Duisburg. Die Metzgerei von Thomas Meinert schließt nach 84 Jahren zum Jahresende. Warum die Ruhrorter das Geschäft vermissen und um den Stadtteil fürchten.

Nach 84 Jahren schließt die Duisburger Traditionsmetzgerei Meinert zum Jahresende – als letzte in Ruhrort. „Sehr schade“, bedauern viele Kunden in Ruhrort und von außerhalb, die an einem Freitagvormittag in das Geschäft kommen, um wie immer fürs Wochenende einzukaufen.

Besonders für Marlene Gergens ist das baldige Ende des Geschäfts ein Einschnitt. Sie ist der Inbegriff einer Stammkundin – und mit 80 Jahren fast so alt wie die Metzgerei selbst. Gergens kennt das Geschäft noch aus der Zeit, als Thomas Meinerts Großvater Eberhard und seine Frau Änne die Inhaber waren. „Auch ich habe als Kind immer Fleischwurst über die Theke gereicht bekommen“, erinnert sie sich.

Stammkundin will sich noch mit Spezialitäten eindecken

Marlene Gergens ist Stammkundin der Metzgerei Meinert in Duisburg-Ruhrort.
Marlene Gergens ist Stammkundin der Metzgerei Meinert in Duisburg-Ruhrort. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Heute komme sie etwa zwei Mal die Woche vorbei: „Ich brauche nicht so viel, aber was ich brauche, kaufe ich immer hier“, sagt sie und vermisst den Laden jetzt schon: „Man wurde immer sehr gut bedient, die Verkäuferinnen waren sehr tüchtig und haben sogar mal etwas zu Hause vorbeigebracht, wenn ich das Haus nicht verlassen konnte“, sagt Marlene Gergens.

Die Seniorin sorgt sich um die Entwicklung des Stadtteils. „Immer mehr Geschäfte schließen. Ich finde, was man in Ruhrort kaufen kann, sollte man auch hier kaufen.“ Vor dem endgültigen Ende wolle sie sich auf jeden Fall noch einmal mit Spezialitäten aus Meinerts Angebot eindecken – zum Einfrieren.

„Meinerts Mettwürstchen werde ich vermissen“

Ein Handwerk stirbt aus- Duisburg verliert seine Metzger Der nächste Kunde kauft 20 Stück der preisgekrönten Grillwürstchen, der nächste gönnt sich ein Frikadellenbrötchen für die Mittagspause. Am Umsatz liegt es nicht, dass Meinert vorzeitig in Rente geht. Er hat mit einem Problem zu kämpfen, das Metzgereien nicht nur in Duisburg haben : Sie finden keine Nachfolger, der arbeitsintensive Beruf erscheint vielen jungen Menschen unattraktiv.

Klaus-Dieter Stöber zahlt gern etwas mehr für Qualität. Er kauft zweimal pro Woche bei Meinert ein.
Klaus-Dieter Stöber zahlt gern etwas mehr für Qualität. Er kauft zweimal pro Woche bei Meinert ein. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Zwei Mal wöchentlich kauft auch Klaus-Dieter Stöber bei Meinert ein. „Das war die letzte Anlaufstelle, nachdem alle anderen Metzgereien zugemacht haben “, sagt er. „Für die Qualität, die man da bekommt, zahle ich auch gerne etwas mehr – in den Supermärkten bekommt man doch nur Schund“, meint der 66-jährige. Nach der Schließung wolle er in Homberg einkaufen gehen. „Aber Meinerts Mettwürstchen werde ich schon vermissen“, sagt er.

„Die Lebensqualität im Stadtteil sinkt“

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Die Lebensqualität im Stadtteil sinke, wenn ein Geschäft nach dem anderen schließe, findet Matthias Schneider, der seit 28 Jahren in Ruhrort wohnt und direkt neben der Metzgerei arbeitet. „Das ist ein Kreislauf: Niemand zieht mehr hierhin, wenn es keine Geschäfte mehr gibt“, sagt er. „Auch der Verkehr nimmt zu, wenn alle zum Einkaufen woanders hinfahren.

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Elfi Märtens hat in der Zeitung vom Aus für die Metzgerei erfahren und sich entschlossen, auf dem Heimweg vom Arzttermin in Homberg noch kurz in dem Geschäft vorbei zu schauen. „Der Fleischsalat und das Mett sollen ja so gut sein“, sagt die Kundin, die in der Stadtmitte wohnt. Etwas Leber nimmt sie auch mit – für den Hund. Verkäuferin Natalie Wilm kann sie sogar zu ein paar Grillwürstchen überreden: „Aus denen kann man auch gut Currywurst machen.“ Das Individuelle gehe verloren, bedauert Elfi Märtens. „Bald kriegt man Fleisch nur noch Supermarkt.“

Es durfte etwas mehr sein beim Lehrmädchen Eva

Michael Büttgenbach verbindet mit der Metzgerei mehr als Fleisch und Wurst: „Vor 35 Jahren habe ich meine Frau Eva dort kennengelernt, sie war bei Meinert Lehrmädchen. ,Darf et ein bisken mehr sein?´ habe ich dann auch wörtlich genommen und dat Evchen nach zwei Jahren geheiratet!“ Fleischereifachverkäuferin Natalie Wilm weiß noch nicht, wie es weitergehen soll: „Ich weiß gar nicht, ob ich wieder in einer Metzgerei arbeiten will – allen Betrieben droht ja dasselbe Schicksal“, sagt sie.

>>EIN AUSSTERBENDES HANDWERK

  • Die Fleischerei ist ein aussterbendes Handwerk. Vor ein paar Jahrzehnten gab es in Duisburg noch um die 420 Metzgereien, 2019 zählte die Innung noch 15 – Tendenz abnehmend. Ende 2019 hat mit Diel in Bissingheim ebenfalls ein Traditionsbetrieb geschlossen.
  • Seit 35 Jahren hat in der Stadt kein neuer Metzger mehr eröffnet. Damit bildet Duisburg einen bundesweiten Trend ab: Jedes Jahr schließen mehr Fleischereien, als neue eröffnen.