen Facetten einer Tätigkeit nach, die für manche der Sinn des Lebens ist, für andere aber vor allem Mühe und Plage.
Die temporeiche Premiere war am Donnerstag im Foyer III des Theaters Duisburg. Viel braucht Schauspielintendant und Regisseur Michael Steindl nicht, um die 27 Lieder des Abends in Szene zu setzen. Ihm reichen ein bisschen unaufdringliches Licht und rund 50 leere Bierkästen. Die können zu einer starren Wand werden, zum Podest für ein Arbeiterdenkmal, zum Fließband oder zu einer Art Skyline.
Duisburger Produktion: Vom Steigerlied bis hin zur Einheitsfront
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Auch zu einem Bankschalter oder einer Schreibtisch-Batterie in einem seelenlosen Büro lassen sich die leeren Getränke-Behälter zusammenschieben. An einem dieser Tische träumt Robin Berenz mit dem Song „Hey Julie“ von seiner Angebeteten, während um ihn herum öde Büro-Routine herrscht.
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Das älteste Stück des Abends ist das „Steigerlied“, das bereits im 16. Jahrhundert von sächsischen Bergleuten gesungen wurde. Der Pianist und musikalische Leiter Wolfgang Völkl hat es als getragenes mehrstimmiges Stück arrangiert. Ansonsten greifen Völkl und Steindl auf ein breites Spektrum aus Schlager, Pop, Blues und Rock, aber auch auf Polit-Klassiker wie Hanns Eislers „Einheitsfronlied“ zurück. Der Titel des Abends stammt von Mick Jaggers gleichnamigen Song „Let’s work“.
Das Ensemble ist stark gefordert
Völkl hat die unterschiedlichen Stücke auf eine Pianostimme reduziert. Wie ein DJ, der Übergänge zwischen verschiedenen Stücken kreiert und sein Publikum ohne Pause durch den Abend führt, treibt er das Ensemble zum kontinuierlich Singen und Spielen an. Auf Moderationen oder ergänzende Texte verzichtet die Inszenierung.
Das gibt dem Abend Tempo und Geschlossenheit, fordert aber das Ensemble spürbar. Schließlich stehen keine ausgebildeten Sänger auf der Bühne, sondern singende Schauspielerinnen und Schauspieler. Doch das junge Ensemble mit Katharina Abel, Robin Berenz, Kai Bettermann, Adrian Hildebrandt und Tatjana Poloczek meistert die Klippen des chorischen und solistischen Singens fast immer souverän.
Einen der intensivsten Momente schuf Tatjana Poloczek mit der „Seeräuber-Jenny“. Mit eindringlicher Mimik interpretierte sie den Song von Weill und Brecht, während über oder neben einer Bierkisten-Wand immer wieder die Köpfe der anderen Ensemble-Mitglieder auftauchten, die Ausschau hielten nach dem „Schiff mit acht Segeln und fünfzig Kanonen“. Überheblichkeit, Erstaunen und blankes Entsetzen leuchteten in den Gesichtern auf.
Ein Abend wie aus einem Guss
Und dann kam ein für diesen Abend so typischer Bruch zu Tracey Chapmans „Talkin‘ bout a revolution“. Ihr komisches Talent durften Adrian Hildebrandt als unsicherer Bankräuber und Robin Berenz als trockener und gedemütigter Kassierer zu „Mr. Webster“ von den Monkees ausleben. Was als Stummfilm-Posse, in der Geld und Pistole den Besitzer wechseln, begann, wurde zu einer süßen Rache des unterwürfigen Angestellten.
Und was wäre das Leben ohne Arbeit? Der alte Anarchist Georg Kreisler hat mit seinem Walzer „Wenn alle das täten“ eine fröhliche Utopie entworfen, zu der sich das Ensemble beschwingt tanzend, Blümchen pflückend und lächelnd über die Bühne bewegte. Damit setzte es einen heiteren Schlusspunkt zu einem sehenswerten Abend, der trotz seiner unterschiedlichen musikalischen Quellen und Haltungen wie aus einem Guss wirkte.
Weitere Aufführungen gibt es am 21., 25. und 28. Oktober jeweils um 19.30 Uhr, Karten unter www.theater-duisburg.de.