Duisburg. Ein Einkaufswagen pro Haushalt – so ist die Regel im Supermarkt. Ein Wachmann vor einem Lidl in Duisburg sah das für ein schwules Ehepaar anders.
Es ist Mittwochnachmittag, Franz M. und sein Ehemann möchten in einer Lidl-Filiale in Duisburg-Hamborn einkaufen. Sie greifen zum Mund-Nase-Schutz und nur einem Einkaufwagen – so wie es Lidl für einen Haushalt vorschreibt. Doch schon vor dem Eingang signalisiert ein Wachmann: Das homosexuelle Ehepaar darf den Laden so nicht betreten.
„Wir brauchen zwei Einkaufswagen“, soll das Sicherheitspersonal zu Franz M. und seinem Gatten gesagt haben. Auch die Antwort, „wir sind verheiratet“, änderte die Haltung des Wachmanns nicht. Schließlich könne jeder behaupten, verheiratet zu sein.
Paar spricht von Diskriminierung – Diskussion entbrennt
Während in dieser Zeit laut Angaben des Paares andere Familien die Filiale an der Duisburger Straße mit nur einem Einkaufswagen betreten dürfen, müssen die Oberhausener zunächst im Eingangsbereich warten. Weil sie die Ungleichbehandlung nicht akzeptieren wollen und von Diskriminierung sprechen, entbrennt eine Diskussion.
Sie forderten die Filialleitung zur Klärung. „Der stellvertretende Filialleiter war sehr um Deeskalation und eine Entschuldigung bemüht“, soll den Wachmann ebenfalls aufgefordert haben, sich für sein Verhalten bei den Kunden zu entschuldigen. „Das hat er nicht getan.“
Letztlich durfte das Paar den Laden mit nur einem Einkaufswagen betreten – auch wenn ihnen von Seiten eines Lidl-Mitarbeiters, der die Situation mit dem Wachmann beobachtet hatte, schnell signalisiert wurde, „dass wir so schnell wie möglich den Laden wieder verlassen sollen.“
Homosexuelle berichten im Internet von negativen Alltagserfahrungen
In Hinblick auf die aktuelle Diskriminierungsdebatte entschied sich das Paar, den Vorfall auf dem sozialen Netzwerk Facebook öffentlich zu machen. Schnell mehrten sich die Kommentare. Das Urteil vieler User ist dabei deutlich: „peinlich und beschämend“, „unfassbar sowas“, „meine Güte, und das im 21. Jahrhundert...“. Andere homosexuelle Paare berichten in den Kommentaren von anderen intoleranten Alltagserfahrungen.
So schreibt etwa ein Homosexueller, dass er „aus Angst vor dummen Kommentaren“ in der Öffentlichkeit keine Zuneigung zu seinem Partner zeigt. Für viele Paare mit abweichender sexueller Identität seien solche und andere negative Erfahrungen „Alltag“.
„In jungen Jahren haben wir viele solcher Situationen erlebt“, sagt auch Franz M.. Jetzt, mit Mitte 50, fühlt sich der Inhaber eines Duisburger Handwerksunternehmen in seinem direkten Umfeld von viel Toleranz umgeben. Doch dieses „Glück“ habe nicht jeder und gelte nicht überall.
So reagiert Lidl auf den Vorfall
Wie die Lidl-Pressestelle auf Nachfrage der Redaktion mitteilt, stehe das Unternehmen für die Gleichbehandlung aller Menschen, unabhängig von Alter, Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Geschlecht oder sexueller Orientierung. „Deshalb tut es uns leid, dass unseren Kunden die von Ihnen beschriebenen Unannehmlichkeiten vor ihrem Einkauf entstanden sind.“
Aufgrund der aktuellen behördlichen Anordnung in Nordrhein-Westfalen achten die Kundenbetreuer darauf, dass jeder Kunde einen Einkaufswagen als einfache Hilfe zur Abstandseinhaltung nutzt. Familien und Bewohner eines gemeinsamen Haushalts dürfen aber „selbstverständlich“ einen Einkaufswagen benutzen. Den Vorfall möchte das Unternehmen zum Anlass nehmen, „die Kundenbetreuer erneut zu diesem Thema zu sensibilisieren.“