Duisburg. Wer Anspruch auf kostenlose FFP2-Masken hat und warum ein Duisburger Apotheker einer Seniorin mit COPD trotzdem keine Masken aushändigt.

Christa Lemm (68) gehört allein schon wegen ihres Alters zum Personenkreis, der seit Dienstag, 15. Dezember, Anspruch auf die ersten drei kostenlosen FFP2-Masken zum Schutz vor Corona hat. Nun kommt bei der Duisburgerin noch eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) dazu. In der Marien-Apotheke in Wanheimerort hat die 68-Jährige trotzdem keine Gratis-Masken bekommen – weil sie dort keine Stammkundin ist, sondern ihre verschreibungspflichtigen Medikamente über die niederländische Versand-Apotheke Doc Morris bestellt.

Ulrich Schulte-Herbrüggen, Inhaber der Apotheke, bestätigt dies auf Nachfrage der Redaktion. „Ich erinnere mich an die Frau“, sagt er. „Sie hat mir mitgeteilt, dass sie Kundin bei Doc Morris ist. Und wenn sie solche Online-Apotheken unterstützt, die der Sargnagel für Apotheken sind, dann tut es mir leid, aber dann kann sie wegen der Gratis-Masken dort anrufen. Aber ich sehe mich dann nicht verpflichtet. Das wäre so, als wenn man im lokalen Einzelhandel Gutscheine von Amazon einlösen will.“

Gratis-Masken: Warteschlangen von bis zu 50 Metern vor Duisburger Apotheke

Schulte-Herbrüggen betont zudem, dass er allein an den ersten beiden Tagen knapp 4000 kostenlose Masken losgeworden sei. „Da gab es Warteschlangen von bis zu 50 Metern.“ Sein Kontingent sei endlich und werde auch nur bis zu einem gewissen Maß aufgrund der Abrechnungen verschreibungspflichtiger Medikamente im dritten Quartal über den Bund refinanziert.

Auch am Donnerstag, dem dritten Tag der Abgabe kostenloser FFP2-Masken an Menschen über 60 und andere Risikogruppen, bildete sich eine Warteschlange vor der Marien-Apotheke in Duisburg-Wanheimerort.
Auch am Donnerstag, dem dritten Tag der Abgabe kostenloser FFP2-Masken an Menschen über 60 und andere Risikogruppen, bildete sich eine Warteschlange vor der Marien-Apotheke in Duisburg-Wanheimerort. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Was ist mit Menschen, die aufgrund ihrer guten Gesundheit keine Stamm-Apotheke haben, aber aufgrund ihres Alters Anspruch auf die Gratis-Masken haben? „Wer das glaubhaft versichern kann, wird bei mir selbstverständlich bedient – egal, woher er kommt“, stellt Schulte-Herbrüggen klar. „50 bis 60 solcher Fälle hatte ich schon, aber ansonsten kommen bei mir in erster Linie Kunden aus Wanheimerort oder Wanheim zum Zug.“

Ärger über Verweigerungshaltung des Apothekers

Christa Lemm betont, dass sie in Wanheim wohne. „Danach bin ich aber gar nicht gefragt worden“, sagt die 68-Jährige. „Außerdem bin ich ab und zu in der Marien-Apotheke und besorge dort frei verkäufliche Medikamente für meine Schwägerin, die in einem Seniorenzentrum in Wanheimerort betreut wird.“ Deshalb ärgere sie sich schon über die Verweigerungshaltung des Apothekers.

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Christoph Herrmann äußert sich als Sprecher des Apothekerverbands Duisburg/Niederrhein zu dem Fall. „Andere Apotheken sind da vielleicht großzügiger“, so Herrmann. „Und grundsätzlich ist es die Idee, dass wir Apotheker jeden mit den Gratis-Masken versorgen.“

Apotheker-Sprecher verweist auf Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums

Er verweist allerdings auf die Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums zum Anspruch auf Schutzmasken. Darin heißt es unter anderem, dass die Abgabe an die anspruchsberechtigten Personen durch Apotheken in Deutschland „im Rahmen der Verfügbarkeit“ erfüllt werde. „Darauf kann sich der Kollege natürlich zurückziehen“, sagt Sprecher Herrmann.

Was Christa Lemm bisher nicht wusste: Auch Doc Morris liefert Bezugsberechtigten versandkostenfrei Gratis-Masken ins Haus. So steht es auf www.docmorris.de/schutzmaskenverordnung. Dies sei allerdings in der ersten Phase vom 15. Dezember bis 6. Januar nicht möglich, weil der deutsche Gesetzesgeber hier eine Beteiligung EU-ausländischer Versandapotheken ausgeschlossen habe.

Versand-Apotheken wie Doc Morris dürfen Kunden erst ab 1. Januar Gratis-Masken liefern

In der zweiten Phase sei dies anders. Laut Doc Morris haben dann auch anspruchsberechtigte Personen aus dem Kundenkreis der niederländischen Versand-Apotheke wie Christa Lemm vom 1. Januar bis 28. Februar einen Anspruch auf sechs Schutzmasken und vom 16. Februar bis 15. April auf nochmals sechs Masken. Für die Abgabe sei jeweils die Vorlage eines Coupons erforderlich – erhältlich bei der Krankenkasse beziehungsweise Krankenversicherung. Für jeden Sechser-Pack müssen Kunden demnach laut Verordnung einen Eigenanteil von zwei Euro leisten.

Christa Lemm will jetzt erst einmal ihr Glück in anderen Apotheken versuchen und ansonsten bei Doc Morris bestellen.

>> DIESE PERSONEN HABEN ANSPRUCH AUF GRATIS-MASKEN

• Laut einer Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums haben Personen Anspruch auf Gratis-Masken, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben oder wenn bei ihnen spezielle Erkrankungen oder Risikofaktoren vorliegen.

• Dazu gehören eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder Asthma bronchiale, eine chronische Herzinsuffizienz, eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium ≥ 4, Demenz oder Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ 2, eine aktive, fortschreitende oder metastasierte Krebserkrankung oder stattfindende Chemo- oder Radiotherapie, welche die Immunabwehr beeinträchtigen kann, stattgefundene Organ- oder Stammzellentransplantation, Trisomie 21 oder eine Risikoschwangerschaft.

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