Duisburg. Vor 60 Jahren wurde das Deutsche Blindenhilfswerk in Duisburg gegründet. Längst ist es international aktiv. Auch in Deutschland ist viel zu tun.

Im Jahr 1961 wurde in Duisburg das Deutsche Blindenhilfswerk (DBHW) gegründet, um sich für die vielen Kriegsblinden und Sehbehinderten vor Ort einzusetzen. Heute ist die Hilfsorganisation weltweit tätig. Statt karitativer Fürsorge sind mehr und mehr gleichberechtigte Begegnungen gefragt.

Im Lehmbruck-Museum trafen sich zur Geburtstagsfeier Freunde und Förderer des Werkes, das als eingetragener Verein mit nur 19 Mitgliedern kaum mehr Leute umfasst als Vorstand, Verwaltungsrat und Team zusammenbringen. „Aber wir haben sehr viele Partnerorganisationen, weil wir in vielen Ländern Projekte unterstützen“, verteidigt Projektleiterin Simone Hensler die ungewöhnlich schlanke Struktur des Werkes.

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Unterstützung bietet das DBHW von einer bescheidenen Zweizimmerwohnung in Marxloh aus, seit eine Förderin diese als Büro zur Verfügung gestellt hat. Zuvor residierte Henslers Vorgänger Heribert Tigges mitsamt dem Büro kostenpflichtig in Neudorf. Er griff sofort zu, als sich 2006 die mietfreie Marxloher Möglichkeit auftat. „So ein Einsparpotenzial bietet sich nicht alle Tage.“

Blindenhilfswerk aus Duisburg ist weltweit im Einsatz

International unterstützt das DBHW Förderzentren für Sehbehinderte und blinde Jugendliche und sorgt für geeignete Unterrichtsmaterialien. In Entwicklungsländern gehört die Investition in den Ausbau von Augenkliniken zum langen Kampf gegen vermeidbare Blindheit. In Kasachstan spielen Jugendliche Goalball mit einem klingelnden Ball, das paralympische Spiel hat das DBHW dort bekannt gemacht. In Ghana und in Kenia ist das Erlernen der Punktschrift und die Benutzung von weiteren Hilfsmitteln immer noch keine Selbstverständlichkeit.

In Deutschland stehen inzwischen eher kulturelle und sportliche Projekte auf der Aufgabenliste. Dabei soll das Miteinander von Blinden, Sehbehinderten und Sehenden gefördert werden. „Man kann Nachteilsausgleiche schaffen, wie man will, am Ende kommt es doch vor allem darauf an, dass alle nett sind und einen mitmachen lassen“, sagte die erblindete Amtsrichterin Petra Bungart.

Blinde Duisburgerin arbeitet als Richterin am Gericht

Sie ist bei der Arbeit genauso wenig auf ihr Augenlicht angewiesen wie Justitia selber. Privat und im Sport bringen nette Menschen sie weiter. So wie ein einsichtiger Museumsmitarbeiter in Pisa. Der öffnete einfach die Absperrung und ließ Bungart auf der riesigen Pietà rumklettern und die Kunst Michelangelos mit den Händen genießen. In Deutschland wäre das laut Bungart undenkbar.

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Aber auch hierzulande gibt es Mittel und Wege zum barrierefreien Kunstgenuss. Die Kunst zum Anfassen mit kleinen Modellen aus dem 3D-Drucker, Audioguides und Materialproben in der Lehmbruck-Box ist da hilfreich. Und auch die Audiodeskription, die Beschreibung von Filmen und Theaterstücken für Sehbehinderte. Im Stadttheater soll eine solche Anlage eingebaut werden. Die Jugendsektion der Duisburger Filmwoche hat einen Workshop für junge Filmbeschreiber mit Sehbehinderungen gegeben. Petra Bungart wünscht sich mehr solcher Engagements: „Wir brauchen noch mehr Leute mit Herz, die sich nicht immer nur fragen, ob es geht, sondern wie es geht, dass alle mitmachen können.“