Duisburg. Hygiene-Maßnahmen in Kliniken hätten für eine unbegründete Corona-Angst gesorgt, sagt ein Duisburger Arzt. Häuser zu meiden sei lebensgefährlich

Weil die Zahl der Covid-19-Erkrankten mit schwerem Verlauf derzeit gering ist, kehren die Kliniken in Duisburg langsam in den Normalbetrieb zurück. Bei vielen Patienten bleibt jedoch die Angst, sich im Krankenhaus mit dem Corona-Virus zu infizieren. „Dazu gibt es keinen Grund“, betont Stefan Simon, Arzt und Krankenhaus-Hygieniker für die fünf Häuser des Evangelischen Klinikums Niederrhein (EVKLN), zu dem in Duisburg das Herzzentrum Meiderich, das Bethesda und das Fahrner Krankenhaus zählen.

Corona in Duisburg: Vorkehrungen gegen Infektion verunsichern die Patienten

Dabei hat der gelernte Viszeral-Chirurg, der seit 2015 nach dreijähriger Zusatzausbildung über die Klinik-Hygiene wacht, durchaus Verständnis für das Verhalten. „So etwas wie Corona hatten wir hier zuletzt vor 100 Jahren. Aber Infektionen sind im Gegensatz zu anderen Ländern deshalb keine Haupt-Todesursachen mehr, weil wir hohe Standards für die Hygiene entwickelt haben.“

Striktes Hygienekonzept: Andrea Kutzer, Leitende Ärztin in der Zentralen Notaufnahme im Evangelischen Klinikum Niederrhein, desinfiziert ihre Hände.
Striktes Hygienekonzept: Andrea Kutzer, Leitende Ärztin in der Zentralen Notaufnahme im Evangelischen Klinikum Niederrhein, desinfiziert ihre Hände. © FUNKE Foto Services | Foto: Tanja Pickartz

Die Vorkehrungen hätten die Menschen verunsichert, vermutet Simon: „Nach der Quarantäne von Infizierten mussten anfällige Gruppen geschützt werden.“ Dazu gehörten Patienten und Mitarbeiter der Kliniken, die sich abschotteten. „Schutz bietet immer die Summe vieler Maßnahmen“, erklärt der 40-Jährige, „das haben wir in Deutschland gemacht und das hat sich ausgezahlt.“

Gang in Klinik: Zögern kann lebensgefährlich sein

Auch mit schweren Erkrankungen wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen die Klinik zu meiden, sei lebensgefährlich warnt Stefan Simon, wie schon seine Fachkollegen vor Wochen.

„Aber viele kommen weiterhin verspätet mit schweren Befunden“, stellt der Mediziner fest – selbst ein Blinddarm-Patient habe sich erst nach vierwöchigen Beschwerden und erfolgloser Antibiotika-Therapie zur Operation eingefunden.

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Krankenhaus-Hygiene hat nichts mit Putzen zu tun

„Hygiene hat nichts mit Putzen zu tun“, sagt Simon über das Konzept, das die Abschottung der Covid-Patienten gewährleistet. Für eine größere Zahl stationärer Covid 19-Patienten hat das Fahrner Krankenhaus seine alte Notaufnahme hergerichtet. Der Infektionsschutz beginnt mit der Aufnahme, gleich ob für eine geplante Operation oder als Notfall: Alle werden auf Corona getestet. „Iso-Boxen“ nennt das Personal die Versorgungsbereiche in der Notaufnahme, in der Patienten versorgt und getestet werden – er wenn die Ergebnisse vorliegen, geht’s auf die Station. Überall in den Häusern gelten Masken- und Abstandspflicht.

Der Aufenthalt in der Klinik sei nicht unsicherer als der außerhalb, das Infektionsrisiko nicht größer als vor der Pandemie, betont der Hygiene-Arzt: „Wir bieten hier ein Maximum an Sicherheit, davon bin ich überzeugt. Meine eigenen Angehörigen werden hier behandelt.“

Klinik-Hygieniker: Pflichtaufgabe seit 2011

Der Einsatz eines Klinikhygienikers ist seit der Novelle des Infektionsschutzgesetzes 2011 verpflichtend für Häuser ab einer bestimmten Größenordnung. Eine Ursache war die Verbreitung von multiresistenten Keimen in den Kliniken. Darauf wird seit acht Jahren im EVKLN jeder Patient getestet.

Für die Tätigkeit in der Klinikhygiene können sich klinische Fachärzte durch eine dreijährige Zusatzausbildung qualifizieren. Es ist eine Querschnittsaufgabe, die Aufgaben der klinischen und Labormedizin sowie organisatorische Verantwortung beinhaltet.

„Dieses festzuschreiben, war ein guter Schritt“, sagt Dr. Andreas Sander, medizinischer Geschäftsführer des Ev. Klinikums Niederrhein. Zum Team des EVKLN gehören neun Hygienefachkräfte – examinierte Pflegende mit dreijähriger Extra-Ausbildung. Sie erfassen alle Infektionen, beraten und schulen Kollegen, führen mikrobiologische Untersuchungen durch und sind geschult in der Eindämmung von Infektionsausbrüchen.