Duisburg. In zweiter Instanz geht es um einen Polizeieinsatz in Bruckhausen 2017. Staatsanwaltschaft akzeptiert Freispruch eines Duisburgers (53) nicht.

Mehmet K. hätte wohl auf den zweifelhaften Ruhm verzichten können, am 25. Juni 2017 plötzlich als Deutschlands bekanntester Falschparker bekannt zu werden. Im Internet kursierten Videos, die zeigten, wie er von einem Polizisten misshandelt wurde. Dabei hatte der Familienvater an der Reinerstraße in Bruckhausen doch nur im Halteverbot gestanden, um einen 50 Kilogramm schweren Kompressor aus seinem Auto zu laden. In zweiter Instanz steht der Duisburger nun wegen Widerstandes vor dem Landgericht am König-Heinrich-Platz.

Eine Streifenwagenbesatzung hatte ihn auf sein Verkehrsvergehen aufmerksam gemacht und forderte die Personalien des Mannes. Ab diesem Punkt gehen die Darstellungen auseinander: Nach Darstellung der Einsatzkräfte soll der Angeklagte sich zunächst geweigert haben, sich dann später auch körperlich dagegen gewehrt haben, von der Polizei in Gewahrsam genommen zu werden.

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Der 53-Jährige hatte von Anfang an beteuert, er habe doch nur eben seinen schweren Kompressor ins Haus bringen wollen, die Polizei vergeblich um Verständnis gebeten und den Beamten seinen Führerschein auf die Motorhaube gelegt.

Videos zeigen Teile des Geschehens in Bruckhausen

Ein Ausschnitt aus dem Video: Mehmet K. legt seinen Führerschein auf die Motorhaube des Streifenwagens. An der rechten Hand zieht er den 50 Kilo schweren Kompressor.  
Ein Ausschnitt aus dem Video: Mehmet K. legt seinen Führerschein auf die Motorhaube des Streifenwagens. An der rechten Hand zieht er den 50 Kilo schweren Kompressor.   © Foto: Redaktion

Videos belegen: Zweimal hatten die Beamten den Duisburger ergriffen. Einmal vor dem Gebäude, als er den Schlüssel zu seinem Haus aus der Tasche holte, einmal als man den allgemeinen Tumult von Seiten der Polizei offenbar dadurch eindämmen wollte, dass man den Mann in Gewahrsam nahm.

Inzwischen sahen sich 50 Polizisten rund 200 Personen gegenüber, die die Maßnahmen der Polizei nicht alle freundlich kommentierten. Im Flur seines Hauses trat ein Beamter den am Boden liegenden Mehmet K. vor den Kopf.

Der hatte zunächst aufgrund eines Strafbefehls 5400 Euro (90 Tagessätze zu je 60 Euro) bezahlen sollen, legte dagegen Einspruch ein. Das Amtsgericht Ruhrort sprach ihn im September 2019 frei. Die Beamten hätten unrechtmäßig gehandelt, Maßnahmen nicht angekündigt, bestimmte Formalien verletzt.

Staatsanwaltschaft Duisburg zog gegen Freispruch in die Berufung

Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Entgegen Videoaufnahmen, die das Gegenteil zeigen, habe sich der Angeklagte körperlich gegen die Polizeimaßnahmen gesperrt. Nun muss Mehmet K. sich noch einmal verantworten. Der leidet bis heute unter den psychischen Folgen der Tat. Der einstige Schichtführer in einem Stahlwerk verlor seinen Job. „Das muss doch irgendwann mal aufhören“, seufzte der Angeklagte zu Beginn des Berufungsprozesses.

Sein Verteidiger fand deutliche Worte. „Nicht das Verhalten des Angeklagten ist hier der Skandal“, so Rechtsanwalt Detlev Binder. „Es ist vielmehr der Tritt eines Polizisten gegen einen am Boden liegenden Mann, den seine Kollegen festhalten.“ Und es dränge sich der Verdacht auf, dass die Berufung der Staatsanwaltschaft dieses Fehlverhalten nachträglich rechtfertigen solle.

Berufungsprozess bot bislang wenig Neues

Der erste Tag des Berufungsprozess bot wenig Neues. Der Angeklagte bestritt ein strafbares Verhalten. Zeugen der Polizei schilderten ein tumultartiges Geschehen. Der Polizist (37), der für seinen Tritt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, scheint sich bis heute keines Fehlverhaltens bewusst zu sein. Andere Zeugen sprachen dagegen von einer völlig überzogenen Vorgehensweise der Polizei.

>> BEWÄHRUNGSSTRAFE FÜR KÖRPERVERLETZUNG IM AMT

• Der inzwischen 37 Jahre alte Polizeibeamte, der Mehmet K. vor den Kopf trat, wurde per Strafbefehl wegen Körperverletzung im Amt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Die genaue Höhe ist unbekannt, allerdings muss es weniger als ein Jahr gewesen sein. Denn das hätte unweigerlich seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bedeutet.

• Zunächst hatte der Beamte dagegen Widerspruch eingelegt, diesen aber im November 2018 zurück genommen. Disziplinarisch geschah ihm nicht mehr viel, da das Gesetz eine doppelte Bestrafung verbietet. Wenig später nahm er seinen Dienst wieder auf.

• Der Beamte wurde inzwischen vom Kommissar zum Oberkommissar befördert. Schwerpunkt der Tätigkeit sollen Ermittlungen im Zusammenhang mit Fahrraddiebstählen sein.