Duisburg-Obermarxloh. Der Verein Tiad setzt sich für Unternehmer und Akademiker mit Migrationshintergrund ein. Auch Deutsche und Frauen sind im Verein willkommen.
Die wirtschaftliche Lage im eher armen Duisburger Norden ist nicht gerade gut – insbesondere während der Corona-Pandemie. Doch gerade die Stadtteile mit einem hohen Migrantenanteil scheinen ein Triebmotor für Unternehmensgründungen zu sein.
„Viele junge Menschen wollen eine Firma gründen, und der Anteil ist bei Migranten extrem hoch“, sagt Özcan Yavuz. Als Vize des Unternehmer- und Akademikervereins Tiad mit neuem Sitz in Obermeiderich unterstützen er und seine Mitstreiter derzeit verstärkt die Duisburger Startup-Szene. „Wir bieten unsere Praxiserfahrung an, wollen Türen öffnen und bündeln Expertise“, erläutert Yavuz und verweist auf fast 100 Duisburger Mitgliedsfirmen – von Einzelunternehmern bis zu großen Betrieben mit mehreren hunderten Beschäftigten.
Alleinstellungsmerkmal: Fokus auf Geschäftsleute mit Migrationshintergrund
Das Netzwerk des Vereins ist jedoch größer, so zählt neben der städtischen Wirtschaftsförderung und der Industrie- und Handelskammer auch die Uni Duisburg zu den Kooperationspartnern. „Wir sind schon sehr gefragt in der Stadt“, erläutert Özcan Yavuz und sieht im starken Vereinsfokus auf Geschäftsleute mit Migrationshintergrund ein Alleinstellungsmerkmal in Duisburg.
Tatsächlich wurde Tiad im Jahr 1996 in Marxloh zunächst gegründet, um die Interessen türkischstämmiger Unternehmer zu vertreten. So erinnert Yavuz daran, dass Tiad „dafür gesorgt hat, dass sich die Brautmodenmeile ansiedeln konnte“. Um die Stadt Duisburg vollends vom Erfolg dieser Idee zu überzeugen, habe es erst eine Studie gebraucht. Heute sind die schönen Hochzeitskleider ein internationales Aushängeschild und ein wichtiger Wirtschaftszweig für Marxloh.
Der Verein Tiad versteht sich auch als interkultureller Brückenbauer
Inzwischen haben sich aber die Aufgaben des Vereins verschoben. „Wir zielen weiter auf das Wirtschaftliche ab, sind aber auch interkulturelle Brückenbauer“, betont der stellvertretende Vorsitzende. Geholfen hat dabei, dass bereits vor Jahren die Satzung geändert wurde, um Geschäftsfrauen und -männer unabhängig von Nationalität oder Migrationshintergrund aufzunehmen. „Bei uns mischt es sich mehr und mehr“, freut sich Vorstandsassistent Ülkücan Öz. Dass seither außerdem auch Akademiker beitreten können, die keinen Betrieb führen, habe den Verein zusätzlich bereichert.
Dadurch seien viele erfolgreiche Duisburger beigetreten, die die Vereinsziele unterstützen und die Arbeit ideal ergänzen, so Özcan Yavuz. Denn neben Hilfe beim wirtschaftlichen Erfolg engagiert sich Tiad auch für den sozialen Aufstieg von Migranten sowie für ein gutes Miteinander in Duisburg und der übrigen Stadt. Die Vereinsmitglieder ehren beispielsweise seit einem guten Jahrzehnt die besten Abiturienten an Schulen im Norden.
Unternehmer stemmen sich in Corona-Zeiten gegen die Pleite
Traditionell engagiert Tiad sich auch sozial und hat zuletzt Desinfektionsspender und Schutzmasken an Schulen, Kindergärten, Seniorenheime und Behörden gespendet. Die Pandemie stellt den Unternehmerverein vor eine besondere Herausforderung, wie Yavuz berichtet: „Wir unterstützen uns gegenseitig, dass niemand pleite geht. Es scheint bei allen weiterzugehen, das wäre ein Riesenerfolg.“
Damit das so bleibt, organisiert der Vorstand etwa Online-Seminare zur Rechtslage. „Das ist Hilfe zur Selbsthilfe“, sagt Özcan Yavuz. Ein Patentrezept gibt es freilich nicht, denn verschiedene Branchen trifft die Pandemie unterschiedlich hart. „Migranten sind jetzt fast durchweg in allen Branchen“, so der Steuerberater Yavuz. Anders als noch vor mehr als 20 Jahren seien Migranten nicht mehr zumeist Gastronomen, sondern auch Anwälte, Logistiker, Einzelhändler oder bei großen Konzernen „in verantwortungsvollen Positionen“.
Wichtiger Kooperationspartner für die Duisburger Gründerszene
Zwar fürchten die Mitglieder eine zweite Corona-Welle, doch die Duisburger Gründerszene bleibe weiterhin stark und dort die Unterstützung des Unternehmervereins gefragt. „Wir haben sehr viele Anknüpfungspunkte und Kooperationen“, sagt die Sprecherin der Duisburger Wirtschaftsförderung, Annegret Angerhauser-Reuter. Ein aktuelles gemeinsames Projekt ist der digitale Gründungskompass. Er bietet nicht nur Informationen über Firmengründungen, sondern auch unkomplizierten Kontakt zu Experten und potenziellen Geschäfts- und Kooperationspartnern.
„Netzwerke zu pflegen, ist wichtig“, weiß Angerhausen-Reuter. Und der Verein Tiad ist insbesondere im Duisburger Norden ein geschätzter Netzwerker.
<< DEUTSCHE UND MEHR FRAUEN SIND BEI TIAD WILLKOMMEN
Der Türkisch-Deutsche Unternehmer und Akademikerverein Tiad (Türk-Alman Iş Adamları ve Akademisyenler Derneği) ist ins frühere Gemeindehaus der Ev. Kirche Hamborn gezogen (Taubenstraße 12).
Der Verein ist politisch neutral. Denn die Mitglieder seien, so Vize Özcan Yavuz, ebenso wenig homogen wie deren Meinungen. Grundsätzlich würden mehr Frauen und Deutsche dem Netzwerk aber guttun, findet Yavuz: „Sie sind uns sehr willkommen.“
Durch Corona hat sich die Arbeitswelt stark verändert, daher will Tiad jetzt seine Mitglieder jetzt verstärkt bei Themen wie Digitalisierung und Homeoffice begleiten.