Duisburg. Seit der Zoo Duisburg die Tierhäuser zum Teil wieder geöffnet hat, können nun auch wieder außergewöhnliche Wassertiere bestaunt werden.

„Der Theodor, der Theodor, der steht bei uns im Fußballtor.“ Nee, eben da ist dieser Theodor nicht zu finden. Der steht im Wasser, manchmal. Meistens schwimmt er, und zuweilen bläst er sich ganz schön auf. Dass er dann die Form eines Balles annimmt, ist neben seinem Namen, das einzige, was ihn mit Theo Lingens Loblied auf den unüberwindlichen Keeper verbindet.

Denn Theodor ist ein Igelfisch, der sich bei Gefahr drohend bis auf seine dreifache Größe aufpumpen und zudem auch noch Stacheln ausfahren kann. Weil er dieses Gebaren ansatzweise im Futterstreit mit seinem Artgenossen Lothar zeigte, musste Theodor umziehen. Jetzt schwimmt er gelassen durch das Riffbecken im Aquarium des Duisburger Zoos, wo er und einige andere besondere Wasserbewohner seit der Öffnung der Tierhäuser in dieser Woche wieder zu bestaunen sind.

Netzmuräne Hedwig lässt sich auch anfassen

Kofferfisch Ferdinand sieht etwas versnobt aus, hat aber die besten Manieren im Becken. Zudem ist er ein wahrer Gourmet, der Muscheln bevorzugt von der „Gabel“ speist.
Kofferfisch Ferdinand sieht etwas versnobt aus, hat aber die besten Manieren im Becken. Zudem ist er ein wahrer Gourmet, der Muscheln bevorzugt von der „Gabel“ speist. © foto: zoo Duisburg

„Charakterfische“ nennen die Pfleger ihre Schützlinge, die nicht nur alle einen Namen haben, sondern sich auch durch ihr Verhalten von den anderen Becken-Bewohnern unterscheiden. „Schwarmfische heben sich nicht hervor. Da baut man keine individuelle Bindung auf“, meint René Ostendorf, der sich mit seinen Kollegen und Kolleginnen auch um die Tiere im Aquarium kümmert. „Aber es gibt eben nicht nur Fische, die doof im Wasser rumschwimmen, sondern einen ganz eigenen Charakter haben.“ Wie etwa Netzmuräne Hedwig, die ein Privatmann im Zoo abgegeben hat. „Der hatte wohl nicht geahnt, wie groß sie werden kann“, vermutet Ostendorf.

Die auffallend gefärbte Muränen-Art gehört zu den größten und kann eine Länge von 2,50 bis 3 Metern erreichen. Wähnt sie sich in Gefahr, legt sie ein aggressives Verhalten an den Tag. Nicht so Hedwig. „Die hat einen sehr ruhigen Charakter“, sagt Ostendorf. „Die lässt sich sogar anfassen.“

Lothar lebt jetzt in der giftigen WG

Noch tiefenentspannter ist Ludger, der Lungenfisch. Was möglicherweise an seinem Alter liegt, denn Ludger gehört zu den ältesten Bewohnern der Kaiserberg-Arche. „Ludger ist seit Anfang der 50er Jahre im Zoo Duisburg“, weiß Ostendorf zu berichten. Damit wäre er mindestens 70 Jahre alt, kann es aber auf über 80 bringen.

Igelfisch Lothar hat ein Handicap: Er hat wegen einer Augenkrankheit ein schlechtes Tiefensehen. Also füttern die Pfleger in mit der Pinzettte was Lothar sehr behagt.
Igelfisch Lothar hat ein Handicap: Er hat wegen einer Augenkrankheit ein schlechtes Tiefensehen. Also füttern die Pfleger in mit der Pinzettte was Lothar sehr behagt. © J.tegge | foto: Zoo Duisburg

Recht ausgeglichen zeigt sich auch Igelfisch Lothar, seitdem er von Theodor getrennt in der „giftigen WG“ lebt. „Fast jeder in diesem Becken hat eine bestimmte Strategie, sich mit Gift gegen Räuber zu verteidigen“, erklärt Ostendorf den Namen der Wassergemeinschaft, in der sich Lothar nun wohlfühlt. Hier macht Ex-Kumpel Theo keinen Stress mehr und die Pfleger reichen dem durch eine Augenkrankheit gehandicapten Lothar das Futter direkt an.

