Duisburg-Mündelheim. 50 Jahre TuS Mündelheim: Über die Geschichte eines außergewöhnlich lebendigen Dorfvereins, der einmal sogar bundesweite Berühmtheit erlangte.

50 Jahre ohne Meisterschale – als Fan manchen Bundesligavereins muss man hart im Nehmen sein. Auch bei der TuS Mündelheim hat es in dieser Zeit nie zu großen sportlichen Erfolgen gereicht. Doch das stört die Blau-Weißen nicht. Denn in den 50 Jahren seines Bestehens, die der Verein in diesem Jahr feiert, haben die Mitglieder vor allem Engagement und Ideenreichtum bewiesen. Über die Geschichte eines außergewöhnlich lebendigen Dorfvereins.

Seine Ursprünge hatte der Verein eigentlich schon vor etwa 100 Jahren, weiß der aktuelle 1. Vorsitzende, Rainer Stolzenberg. Zu dieser Zeit gab es mehrere Vorgängervereine im Dorf, wie den TV Gutheil oder die Deutsche Jugendkraft Mündelheim, die sich im Fußballsport erprobte. „Daraus ging der Nachfolgeverein Blau-Weiß Mündelheim hervor, der aber so kurz bestand, dass es kaum Aufzeichnungen darüber gibt“, berichtet Stolzenberg.

Die TuS Mündelheim begann mit zwei rostigen Toren

Ende der 60er Jahre waren es aber genau diese Blau-Weißen um Herbert Huben und Helmut Paschen, damals Geschäftsführer des Bürgervereins, die den Mündelheimern eine Möglichkeit bieten wollten, Sport zu treiben. Zur Gründungsversammlung am 31. Januar 1970 kamen 40 Menschen zusammen und beschlossen, gemeinsam Fußball und Tischtennis zu spielen sowie zu turnen.

Zwei rostige Tore und sonst nicht viel: So sah der Fußballplatz vor der Gründung der TuS Mündelheim aus.
Zwei rostige Tore und sonst nicht viel: So sah der Fußballplatz vor der Gründung der TuS Mündelheim aus. © TuS Mündelheim

Doch standen sie zunächst vor vielen Problemen: „Es gab weder geeignete Sportstätten, noch das Geld dafür. Auf dem alten Sportplatz fanden sie eine total verwahrloste Anlage mit zwei rostigen Toren vor“, sagt Stolzenberg. Ehrenamtlich und aus eigener Tasche möbelten die Mündelheimer den Platz inmitten der Felder am Rheinheimer Weg auf. Noch zum Ende des Gründungsjahres hatte der neue Verein 150 Mitglieder, ein Jahr später bereits doppelt so viele. Großen Anteil daran hat die Turnabteilung. „Die hatte bis zum neuen Jahrtausend stets mehr Mitglieder als die Fußballer und ist bis heute sowas wie der Einstieg in den Verein“, sagt Stolzenberg rückblickend.

Heute hat die TuS Mündelheim knapp 700 Mitglieder

1972 hat die Tennisabteilung Aufschlagsrecht und trägt dazu bei, dass die Mitgliederzahl bis 1975 auf 500 steigt. „1982 wurde dann ein Tennisclubhaus und 1986 eines für die Fußballer gebaut, vorher waren die in Containern untergebracht“, sagt Stolzenberg. „Auch hier wurde selbst Hand angelegt, ohne Zuschüsse seitens der Stadt.“ 1996 stieg die Mitgliederzahl auf über 800, heute sind es etwa 685.

2012 stiegen die Fußballer in die Bezirksliga auf. 
2012 stiegen die Fußballer in die Bezirksliga auf.  © TuS Mündelheim

Sportliche Erfolge gibt es natürlich nur auf Kreisebene. Zwar ist man an der nach dem Vereinsmitbegründer benannten Herbert-Huben-Kampfbahn stolz auf seine Fußballer, die 2012 in die Bezirksliga aufstiegen, stolz auf die Tennis-Senioren, die sich 2009 gegen Lokalrivalen aus dem Duisburger Süden durchsetzten und den Eichenschild-Pokal gewannen – bis heute zum einzigen Mal. Und auf die Tischtennis-Mannschaft, die sich erstmals seit 26 Jahren wieder für die Meisterschaft anmeldete und prompt zum Aufstiegskandidaten wurde. Heraus aber sticht das Engagement aller TuS-Mitglieder.

