Duisburg. Wer an einem „weißen Flecken“ der Internet-Versorgung in Duisburg lebt, ist in Corona-Zeiten besonders genervt. Der Ausbau kommt nicht voran.
Rund 4,5 Prozent der Duisburger leben in Stadtquartieren, in denen die Internet-Übertragungsgeschwindigkeit unter 30 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) liegt. In der Corona-Krise wird das für viele der etwa 22.500 Bürger (4,7 Prozent der Haushalte) zu einer besonderen Belastung. Dabei stehen seit Ende 2017 Fördergelder von Bund und Land in Höhe von 18 Millionen Euro für den Breitband-Ausbau nach dem so genannten „Wirtschaftlichkeitslücken-Modell“ zur Verfügung. Doch die Ausschreibungsverfahren kommen nicht voran.
Der Ortsteil Winkelhausen im Norden von Rheinhausen ist ein schönes Fleckchen Duisburg. Doch wer hier, zwischen dem Gewerbegebiet Asterlagen und der Moerser Stadtgrenze lebt, kann auch Rauchzeichen senden, statt Daten über das Internet zu verschicken. Es kommt aufs Gleiche heraus. Seit Wochen sitzen nun auch viele Winkelhauser im Homeoffice und sind von der digitalen Außenwelt abgeschnitten. Von der „SmartCity Duisburg“, die Stadtdirektor Martin Murrack ausgerufen hat, fühlen sie sich Lichtjahre entfernt.
Duisburg: Digitaler Hürdenlauf im Homeoffice
„Die Internetanbindung war hier schon vor der Corona-Krise entsetzlich, jedoch seit den letzten Wochen verschärfte sich die Situation noch mehr“, klagt Frank Broschinski. Seine Homeoffice-Arbeit für die Diakonie in Kaiserswerth gleicht einem digitalen Hürdenlauf. „Videokonferenzen und einige andere Anwendungen bei zwei bis drei MBit/s scheiden aus“, berichtet der Winkelhauser. Der Mobilfunk ist keine Alternative – auch dieses Netz ist im äußersten Nordwesten der Stadt zu dünn.
Die Kinder der Broschinskis lernen derzeit daheim. Die Zwillinge besuchen die 6. Klasse, sollen Aufgaben über das Netz erhalten und dort Informationen recherchieren, Videos anschauen und an Konferenzen mit ihren Lehrern teilnehmen. Gleichzeitig können die Familienmitglieder das lahme Netz nicht nutzen. „Wir müssen deshalb einen detaillierten Zeitplan einhalten“, berichtet Broschinski. Bildungsgerechtigkeit sieht anders aus, findet der Familienvater: „Es ist ein Unding, dass gerade die Kinder von digitalen Lerninhalten ausgeschlossen werden. Wenn die ganze Vergabe und auch der anschließende Ausbau weiterhin so schleppend verläuft, haben Anna und Jonas eher das Abitur, als dass wir eine Breitbandanbindung erhalten.“
Breitband-Ausbau soll noch bis Ende 2024 dauern
Diese pessimistische Prognose ist wohl nicht so weit weg von der Realität: „Das Projekt zur Behebung der weißen Flecken, die sich verteilt über das gesamte Stadtgebiet von Duisburg erstrecken, soll laut vorläufiger Realisierungsplanung bis Ende 2024 durchgeführt werden“, teilt Stadtsprecher Peter Hilbrands für die Stabsstelle Digitalisierung mit, die zuständig für den Breitband-Ausbau des Duisburger Netzes ist. Winkelhausen sei eines der Gebiete „mit suboptimaler Breitbandversorgung“, räumt Hilbrands ein. Das jahrelange Verfahren mit Ausschreibungen, Vergaben und Beauftragungen des Ausbaus sei allerdings „kein spezifisches Duisburger Problem“.
Auch interessant
Die Winkelhauser wie Frank Broschinski hören das mit Erstaunen. Er erlebt gleichzeitig, wie in Duisburger Nachbarstädten, wo sein Arbeitgeber Einrichtungen betreibt, der Ausbau bereits in vollem Gange ist. „Moers und Kamp-Lintfort erhielten ebenfalls zum gleichen Zeitpunkt wie Duisburg die Förderzusage, hier baut seit Anfang des Jahres 2020 die Telekom aus“, so der Familienvater, „mir ist absolut unverständlich warum es seit 2018 nicht möglich ist einen Auftrag zu vergeben“.
Wirtschaftlichkeitslücken-Modell: Der lange Weg zur Umsetzung
Dort, wo der flächendeckende Ausbau der Breitband-Versorgung für die Netzbetreiber nicht luktrativ ist, fördern Bund und Land die Internet-Aufrüstung durch das so genannte Wirtschaftlichkeitslücken-Modell.Im Gegenzug verpflichtet sich der Netzbetreiber für mindestens sieben Jahre zur Durchführung und Aufrechterhaltung des Netzbetriebs.
Anfang 2017 führte die Stadt Duisburg ein Markterkundungs- und Interessenbekundungsverfahren durch. Nachdem sich zwei Betreiber gemeldet hatten, wurden 18 Millionen Euro Fördermittel beantragt und Ende 2017 genehmigt. An der europaweiten Ausschreibung im Mai 2018 beteiligten sich zwei Dienstleister, die nach Verhandlungsgesprächen im September 2018 zur Abgabe endgültiger Angebote aufgefordert wurden.
Nur eines sei eingegangen und das habe nicht den Anforderungen der Ausschreibung entsprochen, so die Stadt, die deshalb das Verfahren im Oktober 2018 aufhob und als „Verhandlungsverfahren ohne Teilnahme-Wettbewerb“ erneut ausschrieb. Der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots kam von zwei Telekom-Anbietern nur einer bis November 2018 frist- und formgerecht nach.
Seit über zwei Jahren geht es nun nicht voran, Schuld daran sei der Dienstleister, so die Stadtverwaltung: „Die konkrete Vertragsgestaltung geht nur langsam voran, da wesentliche durch den Auftragnehmer zu liefernde Daten, die zur Erlangung des endgültigen Förderbescheids notwendig sind, noch nicht geliefert wurden.“ Außerdem seien Änderungsanträge zum Vergabeverfahren für die Fördermitteln notwendig geworden. Erst nachdem der endgültige Förderbescheid durch Bund und Länder vorliegt, erfolge der Auftrag für den Ausbau. Immerhin: Ein Verfall der Fördergelder, den die Winkelhauser fürchten, drohe nicht, hat der Breitband-Koordinator der Stabsstelle Digitalisierung, Ulrich Suske, ihnen versichert: „Die Mittel sind weiterhin gebunden.“