Duisburg. Kai Schumacher und Gisbert zu Knyphausen haben sich in der Duisburger Mercatorhalle an Schubert-Stücke gewagt. Kleine Schwäche bei Eröffnung.

Das Programm „Lass irre Hunde heulen – Gisbert singt Schubert“ war im März fast fertig geprobt, als die Theater und Konzerthäuser schließen mussten. Am Mittwoch wurde das eigentlich für den 13. März angesetzte Konzert nachgeholt. Der Abend mit dem aus dem Rheingau stammenden Liedermacher Gysbert zu Knyphausen und dem Duisburger Pianisten Kai Schumacher war seit einem halben Jahr das erste öffentliche Konzert in der Mercatorhalle und wurde gleich zweimal direkt hintereinander gespielt.

Aufgrund der Abstandsregeln befinden sich zwischen den Zuhörern große Lücken, als dann aber Knyphausen und die neun Musiker die Bühne betreten, werden sie mit einem satten Beifall begrüßt, der so gar nicht lückenhaft klingt. Da spürt man die Erleichterung und Freude des Publikums, endlich wieder mal ein Live-Konzert erleben zu können.

Konzert in Duisburg: Gisbert zu Knyphausen macht sich Schubert-Lieder zu eigen

Pianist Kai Schumacher, der einen Großteil der Schubert-Lieder arrangiert hat, verrät, dass er den Liedern „den Kunstgesang-Pathos abklopfen will und sie poppiger klingen lassen möchte“. Diesen Wunsch Schumachers erfüllt jedoch Knyphausen nicht, denn er ist kein vom Discofox getriebener Wendler, sondern ein nachdenklich-melancholischer Liedermacher.

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Gisbert zu Knyphausen, von seiner Abstammung Freiherr mit familiären Weingut-Wurzeln, gelingt es, sich die 200 Jahren alten Schubert-Lieder sängerisch zu eigen zu machen. Die Tonarten sind stets seinen stimmlichen Fähigkeiten angepasst, jedoch muss er im Eröffnungslieder „Gute Nacht“ gelegentlich die Melodie umbiegen, weil sein Stimmumfang nicht groß genug ist. Lebt das Original von den schreitenden Achtel-Noten des Klaviers, wirkt die Streicherbegleitung der vier Musiker von „Quart.essence“ fast schwerelos, während das von Sebastian Deufel bearbeitete Schlagzeug, die Musik vorantreibt.

Zusammenspiel mit atmosphärisch dichter Interpretation

Dem singenden Freiherren gelingen im Zusammenspiel mit Kai Schumachers Bearbeitung atmosphärisch dichte Interpretationen. Muss bei Schubert die gleichbleibende Notentext in Strophenliedern dynamisch variiert werden, schreibt Schumacher abwechslungsreiche Instrumentalversionen, die sich steigern und eine starke innere Dramatik besitzen, die sich am Text orientiert.

Wenn Knyphausen dann eigene Lieder wie „Herzlichem Glückwunsch“ und „Hier bin ich“ singt, ist er ein ganz anderer: Hier grundiert er die Musik mit Gitarrenrhythmen und auch sein Gesang wirkt wesentlich geerdeter als seine Schubert-Interpretationen. Ein großer Melodiker ist der Komponist von Knyphausen jedoch nicht. Bei ihm stehen die Texte, die in gleichbleibenden Rhythmen vorgetragen werden, stärker im Zentrum. Das Akkordschema unterstreicht die Atmosphäre der Texte.

Liedermacher bedankt sich mit Zugabe aus eigener Feder

Besonders originell ist die Instrumentation in Schuberts „Ständchen“. Zu der gezupften Gitarre gesellt sich noch Christian Kohlhaas an der Posaune, welche die zerlegten Akkorde auf- und abschwingen lässt. Mit diesem Lied hat Knyphausen jedoch seine sängerischen Probleme, denn die großen Intervallsprünge Schuberts, bekommt er nicht in einen großen Bogen gefasst.

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Stark gesteigert wird dann aber das im Original ganz verhaltene „Der Wegweiser“. Knyphausens Stimme und Schumachers Bearbeitung reißt das Publikum fast von den Stühlen. Visuell wird das Konzert von den Lichtspielarbeiten des Duos „Warped Type“ untermalt. Zu sehen sind hier keine filmischen Nacherzählungen, sondern bewegte Bilder von Händen, Bäumen und Spielkarten.

Nach anderthalb Stunden geht der Abend mit einem großen Beifall des Duisburger Publikums zu Ende: Gisbert zu Knyphausen bedankt sich mit einer Zugabe: Aus seiner eigenen Feder stimmt er „So seltsam durch die Nacht“ an.

>> SCHON ANDERE LIEDERMACHER WAGTEN SICH AN SCHUBERT

  • Gisbert Wilhelm Enno Freiherr zu Innhausen und Knyphausen ist nicht der erste Liedermacher, der sich an Franz Schubert wagt.
  • Schon Hannes Wader brachte 1997 eine Schubert-CD unter dem Titel „An dich hab ich gedacht“ heraus.