Herbert-Huben-Kampfbahn wird zum Mittelpunkt des Dorfes

Als es in Deutschland zu Beginn der 90er Jahre vermehrt zu Brandanschlägen und ausländerfeindlichen Pogromen kommt, organisieren die Blau-Weißen 1993 kurzerhand ein Solidaritätsturnier. „Die teilnehmenden Mannschaften kamen aus der Region und hatten alle Migrationshintergrund. Die Einnahmen wurden gespendet. Da haben Medien aus ganz Deutschland drüber berichtet“, erinnert sich Stolzenberg, der selbst dabei war. In den 2000er Jahren wurde der Platz immer mehr zum Mittelpunkt des Dorfes, als am Rheinheimer Weg der Konzertabend „Rock am Platz“, der herbstliche „Hüttenzauber“ und das jährliche Osterfeuer stattfanden.

Rainer Stolzenberg konnte sich „nie vorstellen, so ein Amt zu übernehmen“ – jetzt ist er 1. Vorsitzender der TuS Mündelheim.
Rainer Stolzenberg konnte sich „nie vorstellen, so ein Amt zu übernehmen“ – jetzt ist er 1. Vorsitzender der TuS Mündelheim. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Vor fünf Jahren lockte der Verein erneut überregionale Berichterstatter an die Mündelheimer Rheinwiesen: Um den Bau seines Kunstrasenplatzes zu finanzieren, organisierte die TuS einen Verkauf von Sammelbildern ihrer Fußballspieler, inklusive Album. „Wir haben Tauschbörsen veranstaltet, zu denen Leute aus Süddeutschland kamen, die so ein Album haben wollten – es war rappelvoll. Das haben wir alles selbst gemacht, die Fotos, den Druck, das Verpacken in die Tüten“, sagt Stolzenberg auch heute nicht ohne Stolz.

Wer einmal kommt, der geht nicht wieder

„Das ist, was den Verein auszeichnet: Der unglaubliche Ideenreichtum seiner Mitglieder, die Bereitschaft, sich zu beteiligen, die gegenseitige Hilfsbereitschaft“, schwärmt er. „Wer einmal kommt, der geht nicht wieder. Ich selbst komme aus Krefeld und habe hier mal angefangen, Fußball zu spielen. Jetzt bin ich Vorsitzender, obwohl ich mir nie hätte vorstellen können, ein solches Amt zu übernehmen. Aber mir ist der Verein ans Herz gewachsen.“

<< WEGEN CORONA: TUS-JUBILÄUM FÄLLT ANDERS AUS

  • „Eigentlich“ hat das Potenzial zum Wort des Jahres im Corona-Jahr 2020. Denn die TuS Mündelheim wollte in diesem Jahr ihr Jubiläum feiern – eigentlich. Seine Festivitäten hat der Verein auf die kommende Saison verschoben.
  • „Natürlich haben wir uns das alles anders vorgestellt“, räumt der 1. Vorsitzende Rainer Stolzenberg ein. „Dabei hat das Jubiläumsjahr so schön begonnen: Am Gründungstag des Vereins, am 31. Januar, haben wir einen Gottesdienst in der Kirche veranstaltet. Die haben wir ins Vereinsfarben geschmückt, am Ende kamen so viele Leute wie sonst an Weihnachten“, erinnert er sich.
  • Dann kündigte sich das Pech allmählich an. Schon die Teilnahme am Sermer Karnevalszug, die erstmalig mit dem Jubiläum einherging, musste wegen eines Sturms ausfallen. Dann brach das Virus in Duisburg aus. „Wir hatten insgesamt neun Veranstaltungen über das Jahr geplant, alle nach einer sportlichen Aktivität benannt. Auch am Drachenbootrennen wollten wir teilnehmen, das wird nun nichts“, bedauert Stolzenberg.
  • Im Mai sagte der Verein auch die übrigen Jubiläums-Veranstaltungen bis zum Jahresende ab.„Aber 50 Jahre TuS, das wollen und werden wir mit unseren Familien, Freunden und Förderern feiern. Dann eben im nächsten Jahr als 50 und ein Jahr TuS.“