Duisburg-Rheinhausen. 2000 Jahre alte römischen Wandmalereien aus Oestrum beschäftigen die Experten. Einzelstücke wurden jetzt in Berlin konservatorisch behandelt.
2018 wurden die archäologischen Arbeiten der Firma Ocklenburg im Oestrumer Burgfeld abgeschlossen. Nachdem man schon wichtige Funde wie römische Dolche oder Gürtelschnallen, sowie Schmelzöfen zur Herstellung des Rüstungsschmucks zu verzeichnen hatte (wir berichten), wissen die Archäologen der Unteren Denkmalbehörde in Duisburg, dass sich am Burgfeld eine zivile Siedlung, das Vicus Asciburgium Süd, befand. Dort lebten überwiegend Handwerker.
Die Wände zeigten Götter, Familienangehörige oder florale Motive
Göt„Weiter nördlich gab es ja das Kastell Asciburgium, ein befestigtes Militärlager. In der südlich gelegenen Siedlung zum Kastell wurden eben gute Handwerker zur Ausstattung der Truppen benötigt“, sagt Archäologin Meike Hachmeyer. Diese wohnten in sogenannten Streifenhäusern, die römische Variante der Fachwerkhäuser. Zum Schluss der Ausgrabungen gab es einen ganz bedeutenden Fund in einem Keller eines solchen Streifenhauses: Reste von römischen Wandmalereien, wie sie oft in Ess-, Gästezimmern oder privaten Räumen der Römer vorzufinden waren.
Allerdings war dieses Kunstwerk aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. beim Auffinden völlig zerstört und in seine Einzelteile zerlegt – und etwa 1500 Stücke Wandputz, von mittelgroßen bis ganz kleinen Teilen, türmten sich vor den Arbeitern bei der Grabung auf.
Das Material hatte zur Verfüllung eines Kellers gedient. Doch da auf einer Seite der Wandputzreste ein jeweils ähnlicher Farbauftrag zu sehen war, vermuteten die Forscher ein zusammenhängendes Bild. „Meist sind auf den römischen Wandgemälden Götter, Familienangehörige oder einfach florale Motive abgebildet“, sagt Meike Hachmeyer. „Hier konnte man an mehreren Einzelteilen grüne rankende Zweige mit roten Blüten entdecken.“
Experten in Berlin sichteten die Bruchstücke
Um weitere Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wurden vier Bruchstücke des Wandbildes an den Fachbereich „Restaurierung von archäologischem Kulturgut“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin übergeben. Vor einigen Tagen sind die Einzelteile zurück nach Duisburg gelangt und Ergebnisse liegen vor: „Da die etwa 2000 Jahre alten Fundstücke ständiger Verwitterungsgefahr ausgesetzt sind, war es das Ziel, ein langfristiges Konservierungsverfahren dafür bestimmen zu lassen“, erklärt Archäologin Hachmeyer.
Eine Berliner Studentin lieferte eine 89-seitige Bachelorarbeit zu dem Thema ab. „Sie hat herausgefunden, dass die Einzelteile am besten mit Calciumhydroxid erhalten werden können“, weiß Meike Hachmeyer jetzt. Der chemische Konservierungsstoff könne durch kleine, feine Nadeln in die Fundstücke gespritzt werden. „So wird das etwa zweitausend Jahre alte Material nicht brüchig und die aufgetragene Farbe kann bestmöglich bestehen bleiben.“ Allerdings ist dieses Verfahren erst bei den vier eingeschickten Puzzleteilen angewandt worden, es müsse noch auf den Rest der Fundstücke übertragen werden.
Ein weiteres Problem ist, die Stücke vom über die Jahre darübergelegten Dreck zu befreien. „Das ist eine knifflige Arbeit mit feinen Skalpellen, man darf den Farbauftrag nicht beschädigen bei der Reinigung“, weiß Meike Hachmeyer.
Die Wände in Oestrum wurden im typischen „Secco-Verfahren“ bemalt
An den Wänden eines typischen römischen Streifenhauses befand sich laut der Archäologin eine etwa 19 Millimeter grobe Mörtelschicht mit Steinen und Kies. Darauf legte man eine etwa zwei Millimeter dünne Kalkmörtelschicht, die dann als Leinwand für die Kunstwerke diente. Die Farbe wurde im sogenannten ‚Secco‘-Verfahren aufgebracht, also nachdem die Leinwand-Kalkschicht getrocknet war.
„Man darf also nicht von einem Fresko sprechen, denn da wäre die Farbe, auf den feuchten Kalkmörtel aufgetragen worden“, verrät Meike Hachmeyer. „Man weiß auch, dass figürliche oder florale Darstellungen mit einem aufgemalten Rahmen eingefasst wurden, der wohl mit Hilfe eines aufgesetzten hölzernen Rahmen auf die Wand aufgetragen wurde“, so die Archäologin. Als Hintergrund dienten oft die Farben schwarz, weiß, grün oder rot.
Ein weiteres Problem ist die Größe der Fundstücke: „Wir haben teils nur ein Quadratzentimeter große Teile gefunden, aber genauso auch Stücke im Ausmaß 50 mal 40 Zentimeter.“ Gerade das spätere Zusammenpuzzeln nach Abschluss der Konservierungsarbeiten dürfte den Duisburger Archäologen noch Freude bereiten. „Es wird wohl etwas dauern bis wir das Bild fertig restauriert zeigen können“, schätzt Hachmeyer. Aber sie arbeiten daran.