Duisburg-Hamborn. Eigentlich wollten die Duisburger spazieren gehen, stattdessen lief ihnen ein Hängebauchschwein zu. An der Straße stehen lassen? Auf keinen Fall.

Angefangen hat am Sonntag alles mit einer Monsterjagd im Park. Die Hambornerin Heike Leittmann war mit ihrem Sohn und seinem Kumpel unterwegs, um digitale Kreaturen beim Handyspiel Pokemon Go einzufangen, als das Trio abends auf dem Heimweg ein echtes Tier aus dem Gebüsch heraus anstarrte. „Wir sind erstmal schnell weggerannt“, schildert Littmann, die gedacht hatte, es sei ein Wildschwein.

Doch dann sah sie, dass es tatsächlich ein Hängebauchschwein war – „und es ist uns friedlich hinterhergedackelt wie ein Hund“. Schnell fasste sie den Beschluss, das Schwein zunächst mit nach Hause zu nehmen. „Ich hätte nicht übers Herz gebracht, das Tier dort stehen zu lassen“, betont die 47-Jährige, denn die Hamborner Straße sei für das Hängebauchschwein viel zu gefährlich: „Es wäre sicher überfahren worden.“

Die Polizei verständigte den Notdienst des Tierheims

Mit einer provisorischen Leine ging es dann zur Wohnung an der Bremenstraße. „Das Tier war richtig lieb und wollte gestreichelt werden“, berichtet Littmann, die sofort, um kurz vor neun, den Tierrettungsdienst Schütz anrief. „Das Tier von der Straße zu holen, war richtig“, bestätigt Mitarbeiterin Miriam Zill, „sie hat sich völlig richtig verhalten, weil das Schwein zutraulich war“. Da es jedoch als Haustier und nicht als Wildtier zählt, „hatten wir keine Handhabe und mussten an die Polizei verweisen“, erläutert Zill. Dort ist die Durchwahl des dafür in Duisburg zuständigen Notdienstes des Tierheims bekannt. Dieser wurde dann auch alarmiert.

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Zunächst kamen jedoch zwei Polizistinnen vorbei, um die Lage zu prüfen. Da war das Hängebauchschwein laut Heike Littmann in der kleinen Etagenwohnung bereits nervös geworden, hatte Kabel angefressen und seine Finder gezwickt. Auf dem Balkon beruhigte es sich aber und schlief schließlich ein.

Das Schwein hat geschrien wie am Spieß

„Es hat zwei Stunden gedauert, bis dann endlich was passiert ist“, kritisiert Heike Littmann. Kurz vor 23 Uhr sei erst der Tiersicherungsdienst gekommen. Dabei handelte es sich um Frank Weißmann, er hatte den nächtlichen Bereitschaftsdienst für das Tierheim. Von der Polizei hatte er den Auftrag erhalten, den Vierbeiner schnellstmöglich aus der Wohnung und ins Tierheim zu bringen. „Es hatte wohl keine Möglichkeit gegeben, das Schwein erstmal in der Wohnung zu behalten.“

Nur knapp zwei Minuten habe es gedauert, das Tier auf dem Balkon einzufangen und ins Treppenhaus zu bringen. Dafür nutzte Weißkirchen eine Plexiglasstange mit Seil, die er wie eine Leine umlegte. Daraufhin hat das Schwein richtig Radau gemacht. „Es hat geschrien wie am Spieß“, sagt Littmann. „Das lag an der Schlinge“, kommentiert der Fachmann vom Tiersicherungsdienst. „Schweine sind furchtbar sensibel und schreien richtig laut.“

Ein ungewöhnlicher Einsatz für den Tiersicherungsdienst

Doch sobald er den engen Hausflur verlassen hatte, konnte er die Schlinge lösen und das Hängebauchschwein – mit der Polizei als Eskorte – friedlich zum Transporter und schließlich zum Tierheim bringen. „Das war ein ungewöhnlicher Einsatz“, räumt Weißkirchen ein, „aber vom Ablauf her war er Routine, wie bei einem Hund“. Länger als insgesamt zehn Minuten habe er nicht gedauert.

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Die Hambornerin und ihr neunjähriger Sohn sind froh, dass das Hängebauchschwein jetzt in Sicherheit ist. „Ob Schwein oder Kamel, ich würde alles mit nach Hause nehmen, wenn ich damit helfen kann“, sagt Heike Littmann und lacht.

Die gefundene Sau braucht dringend einen Partner

„Es geht dem Schwein den Umständen entsprechend gut“, teilt das Tierheim jetzt auf Nachfrage mit. Es sei eine menschenbezogene Sau, die vermutlich bisher im Haus gehalten wurde. Eine Ohrmarke hat sie jedoch nicht. Um artgerecht gehalten zu werden, brauche das Hängebauchschwein aber dringend einen Partner. Daher versucht das Tierheim derzeit, dieses Fundtier etwa an einen Bauernhof zu vermitteln. Bis dahin lebt es in einem großen Gehege mit Unterstand, der es auch vor Hitze schützt. Zudem gibt es für das Tier eine neue Suhl, die früher ein Hundebecken war, und gefüttert wird es artgerecht mit Obst und Gemüse.

>> Nach einer Woche kann ein Fundtier an neue Besitzer vermittelt werden

  • Dass landwirtschaftliche Nutztiere herrenlos aufgegriffen werden und dann kurzfristig im Tierheim untergebracht werden müssen, ist nach Auskunft der Stadt selten.
  • In solchen Fällen untersucht demnach ein Tierarzt das Fundtier und sucht nach einer Kennzeichnung, um den Halter zu ermitteln.
  • Sofern sich nach einer Woche kein Besitzer meldet, wird das Tier vermittelt – so auch das Hängebauchschwein aus Hamborn. Sollte es in einen Betrieb kommen, der Zucht- und/oder Mastschweine hält, kann vorsorglich das Blut auf die gängigen Tierseuchen untersucht werden.
  • Infos über das Tierheim, das derzeit wegen Corona für Besucher geschlossen ist, gibt es auf www.tierheimduisburg.de