Duisburg. Eltern berichten über ihr Leben in der Corona-Krise zwischen Kinderbetreuung und Job. Und warum sie sich trotzdem auf die Kita-Öffnung freuen.
Sie lag im Wochenbett, als die Corona-Pandemie Deutschland lahmlegte und auch die Kita in Duisburg-Neumühl schloss. „Da ist meine kleine Welt zusammengebrochen“, gesteht Lara Rebitzer. Wie sollte sie den fünfjährigen Sohn ganze Tage bespaßen mit einem Neugeborenen auf dem Arm?
Die ersten Wochen liefen rund dank ihrer Frau Jasmin, die einen Monat Elternzeit daheim verbrachte. Und weil die beiden in der Not ihre eigene Mini-Kita gründete: „Wir haben uns Erzieher genannt, den Tag pünktlich mit einem Sitzkreis begonnen und nach Plan gebastelt, gegessen, draußen gespielt - und Ruhezeiten mit Hörspielen eingeführt“, erzählt Rebitzer.
Coronaflitterwochen für Bruder und Schwester
Damit ist die Regenbogenfamilie so gut gefahren, dass sie die Zeit im Nachhinein als „Coronaflitterwochen“ für Celin und seine kleine Schwester Melinda bezeichnet, weil die Beziehung zwischen den beiden wachsen konnte.
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Es war aber nicht alles rosig: „Im Haushalt habe ich tagsüber gar nichts geschafft - und Homeoffice wäre undenkbar gewesen“, sagt Lara Rebitzer. Für die Hebamme, die aktuell in Elternzeit ist, wäre es wohl auch kein sinnvolles Modell. Und: Der Corona-Koller ist irgendwann trotzdem gekommen. Bei Mutter und Kind. „Ich habe nach einigen Wochen gemerkt, dass ich mit meinen Kräften eigentlich am Ende bin“, gesteht die 28-Jährige. Umso mehr blickt sie hoffnungsvoll auf den 8. Juni, wenn die Kita endlich wieder für ihren Sohn da ist.
Fünfjähriger redet wie ein Erwachsener
Der fortwährende Umgang mit Erwachsenen hinterließ Spuren bei dem Fünfjährigen. „Er redet schon fast wie ein Erwachsener, er braucht Kontakt zu Jüngeren!“ Bei den ersten Begegnungen mit anderen Kindern auf dem Spielplatz war Celin regelrecht distanziert, berichtet Lara Rebitzer. Bei einer noch längeren sozialen Isolierung würde sie Spätfolgen befürchten.
In Geduld muss sich die Familie auch in Sachen Familienrecht üben. Denn Jasmin Rebitzer muss die Tochter ihrer Frau adoptieren, damit vor dem Gesetz anerkannt ist, was die vier ohnehin leben. Vor dem Gerichtstermin muss das Jugendamt einen Hausbesuch machen, und das könnte noch dauern. „Für uns als Regenbogenfamilie ist das wichtig“, betont Rebitzer. Die Sorge, sich zu infizieren, ist groß, weil Sorge- und Erbrecht noch nicht gerichtsfest sind. Immerhin: „Die Sachbearbeiterin vom Jugendamt hat uns Mut gemacht.“ Ein Testament gab zusätzliche Sicherheit.
Eltern wechseln sich mit Homeoffice und Bürotagen ab
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20 Kilometer weiter südlich jongliert sich Familie Hagemeister durch den Tag. Sohn Oskar ist zwei Jahre alt und in einer normalen Welt bei einer Tagesmutter. Mama Jasmin arbeitet nahezu Vollzeit als IT-Projektmanagerin, Papa Patrick als Entwickler in einer Internet-Agentur. Beide haben sich abgewechselt mit Präsenztagen im Büro und dem Homeoffice in Rahm, „das hat megagut geklappt“.
Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass manche Arbeitgeber die Gleichzeitigkeit von Kinderbetreuung und Schreibtischjob nicht so gern sehen. „Bei kleineren Kindern lässt man schneller den Stift fallen“, gesteht Patrick Hagemeister. Wieviel er am Ende eines Tages wirklich gearbeitet hat und wie oft Oskar auf dem Schoß saß, das sei schwer zu sagen, findet der 40-Jährige. Um was zu schaffen, saß er schon morgens um 6 am Computer - und abends oft noch mal.
Telefonate auf dem Spielplatz
Seine Frau verlegte nach den ersten Lockerungen Telefonate gern an den Spielplatz, auch wenn man „nicht hundert Prozent konzentriert ist“. Oskar habe es ihnen leicht gemacht, er sei pflegeleicht, könne sich schon gut selbst beschäftigen. Deshalb sorgen sie sich auch nicht, wenn es mit der Betreuung wieder los geht. Er brauche keine neue Eingewöhnung, sind die beiden sicher.
Jasmin Hagemeister erlebt im Kollegen- und Freundeskreis viel Gemecker, „jeder sucht das Schlechte, statt das Gute zu sehen“. Sie sagt das in dem Wissen, dass jede Familie ihre eigenen Herausforderungen hat und ihre eigene Familie mit sicheren Berufen und genug Wohnraum privilegiert ist.
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Die 35-Jährige plädiert, den Fokus mehr auf das Schöne zu legen. Denn für sie war es bei allem Stress auch schön: „Toll, noch mal so viel Zeit mit dem Kind zu verbringen wie in der Elternzeit“, schwärmt ihr Mann. „Toll auch, mit dem Partner so viel Zeit zu verbringen“, ergänzt die Frau an seiner Seite. Dafür, dass er sich anfangs Sorgen gemacht hatte, habe es „spektakulär gut geklappt“. Und ein zweites Kind ist für die beiden weiterhin denkbar.
Die beiden Familien haben sich nach einem Aufruf in der Facebook-Gruppe „Mütter in Duisburg“ gemeldet.