Ferdinand speist von der „Gabel“

Ein Service, den auch Ferdinand außerordentlich zu schätzen weiß. Der etwas versnobt aussehende leuchtend gelbe Kofferfisch ist der Gourmet in der Gift-WG. „Er liebt Muscheln und hat beim Essen extrem gute Tischmanieren“, verrät Zoo-Sprecher Christian Schreiner. Denn: Ferdinand isst von der „Gabel“. Er pflückt die von den Pflegern dargereichten Leckerbissen vornehm von der hingehaltenen Zange. Zudem lässt er keinen Zweifel daran, wann er zu speisen gedenkt, indem er an die Wasseroberfläche schwimmt und den Pflegern kleine Wasserfontänen entgegen spuckt, um auf sich aufmerksam zu machen. „Das hat er schon getan, als er zu uns kam, denn Ferdinand stammt auch aus einer privaten Haltung“, erzählt Ostendorf.

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Von der Pinzette nippt auch der hübsche

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Blauflecken-Stechrochen Nina. Sie war lange Zeit Single, bis 2019 im belgischen Antwerpen ein passender Partner für sie gefunden wurde. Finding Leon! Allerdings ist der im Juli 2019 am Kaiserberg eingezogene männliche Riffbewohner der gestandenen Rochen-Lady noch nicht ganz gewachsen, weshalb er prompt mit dem Namen Little Leon bedacht wurde.

Aufstehen, Zähne putzen!

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Seine Kollegin Aline Steinbach suche sehr engagiert nach den passenden Namen für die Charakterfische, verrät René Ostendorf. Doch nicht immer lässt der Name auf den Charakter schließen. So zeichnet sich der eher nach bajuwarischer Gemütsruhe klingende Leopold, ein Leopardendrückerfisch, durch ein recht ruppiges Verhalten aus. „Der ist ein richtiger Rowdy“, erzählt Ostendorf. „Der versucht ständig, den anderen das Futter zu klauen und gibt im Becken den Takt an.“

Doch bei einem Mitbewohner im Becken wird auch der Chef im Ring ganz sanft und hält die Flossen still. Wenn der Putzerlippfisch seine Arbeit verrichtet, werden sogar Haie zu Lämmchen. Denn die schmalen

Die kleinen Putzerlippfische sind sehr beliebt bei den Becken-Bewohnern, denn sie entfernen Parasiten aus den Kiemen und Essensreste aus den Zähnen.
Die kleinen Putzerlippfische sind sehr beliebt bei den Becken-Bewohnern, denn sie entfernen Parasiten aus den Kiemen und Essensreste aus den Zähnen. © foto: Zoo duisburg

Flossentiere holen ihren um ein Vielfaches größeren Artgenossen nicht nur Parasiten aus den Kiemen und Schuppen, sondern auch Essensreste aus den Zähnen. Wenn morgens die Beleuchtung in den Becken wieder hochgefahren wird und die Nachtruhe vorbei ist, geht’s beinahe wie bei Menschen zu: Aufstehen, Zähne putzen!

Waschanlage für Flossentiere

„Dann stehen viele Fische Schlange bei den Lippfischen, um sich säubern zu lassen. Und die warten ruhig ab, bis sie dran sind“, schildert Ostendorf das morgendliche Ritual im Aquarium. Und Schreiner ergänzt: „Das ist wie eine Waschanlage.“ Nun muss aber niemand frühmorgens in den Zoo eilen, um das Schauspiel zu erleben. Putzerfische verrichten auch tagsüber ihre Dienste. Immer, wenn einer der Fische im Becken fast stillzustehen scheint oder sich leicht zur Seite neigt, könnte es sein, dass ein Kollege der beflossten Putzkolonne am Werk ist.