Duisburg. Ein Mann und eine schillernde Persönlichkeit: Er soll ein völlig unwirksames Mittel an Schwerkranke verkauft haben – mit fast tödlichen Folgen.

Der Mann (45) auf der Anklagebank des Duisburger Amtsgerichts ist eine schillernde Persönlichkeit. Der in Kingston auf Jamaika geborene Deutsche gibt schon vor Beginn der Verhandlung im Gerichtssaal Interviews: „Ich habe alle Beweise für meine Unschuld dabei“, verkündet er. Die Anklage wirft ihm Betrug, Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz, Führen eines falschen Titels und gefährliche Körperverletzung vor. Der 45-Jährige soll mit falschem Doktortitel von 2015 bis 2017 in mindestens 15 Fällen völlig wirkungslose Präparate an Schwerkranke verkauft und damit 2016 beinahe den Tod eines Duisburgers verschuldet haben.

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Die Präparate, bei denen Schlangengift eine zentrale Rolle spielte, sollten angeblich gegen HIV, Krebs und Diabetes helfen. Der Angeklagte soll den schwer kranken Menschen geraten haben, dazu alle anderen Medikamente abzusetzen.

Diabetes-Kranker aus Duisburg erlitt Herzstillstand

In den nun angeklagten Fällen soll der Mann für die Lieferung insgesamt weniger als 3000 Euro kassiert haben. Das ist im Vergleich zu den Preisen, die mancher Wunderheiler aufruft, zwar sehr wenig, allerdings soll das Mittel für einen Duisburger 2016 fast tödliche Folgen gehabt haben: Weil sich seine Diabetes nicht besserte, trank er gleich eine halbe Flasche. Er erlitt einen Herzstillstand und musste reanimiert werden. Gleich anschließend musste er in ein 18-tägiges Koma versetzt werden, weil er sich in der Ohnmacht schwere Verbrennungen an einer Wärmflasche zugezogen hatte.

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Den Angeklagten scheint das nicht zu beirren. „Ich habe dem Gericht bereits das Ergebnis von Blut-Untersuchungen der Uni-Klinik Düsseldorf vorgelegt“, betont er vor dem Schöffengericht. Allerdings bezieht er sich bei seinen Ausführungen beharrlich nicht auf die aktuellen Vorwürfe, sondern auf ein früheres Verfahren, das eingestellt wurde.

Angeklagter soll nun erst einmal psychiatrisch begutachtet werden

Damals allerdings hatte es schon Hinweise darauf gegeben, dass der Mann unter einer psychischen Störung leidet. „Wieso soll ich mich untersuchen lassen?“, fragte er hingegen nun vor Gericht die Staatsanwältin. Sein Verteidiger, Rene Graf von Berckheim (70), wies den Vorwurf der Staatsanwaltschaft zurück, sein Mandant sei uneinsichtig.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft setzte das Gericht das Verfahren aus, um den Angeklagten psychiatrisch auf seine Schuldfähigkeit untersuchen zu lassen. Der kündigte bereits an, dabei nicht mitwirken zu wollen. Bis zu einem neuen Termin bleibt der 45-Jährige in Untersuchungshaft.

Bei der Einreise festgenommen

Bereits 2018 hatte sich der Angeklagte vor dem Amtsgericht verantworten sollen. Doch er hielt sich in der Türkei auf. Wegen dringender Geschäfte, so der 45-Jährige, schließlich werde sein Mittel von einer Firma produziert, die dem türkischen Militär gehöre. Der gegen ihn erlassene Haftbefehl konnte erst im Dezember 2020 vollstreckt werden, als der Angeklagte wieder in Deutschland einreiste.

>> ANGEKLAGTER SOLL AUTO EINES RICHTERS VERFLUCHT HABEN

• Der 45-Jährige soll etliche Briefe an die Justiz geschrieben haben, die nach den Worten der Staatsanwältin „einen seltsamen Eindruck vermitteln“. Allein schon deshalb, weil es darin auch um Voodoo gehen soll.

• Und er soll schon einmal das Auto eines Richters verflucht haben. Der hat sich, allerdings aus anderen Gründen, inzwischen einen neuen Wagen zugelegt.