Duisburg. Sascha Lensing kandidiert für die AfD im Duisburger Süd-Wahlkreis 115. Darum fand der Polizist bei den Rechtspopulisten seine politische Heimat.
Zwei Jahre nach dem Parteieintritt schon Bundestagskandidat – das funktioniert zumeist nur, wenn die Chancen überschaubar sind. „Ich will trotzdem gewinnen. Aber ich bin auch Realist und weiß, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist“, sagt Sascha Lensing. Der 47 Jahre alte Polizeibeamte tritt für die AfD im Wahlkreis Duisburg I (Mitte/Süd/Rheinhausen) an.
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Die Erfahrungen im Beruf brachten den Kripo-Beamten dazu, sich politisch zu engagieren. „Ich habe gemerkt, dass Entscheidungsprozesse in die falsche Richtung laufen. Es fehlen Beamte, ich wünsche mir den Schutzmann an der Ecke.“ Die dezentrale Arbeit der Kriminalpolizei in den Bezirkswachen habe er als effektiver erlebt als die inzwischen zentral organisierte Kripo-Arbeit. „Man kannte die Bürger und auch seine Pappenheimer.“
Sascha Lensing: Einzig mögliche politische Heimat war die AfD
Erfolgreiche Ermittlungsarbeit führe zu selten zu Haftstrafen, findet der gebürtige Homberger, der seit 2003 mit Frau und Tochter in Rumeln lebt. Er findet: „Es wird alles versucht, niemanden wegzusperren.“ Darüber, sagt Lensing, „hätte ich mich weiter aufregen oder mich politisch zur Wehr setzen können.“ Die Suche nach einer politischen Heimat sei einfach gewesen: „Es gab für mich nur diese eine Partei.“
Ihm habe gefallen, in der AfD „ein breites Spektrum von Menschen und Berufen vorzufinden“ und dass jeder wusste, was in seinem persönlichen Umfeld furchtbar schief laufe. Grenzüberschreitungen der AfD-Rechtsaußen und Affären wie jüngst um den stellvertretende NRW-Landesvorsitzenden Matthias Helferich, der sich in Chats als „freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ bezeichnet hatte, beirren Lensing nach eigenen Angaben nicht. „Ich kenne ihn persönlich. Man muss sich ein eigenes Bild machen.“
Duisburger Kandidat: „Kenne keinen einzigen Rechtsextremen in der Partei“
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Gibt es seiner Meinung nach Rechtsextremisten in der AfD? „Ich kenne keinen einzigen“, antwortet Lensing. Ist denn sein Vertrauen als Polizeibeamter in den Verfassungsschutz getrübt, der den AfD-„Flügel“ als rechtsextremistisch einstuft? Er wolle dazu „aus dienstrechtlichen Gründen keine Angaben machen“, sagt er. Sich selbst verorte er im „patriotischen Spektrum“ der Partei. Ob er sich eher dem Bundessprecher Jörg Meuthen oder Björn Höcke, dem Gründer des rechtsextremen „Flügel“ zugetan fühlt, auch das möchte der Duisburger Kandidat „lieber nicht beantworten“.
Dann schon lieber Fragen zum Wahlprogramm seiner Partei, für das er als Bundes- und Landesdelegierter selbst gestimmt hat. Ja, er sei für einen deutschen EU-Austritt, denn „das Konstrukt ist ebenso gescheitert wie der Grenzschutz“. Die Erderwärmung sehe er nicht gerade positiv, wie es im Programm formuliert ist, „aber ich bezweifle den menschengemachten Klimawandel“, sagt Lensing. Dass es zu dieser Frage einen breiten wissenschaftlichen Konsens gibt, „beeindruckt mich nicht weiter“.
Ungeimpft und in der Kritik an der Pandemie-Politik ganz auf Parteilinie
Auch in der Corona-Frage ist Lensing ungeimpft und auf Parteilinie. Bei den Beschränkungen sei „mehr Augenmaß“ erforderlich gewesen, findet er. Auch eine höhere Impfquote werde nun vermutlich nicht helfen: „Es wird weitere Varianten geben und die Impfpräparate rennen den Mutationen hinterher.“ Schon der zweite Lockdown, glaubt der Duisburger, „wäre nicht nötig gewesen“.
Im Wahlkampf sucht er den persönlichen Kontakt zum Wähler, verteilt seit fünf Wochen Flyer an den Haustüren. „Die Ochsentour – ich bin ja noch ziemlich neu in der Partei. Aber das war durchweg positiv“, sagt Lensing, der nicht auf der NRW-Reserveliste seiner Partei vertreten ist.
Beim Pflastertreten habe er erst gemerkt, „wie schlecht die Straßen in Duisburg sind“. Die politische Forderung ist da nicht weit: „Wir brauchen dringend weitere Bundesmittel für die Sanierung.“ Woher soll das Geld kommen? Eine Frage der Prioritäten, findet der AfD-Mann: „Straßenbau ist wichtiger als ein soziokulturelles Zentrum.“
Schmähungen gegen die eigene Person im Wahlkampf tunlichst ignorieren
Bundestagswahl 2021 in Duisburg – das müssen Sie wissenAm 26. September wolle er wenigstens das Ergebnis von Guido Krebber schaffen, der 2017 für die AfD 11,5 Prozent holte. „16 Prozent wären toll“, hofft Lensing. Fair solle es zugehen im Wahlkampf, Schmähungen gegen ihn selbst versuche er tunlichst zu ignorieren, Aufrufe zur Störung des Auftritts von Annalena Baerbock (Grüne) seien seine Sache nicht, versichert der 47-Jährige: „Es muss einen Diskurs geben, jeder soll sein Programm verbreiten können.“
Und die Schmähplakat-Kampagne gegen die Grünen? „Ich müsste lügen, wenn ich sage, nicht auch geschmunzelt zu haben“, räumt der AfD-Kandidat ein, „aber ich glaube nicht, dass es ihnen geschadet hat.“
>> ZUR PERSON: SASCHA LENSING (AfD)
- Der 47-Jährige ist gebürtiger Homberger. Seit 2003 lebt er mit seiner Familie in Rumeln-Kaldenhausen. Sascha Lensing ist seit 27 Jahren Polizeibeamter, aktuell ist er bei der Kripo in Duisburg eingesetzt.
- Der AfD ist er 2019 beigetreten, seit der Kommunalwahl im vergangenen September gehört er der Ratsfraktion seiner Partei an, im Kreisverband ist er Schatzmeister. Er kandidiert bei der Bundestagswahl am 26. September ohne Platz auf der Landesliste als Direktkandidat im Wahlkreis 115, Duisburg I (Stadtbezirke Mitte/Süd/Rheinhausen).