Duisburg. In ihrer Rede zur Deutschen Einheit stellte die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley (SPD) Duisburg in den Fokus.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), war am vergangenen Samstag Gastrednerin beim Festakt der Stadt Duisburg zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit in der Gebläsehalle im Landschaftspark Nord. In ihrer Rede rückte sie die Verbindung des Ruhrgebiets mit der Europäischen Union in den Mittelpunkt.

Mit „River Flows in You“ empfing die Violinistin Frieda Hegemann die rund 35 Gäste, bevor Bürgermeister Manfred Osenger (SPD) in Vertretung von OB Sören Link das Publikum begrüßte. Er erinnerte an den 3. Oktober 1990 als historisches Ereignis, das ganz Europa geprägt habe. Weiterhin zeichnet Osenger die Entstehungsgeschichte der Europäischen Union seit der Deutschen Einheit nach und mahnt: „Wir alle stehen in der Verantwortung, Freiheit und Demokratie durch unser Engagement mit Leben zu füllen.“

Vor der Rede zur Deutschen Einheit ein Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Duisburg

Katarina Barley, die sich vor ihrer Rede ins Goldene Buch der Stadt eintrug, erinnert an den historischen Moment des Mauerfalls 1989, der bei ihr bereits „etwas mit Europa zu tun hatte.“ Sie selbst erlebte als Austauschstudentin in Paris den Mauerfall gemeinsam mit französischen Kommilitonen. Den „Moment der Deutschen Einheit“ spüre sie immer beim Kontakt mit Menschen, die nicht aus Deutschland kommen. Dabei spannte sie auch den Bogen zur Weltpolitik, verwies auf das geteilte Korea. „Südkorea wünscht sich nichts sehnlicher als eine Wiedervereinigung und die Deutsche Einheit kann dafür ein Beispiel sein“, so die SPD-Politikerin. Ein Ehepaar aus Südkorea war unter den Gästen.

Barley: Nach 30 Jahren wächst noch zusammen, was zusammen gehört

Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments erinnerte an das von „Bespitzelung, unfreier Berufswahl und unfreien Wahlen“ geprägt Leben in der DDR und gab zu bedenken, dass auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung „noch zusammenwachse, was zusammen gehört“. Auch die Schattenseiten sparte sie nicht aus: „Die Menschen im Westen sollten Verständnis haben für den Unmut über die Ungleichheit zwischen Ost- und Westdeutschland.“ Dennoch bestürze sie zutiefst, „wenn im Osten noch mehr als im Westen die Zustimmung zur Demokratie zurückgeht.“

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Nachdem sich Katarina Barley ganz im Sinne ihrer Rolle besorgt über die politischen Entwicklungen in Polen und Ungarn geäußert hatte, spannt sie den Bogen zu dem Thema ihrer Rede: „Role Model `Ruhrpot´: Was Deutschland und die Europa vom Ruhrgebiet lernen können!“

Duisburg und das Ruhrgebiet als Blaupause für Strukturwandel

Dabei nannte Barley das Ruhrgebiet und Duisburg eine „Blaupause für Regionen, denen ein Strukturwandel bevorsteht“. Sinnbildlich dafür stehe der Landschaftspark Nord, er verkörpere den Wandel von industrieller Produktion zu Kultur und Lebensqualität. Aufgabe der EU sei es, diesen Wandel zu unterstützen, etwa durch Abgaben auf chinesischen Stahl und andere Importe, die unter „schlechten Umweltstandards produziert werden.“ Auch die Probleme, die durch die Freizügigkeit in Europa besonders in Duisburg spürbar seien, erwähnte die EU-Politikerin.

Gute Eigenschaften aus dem Ruhrgebiet mit nach Europa nehmen

Gerade die „Kumpel-Mentalität“ und eine „pragmatische Solidarität“, die die Menschen im Ruhrgebiet auszeichne, sei besonders in Zeiten der Corona-Pandemie wichtig, da „wir jetzt Macher brauchen, die helfen.“ Weiter pries Barley die Weltoffenheit der Metropole Ruhr: „Man beurteilt Menschen danach, wer sie sind und nicht, woher jemand kommt.“ Manche Eigenschaften der Menschen im Revier würde sie gern auch in Brüssel sehen, „wir brauchen diese dort wirklich sehr dringend“, bekannte Katarina Barley, ehe Frieda Hegeman mit „Wind of Change“ und die deutsche Nationalhymne die Feierstunde beendeten.

>>> ZUR PERSON: KATARINA BARLEY

  • Katarina Barley ist seit der EU-Wahl im vergangenen Jahr Abgeordnete des Europäischen Parlaments und dessen Vizepräsidentin. Die deutsch-britische SPD-Politikerin, gebürtig aus Köln, gehörte zuvor seit 2013 dem Deutschen Bundestag an.
  • Zuvor war sie von Juni 2017 bis März 2018 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, von September 2017 bis März 2018 zusätzlich nach dem Rücktritt von Andrea Nahles geschäftsführende Bundesministerin für Arbeit und Soziales sowie von März 2018 bis Juni 2019 Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. Von Ende 2015 bis Mitte 2017 war sie zudem Generalsekretärin der SPD.