Duisburg/Mülheim. Altenpfleger bekommen eine Corona-Sonderprämie, Pfleger in der Eingliederungshilfe nicht. Eine Petition geht gegen diese Ungerechtigkeit vor.

Die Corona-Pandemie hat Beschäftigte in Altenpflegeheimen und in der Ambulanten Pflege kolossal gefordert. Zum Dank hat der Bundestag einen Pflegebonus beschlossen – bis zu 1500 Euro. „Aber nicht für jeden“, sagt Christine Schächner, die gegen die Ungerechtigkeit mit einer Online-Petition vorgehen will.

Die Duisburgerin arbeitet in der stationären Altenpflege der Theodor-Fliedner-Stiftung in Mülheim. Während sie Mitte August den Bonus auf ihrem Konto erwartet, gehen ihre Kollegen von der Eingliederungshilfe und der Krankenpflege leer aus.

Arbeitgeber unterstützt die Petition

Ihren Arbeitgeber weiß sie hinter sich. Der Vorstand, die Mitarbeitervertretung und viele Kollegen unterzeichneten einen Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn, in dem sie die Corona-Sonderprämie würdigen und sich freuen, dass ihre Arbeit als systemrelevant anerkannt wird, aber eine Ausweitung auf die anderen Berufsgruppen fordern.


„Wir finden, es ungerecht, unverständlich und es widerspricht dem Gleichheitsgebot, dass den MitarbeiterInnen der Krankenpflege und der Eingliederungshilfe (Arbeit mit Menschen mit Behinderung) diese Prämie verwehrt bleiben soll“, schreibt Schächner in ihrer Petition auf der Online-Plattform change.org. Sie hat die Petition privat auf die Beine gestellt. Inhaltlich weiß sie aber auch Gesundheitsexperten wie Karl Lauterbach (SPD) hinter sich, der forderte, dass die Sonderprämie auch auf die Krankenpflege ausgeweitet wird. Das Bundesgesundheitsministerium hatte den Fokus auf die Altenpflege damit begründet, dass die Entlohnung der Pflegekräfte in den Krankenhäusern ohnehin höher sei.

Pflegeheim stockt selbstständig die Prämie für Mitarbeiter auf

In Duisburg hatte das Evangelische Christophoruswerk selbstständig die Sonderprämie ausgeweitet. „Es steht offiziell nicht allen die gleiche Summe zu, das finden wir nicht richtig. Deshalb stocken wir die Prämie da, wo möglich, auf, so dass jede Vollzeitkraft 1000 Euro erhält, in der Pflege 1500 Euro’’, sagt Vorstand Tim Liedmann. Das koste das Christophoruswerk ,,eine hohe fünfstellige Summe’’.


Die Eingliederungshilfe sei in den vergangenen Monaten extrem belastet gewesen, sagt Schächner. Die Kollegen kümmern sich um behinderte Menschen, die normalerweise tagsüber in den Werkstätten sind. Seit März waren die Klienten vom einen auf den anderen Tag komplett zuhause in ihren Wohngruppen. „Sie mussten versorgt und beschäftigt werden – und weil bei Behinderten viele Handgriffe eine große Nähe erfordern, waren die Mitarbeiter genauso gefährdet wie wir alle“, beschreibt Schächner. „Ich find’s einfach unfair, wenn sie leer ausgehen, und so geht es vielen meiner Kollegen.“

Seit vier Monaten den Tagen ein bisschen Farbe geben

Die Solidarität, die sie spürt, tut Karen Glander-Jackowiak gut. Die Hausleiterin betreut schwerst mehrfach behinderte Menschen im Fliedner-Dorf. „Im vierten Monat sorgen wir jetzt dafür, dass die Tage ein bisschen Farbe bekommen“, beschreibt die 56-Jährige, die in der Mitarbeitervertretung aktiv ist. Ihre Bewohner seien „von heute auf morgen arbeitslos geworden“, viele könnten bis heute nicht zurück in die Werkstätten. „Wir haben Schichtdienste, helfen beim Waschen oder Essen anreichen, waren vom Besuchsverbot betroffen“, sagt Glander-Jackowiak, ihre Arbeit sei genau so anstrengend wie 50 Meter weiter in der Altenpflege. Nur gesehen werde sie nicht.

Das will Christine Schächner ändern. Andere Bundesländer wie Bayern hätten die Eingliederungs-Hilfe mit einbezogen in die Sonderausschüttung. Jetzt brauche es eine politische Lösung, damit es auch in NRW fair zugeht, findet die 60-Jährige.

Weitere Informationen zur Corona-Prämie gibt es hier: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/pflegebonus.html

Man kann mit seiner Unterschrift die Petition unterstützen: https://bit.ly/3gtKIj2