Rumeln-Kaldenhausen. Normalerweise lädt Ortshistoriker Heinz Billen zu Vorträgen ein. Doch in Corona-Zeiten hat der 84-Jährige YouTube für sich entdeckt.
Wenn Leute nicht zum Heimatabend kommen dürfen, dann geht der Heimatabend eben zu den Leuten! Was so einfach klingt, ist für den beliebten Heimatforscher Heinz Billen Neuland, feiert er doch am 29. Januar seinen 84. Geburtstag – nicht unbedingt das Alter für den Start einer Online-Karriere.
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Und genau die hat ihm nun Kulturtreff Rumeln-Chef Tim Pügner verordnet, konnten und können doch die beliebten, stets ausverkauften Heimatabende Corona-bedingt nicht stattfinden. Und da sich Pügner immer mehr mit Video-Produktionen profiliert, kam eins zum anderen. Mit viel Liebe wurde ein Appetit-machendes Intro „gebaut“ und dann hieß es 80 Minuten lang „Heimatabend Teil 5“. Das Ganze noch auf Youtube hochladen und auf die Website www.kulturtreffaltedorfschule.de platzieren, fertig ist das „Corona-Heimat-Kino Rumeln-Kaldenhausen“.
Notzeiten in Kaldenhausen und Rumeln
Billen, der umtriebige Ortshistoriker, beschreibt in seinem Vortrag die Notzeiten in Kaldenhausen und Rumeln in den letzten Jahrhunderten und wie daraus Organisationen wie die Feuerwehr, Rotes Kreuz und andere entstanden sind.
Billen erzählt von Missständen im Zusammenhang mit dem wiederholt auftretenden Hochwasser, denn der Rhein war zumeist nur zwei, drei Kilometer entfernt. „Zumeist“ deshalb, da etwa der heute rechtsrheinische Stadtteil Wanheim-Angerhausen längere Zeit linksrheinisch lag – der mächtige Strom suchte sich nach freiem Belieben sein Bett, erst durch verschiedene Begradigungen wurde er „gezähmt“. Bis dahin waren Rumeln und Kaldenhausen bei winterlichen Überschwemmungen und klirrender Kälte ein einziges Eisstadion. Billen berichtet zudem vom tragischen Tod des Rumelner Retter-Helden Derk Hüfken, dem heute ein kleiner Weg hinter dem Veronika-Haus gewidmet ist.
Schulspeisungen sorgten dafür, dass die Kinder was auf die Rippen bekamen
Natürlich dokumentiert der Heimatforscher umfangreich die Auswirkungen der Kriege, die stets auch für Hungersnöte sorgten. Mal war es das Militär, das die Pferde beanspruchte, so dass die Felder nicht bestellt werden konnten. Oder marodierende Soldaten, die alles an Vieh requirierten, was nicht rechtzeitig zu verstecken war. Und natürlich nennt er die harte Zeit nach dem 2. Weltkrieg, wo bis 1950 die „Schulspeisung“ half, dass die Kinder überhaupt was auf die Rippen bekamen. Legendär war zu dieser Zeit die „Kartoffelfeld-Schutz-Gruppe“ (Billen), deren Mitglieder trotz Knüppel und Taschenlampe so gut wie nie einen Nachbarn beim Erdäpfel-Ausbuddeln erwischten oder besser, erwischen wollten.
Schließlich machten auch die Seuchen wie Pest und Cholera keinen bakteriellen Bogen um Kaldenhausen und Rumeln, selbst hochgestellte Persönlichkeiten erlagen im 14. Jahrhundert dem Schwarzen Tod, die Orte verloren insgesamt zwei Drittel ihrer Einwohner. Bleibt zu erwähnen, dass „17-Hundert-irgendwie-80“ (Billen) halb Kaldenhausen abbrannte und sich das Dorf genötigt sah, eine Feuerwehr einzurichten.