Duisburg. Christliche Gemeinden hatten am Samstag zu einer zentralen Dank- und Gedenkfeier am König-Heinrich-Platz eingeladen. Rund 80 Duisburger kamen.
Mit dem Aufruf „3. Oktober – Deutschland singt“ lockten mehrere christliche Gemeinden knapp 80 Duisburger zu einer zentralen Dank- und Gedenkfeier mit viel Gesang auf den König-Heinrich-Platz vor das City Palais. Zum 30. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung sollte am vergangenen Samstagabend trotz Corona etwas Feierstimmung und Begeisterung spürbar werden, das hatten sich die Organisatoren des Duisburger Ablegers einer bundesweiten Aktion fest vorgenommen.
Duisburger Pastor: Einheit und Frieden sind gute Gründe, Gott dankbar zu sein
„Zu verhärtet waren damals vor dreißig Jahren die Fronten, zu groß die Widerstände, als dass man an eine solche Entwicklung hätte denken können“, sagte zur Begrüßung Roland Hölzl von der freien, evangelischen Gemeinde aus Wanheimerort, „und dann geschah das Wunder.“ Die deutsche Einheit und 75 Jahre Frieden im Land sind für den Pastor gute Gründe, Gott dankbar zu sein.
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Den Kantor der evangelischen Gemeinde Wanheimerort Daniel Drückes juckte es schon in den Fingern. „Ich denke euch geht es genauso, ich habe es so sehr vermisst, mit anderen zusammen zu singen“, sagt er und spielte „Amazing Grace“ an. Zwar sangen alle kräftig mit, aber durch die großen Abstände verwehte der Klang ein wenig. Zum Glück hatte Drückes vier Chorsänger aus seinem Gemeindechor Praising mitgebracht, die den Zusammenklang mit ihren trainierten Stimmen sehr unterstützten.
Kantor Daniel Drückes motiviert das Publikum zum Mitpfeifen
Die warm eingepackten Teilnehmer gingen noch einmal gemeinsam „Über sieben Brücken“, da kam langsam Wendestimmung auf. „Hier darf wenigstens gesungen und bei diesem einen Lied auch gepfiffen werden“, schmunzelte Bürgermeister Manfred Osenger, der bei der offiziellen Feier der Stadt in der Gebläsehalle des Landschaftsparks ohne Gesang auskommen musste. Das ließ sich der Mann am Keyboard nicht zweimal sagen. Trotz allmählich klammer Finger griff er in die Tasten und spielte „Wind of Change“. „Ihr müsst aber alle mitpfeifen, weil ich mir sonst hier einen abbreche“, motivierte er sein Publikum.
Zeitzeugen berichten von ihren Wende-Erinnerungen
Die Kerzen flackerten in der Dämmerung, der Gesang folgte den Scorpions die Moskwa entlang bis zum Gorki Park. Als Zeitzeugin erzählte Anett Volke aus dem Sommer ´89, wie sie sich am Dresdener Hauptbahnhof von ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester verabschieden musste, die über Ungarn ausreisen wollten. „Es durfte ja keiner merken, dass wir unendlich traurig waren, weil wir nicht wussten, wann wir uns wiedersehen würden“, erinnerte sie sich an die Gefühle von damals.
Ein halbes Jahr später konnte sie ihnen ganz legal nach Duisburg folgen und den geliebten Wellensittich der kleinen Schwester brachte sie mit. „Hier haben wir die Freiheit, uns auf einem offenen Platz mitten in der Großstadt zu versammeln und Lieder zu singen, das war in der DDR nämlich verboten“, erinnerte Zeitzeuge Ralf Marschner, für den seine Geburtsstadt Chemnitz immer noch Karl-Marx-Stadt heißt.