Duisburg. Claudia Leiße tritt für ihre Partei nicht erneut für den Rat der Stadt Duisburg an, macht Platz für den jüngeren Nachwuchs. Ein Rückblick.

Sie ist eine gebürtige Duisburgerin, aber eine Eingeborene der früheren Stadt und des heutigen Bezirks Rheinhausen: Claudia Leiße, ein Urgewächs der Partei Bündnis 90/Die Grünen. 1994 zum ersten Mal in den Rat der Stadt Duisburg gewählt und mit Unterbrechungen seit 2009 bis heute in dem Kommunalparlament, wird die engagierte Politikerin für die Wahl am 13. September nicht erneut als Ratskandidatin antreten. Die 67-Jährige macht Platz für den Nachwuchs, genau wie ihr 69-jähriger Ehemann Heinrich, der sich nicht mehr als Bezirksvertreterkandidat aufstellen ließ.

Seit nunmehr 26 Jahren bestimmte die Politik das Leben des Ehepaares und der Familie Leiße. Diesen Namen mussten viele Rheinhauser zunächst akzeptieren. Denn Claudia hat einen Mädchennamen, der im Duisburger Westen in aller Munde war: Mobertz. Ihre Eltern waren durch den Schreinerei- und Zimmereibetrieb an der Straße „In den Peschen“ sehr bekannt.

Mit Rheinhausen eng verbunden

1975 heiratete Heinrich seine Claudia. „Ich bin dann nach Rheinhausen gezogen, als klar war, dass Rheinhausen eingemeindet wird. Ich wollte nicht aus Duisburg raus. In Rheinhausen bin ich immer noch der Zugereiste“, erzählt der gebürtige Meidericher. Claudia Leiße fühlt sich Rheinhausen nach wie vor eng verbunden. Hier ging sie in den Kindergarten und zur Schule, bis auf die kurze Zeit des Studiums in Bonn und Duisburg ist sie nicht aus Rheinhausen herausgekommen.

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Zunächst studierte sie Chemie, wollte ihren Diplom-Abschluss machen, hatte aber Probleme, dafür den zwingend notwendigen Laborplatz zu bekommen. Sie „sattelte“ um auf Lehramt, studierte Englisch, Chemie und Mathematik (hat sie später gekänzelt), machte das Realschullehrerexamen, arbeitete an einer Realschule, bis sie 50-jährig aus gesundheitlichen Gründen aus dem Schuldienst ausschied.

PCP ebnete die politische Laufbahn

1988 ebnete schließlich das inzwischen verbotene Holzschutzmittel PCP die politische Laufbahn von Claudia Leiße. Ihr Sohn ging damals in den städtischen Kindergarten Rückerstraße. Dort wurde die hochgiftige Substanz festgestellt. „Die Stadt wollte damals bei laufendem Betrieb sanieren. Ich habe bei Parteien um Hilfe gebeten und bin schließlich bei den Grünen angekommen. Sie haben mich gefragt, ob ich für den Rat kandidieren möchte“, erinnert sich die engagierte Frau an jene Zeit, aber auch daran, dass in drei weiteren Kindergärten PCP festgestellt wurde, dass es Kinder gab, bei denen PCP im Blut festgestellt wurde, dass der damalige Leiter des chemischen Untersuchungsamtes im Ernst behauptet habe, man könne einen Liter PCP trinken und es passiere nichts.

„Mein Mann hat mir den Rücken freigehalten“

Claudia Leiße kämpfte ein halbes Jahr, danach ging alles relativ schnell. Den Rücken frei gehalten für ihre politische Arbeit und ihre berufliche Lehrertätigkeit hat Ehemann Heinrich. Mit 37 Jahren entschied sich der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann auf „Hausmann umzuschulen“, stieß damit auf Widerstände, da es nicht an der Tagesordnung war, dass der Mann zu Hause bleibt.

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„Mein Mann hat all die Jahre hinter mir und meinem politischen Engagement gestanden und mir den Rücken frei gehalten. Nur aufgrund der Kenntnisse um politisch strategische Prozesse und den damit verbundenen Aufwand war das konfliktarm möglich. Wenn nur ein Ehepartner ein Mandat bekleidet, ist das wahrscheinlich erheblich konfliktträchtiger und belastender für den anderen, wenn man sich so in die Materie vertieft, wie ich es getan habe“, schildert die Grünen-Ratsfrau die Erfahrungen als Politiker-Ehepaar.

Schwerpunkte: Verkehr, Stadtentwicklung, Finanzen, Kultur

Claudia Leiße saß erstmals von 1994 bis 1999 im Rat, hatte von 1999 bis 2004 kein Mandat, war von 2004 bis 2009 gemeinsam mit ihrem Ehemann Bezirksvertreterin in Rheinhausen, ist seit 2009 bis jetzt erneut Ratsfrau im Stadtparlament und seit sechs Jahren Fraktionsvorsitzende.

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„Meine Frau steht immer unter Strom“, sagt Heinrich Leiße, erinnert sich daran, dass die nächtelangen kontroversen Diskussionen bei seiner Frau letztlich die Reaktion auslöste: „Du kannst es auch selber machen.“ Seit 2004 ist Heinrich Leiße Bezirksvertreter, weil er zwischendurch seine Auszeiten von der Politik brauche: „Außerdem bin ich nicht Rat-kompatibel.“

Ihre Schwerpunkte als Politikerin umschreibt Claudia Leiße mit „alles was irgendwo anzupacken ist: Verkehr, Stadtentwicklung, Finanzen, Kultur“. Sie sieht sich als Rädchen im Getriebe, blieb immer hartnäckig dran, informierte sich, arbeitete sich akribisch in Themen ein, zeigte hohen Einsatz, zog viele Menschen mit.

„Man muss immer die Argumente der Verwaltung entkräften“

„Ich habe immer alle Hebel in Bewegung gesetzt, um mich schlau zu machen, um mich extrem tief in die Materie einzuarbeiten. Man muss immer Argumente der Verwaltung entkräften. Bei der U-Bahn habe ich mit Vertretern der DVG zusammen gesessen. Beim DOC bekam ich sogar die IHK mit ins Boot“, erzählt Claudia Leiße aus der bewegten Zeit. Manche Initiativen gründete sie mit: L472n, Bürgerinitiativen gegen Fluglärm, gegen Osttangente und für saubere Luft.

Nach ihrer Zeit als Ratsfrau will sie sich weiter engagieren, weiß aber noch nicht wo und in welcher Intensität. Musik und bildende Kunst sind ihre wichtigsten Interessengebiete.

„Mir schwebt erst einmal ein Leben ohne Termine vor. Ich freue mich darauf, nicht mehr in den Kalender gucken zu müssen“, richtet Claudia Leiße den Blick in die Zukunft. Wenn gewünscht, will sie ihre Nachfolger einarbeiten und begleiten. Sie hat ein umfassendes Archiv, hat von Anbeginn Informationen in unzähligen Ordnern oder auf ihrem Rechner gespeichert: „Ich war die letzten Jahre das Gedächtnis der Grünen.“