Duisburg. Nach 24 Jahren als Geschäftsführer des Diakonischen Werks in Duisburg übergibt Stephan Kiepe-Fahrenholz die Geschäfte an Dr. Julia Beier.

Eigentlich wollte Stephan Kiepe-Fahrenholz drei Monate lang Seite an Seite seine Nachfolgerin Dr. Julia Beier einarbeiten. Das muss nun wegen der Pandemie aus dem Homeoffice funktionieren. Nach 24 Jahren bei der Diakonie in Duisburg, davon 18 als Geschäftsführer, übergibt er sein Amt an die promovierte Theologin aus Düsseldorf. Die 34-Jährige wird auch die Funktion der Sprecherin der AG der Wohlfahrtsverbände in Duisburg übernehmen, die Kiepe-Fahrenholz seit fünf Jahren innehat.

Abschluss eines Generationswechsels im Evangelischen Kirchenkreis Duisburg

Am 31. März ist sein letzter Arbeitstag, der 64-Jährige geht ein wenig vor der Zeit in den Ruhestand. Mit seinem Eintritt in den Ruhestand endet ein Generationswechsel im Evangelischen Kirchenkreis. Superintendent Armin Schneider hat sich unlängst verabschiedet, vor drei Jahren mit Sieghard Schilling beim Diakoniewerk ein weiterer langjähriger beruflicher Weggefährte. "Ich wollte nicht noch anderthalb Jahre weitermachen mit den neuen Leuten", sagt Kiepe-Fahrenholz.

Als Pastor in Bruckhausen hat seine Karriere in Duisburg in den 1980er Jahren begonnen. Mit seiner Frau, sie war Pastorin in Beeck, hat er zwei Söhne, nach deren Geburt er eine Familienpause einlegte. Als Referent des Superintendenten kehrte er 1994 in den Kirchendienst zurück. Drei Jahre später folgte der Wechsel zur Diakonie - in der Fachberatung für die Kindertagesstätten konnte er sich warmlaufen für die Nachfolge von Wolfgang Eigemann, die er 2002 antrat.

Diakonie Duisburg: zwölf Unternehmen mit 120 Standorten

Fast zwei Jahrzehnte lang führte der Theologe den größten Wohlfahrtsträger der Stadt. Die Diakonie umfasst aktuell zwölf Unternehmen mit insgesamt 120 Standorten und rund 6500 Beschäftigten. Dazu zählen das Ev. Klinikum Niederrhein (Fahrner Krankenhaus, Herzzentrum Meiderich, Bethesda), das Christophoruswerk (Pflege und Senioreneinrichtungen), das Diakoniewerk (Arbeit und Qualifizierung), ein wachsendes Ev. Bildungswerk, das auch die 25 Kitas in evangelischer Trägerschaft betreibt, sowie Einrichtungen der Sucht- und Wohnungslosenhilfe. "Die Diakonie ist auch deshalb gewachsen, weil der soziale Handlungsdruck in Duisburg nicht abgenommen hat", sagt der Geschäftsführer.

Respektierte Stimme in der Sozial- und Bildungspolitik

In zwei Jahrzehnten hat sich Stephan Kiepe-Fahrenholz Respekt und Anerkennung erarbeitet: Als Fachmann in Themen der Sozial-, Jugend- und Bildungspolitik hat er sich immer dann, wenn er es für notwendig hielt, öffentlich und in den politischen Gremien in seinen Funktionen zu Wort gemeldet. Dass die Unternehmen der Diakonie unternehmerisch eigenständig agieren, habe ihm dabei geholfen, sagt er: "Ich stehe nicht im Verdacht, ihre wirtschaftlichen Interessen zu vertreten."

Dass die Diakonie nunmehr als Ganzes wahrgenommen wird, auch die Wohlfahrtsverbände oft eine gemeinsame Position vertreten, darf er mit Stolz als sein Verdienst verbuchen. "Nur gemeinsam sind wir stark", sagt er auch mit Blick auf die privatwirtschaftliche Konkurrenz. "Wir haben, ebenso wie etwa Awo, Caritas und DRK einen Stamm von Ehrenamtlichen und sind in der Stadt vernetzt. Das sind unsere Stärken."

Versöhnlicher Blick auf das gemeinsam Erreichte mit der Stadt

Auch im nicht immer spannungsfreien Verhältnis zur Stadt - bei ihr sind die Träger Auftragnehmer - führte Kiepe-Fahrenholz Auseinandersetzungen nicht nur hinter verschlossener Tür. "Harte Kritik muss auch hier möglich sein", sagt er dazu. Auch hier ein versöhnlicher Blick auf das gemeinsam Erreichte: "Es ist bemerkenswert, was trotz der strukturellen Unterfinanzierung dieser Stadt dennoch möglich ist."

Kritisch bleibt er beim Thema Zuwanderung aus Südosteuropa. "Der Oberbürgermeister und die Politik verweigern eine Strategie aus Angst vor dem Verlust von Wählerstimmen. Das werfe ich ihnen vor", sagt Kiepe-Fahrenholz. Die Zwangsräumung von Schrottimmobilien dürfe nicht die einzige Antwort sein, um das Kippen ganzer Stadtquartiere zu verhindern. "Die Menschen sind hier und sie werden bleiben, deshalb müssen wir Antworten finden."

Stephan Kiepe-Fahrenholz: Keine Posten und Ämter mehr im Ruhestand

Ab Ende April muss Julia Beier in seine großen Fußstapfen treten. "Für mich ist dann Schluss", betont Stephan Kiepe-Fahrenholz. Keine Posten und Ämter mehr, sein Büro im Haus der Kirche soll tabu sein. Mehr Zeit soll dann sein für Besuche beim Enkelkind in Brüssel, und für die Wander-Leidenschaft, die er mit seiner Frau teilt. "Es gibt auch hier in der Nähe so viele Touren, die wir noch nicht gemacht haben."

>> NACHFOLGERIN JULIA BEIER IST GEBÜRTIGE DUISBURGERIN

Im Bethesda Krankenhaus kam Dr. Julia Beier nur deshalb zur Welt, weil man ihrer Mutter die Klinik empfohlen hatte. Aufgewachsen ist die heute 34-Jährige in Sonsbeck, ihre Jugend verbrachte sie in Düsseldorf, wo sie derzeit auch lebt.

Seit dem Theologie-Studium in Köln und Bonn, wo sie auch promovierte, war Julia Beier am Johannes-Albers-Bildungsforum in Königswinter in der politischen Erwachsenenbildung tätig. "Ich wollte zurück in die Nähe von Düsseldorf und mehr im Bereich Kirche arbeiten", sagt sie zur Motivation für ihre Bewerbung. In den nächsten Wochen stellt sie sich an den Standorten der Diakonie vor. "Ich freue mich auf die Aufgabe und darüber, dass man mir diese Chance gegeben hat", sagt die künftige Geschäftsführerin.