Duisburg. Weil gute Vorbereitung nicht möglich sei, sollten Abitur-Prüfungen freiwillig sein, findet der Duisburger Schülersprecher Alexandros Chatziliadis.

In Nordrhein-Westfalen protestieren viele Schüler gegen die geplante Durchführung des Abiturs. Alexandros Chatziliadis (17) ist Schülersprecher des Landfermann-Gymnasiums und fordert freiwillige Prüfungen. Es sei nicht möglich, sich während der Pandemie auf die Abi-Prüfungen vorzubereiten.

Wie denken die Abiturienten des Landfermann-Gymnasiums über die anstehenden Prüfungen?

Alexandros Chatziliadis: Stand jetzt sollen die Prüfungen ab dem 12. Mai beginnen. Ich persönlich bin mir gar nicht mal sicher, ob das passieren wird. Am Landfermann-Gymnasium sind viele Abiturienten dagegen. Reguläre Prüfungen sind durch die Pandemie einfach nicht zumutbar – und gerecht wären sie auch nicht: Wir haben einen Monat Unterricht verloren, nicht nur zur Wiederholung, sondern auch für die Dinge, die uns noch fehlen. Über die Qualität des selbst erarbeiteten Stoffes kann ich nichts sagen, über die Quantität des ausgefallenen Unterrichts aber schon.

Wie lief die Abiturvorbereitung daheim?

Wir haben uns viel selbst erarbeiten müssen, weil wir manche Themen im Unterricht noch nicht hatten. Das hat ganz gut funktioniert. Die Phasen, in denen wir von den Lehrern dann wieder Aufgaben bekamen, waren dafür umso härter. Oft gab es Online-Konferenzen, in denen wir Fragen stellen konnten. Die fanden aber alle zur gleichen Zeit statt, da musste man priorisieren. Ich werfe den Lehrern aber gar nichts vor, die sind mit Herzblut dabei, uns zu unterstützen und wurden genauso wie wir ins kalte Wasser geworfen. Die hatten ja auch Pläne, wie sie den ausstehenden Unterricht gestalten wollen. https://www.waz.de/staedte/duisburg/coronavirus-kippt-auch-mottowoche-an-duisburger-gymnasien-id228810971.html

In welchen Situationen fanden sich die Schüler während des Lernens zu Hause wieder?

Bei mir ging neulich der Laptop kaputt, das hat die Situation zusätzlich schwierig gemacht. Aber allgemein: Nur weil die Schulen und Kitas zu sind, heißt das ja nicht, dass alle Eltern zu Hause bleiben können. Viele Schüler müssen tatsächlich auf ihre Geschwister aufpassen. Die haben einfach nicht die nötige Ruhe. Einige gehören ja auch zur Risikogruppe und haben Angst, sich mit Covid-19 zu infizieren, wenn sie vor die Tür gehen. Auch deshalb wäre eine faire Prüfung nicht gewährleistet.

Beteiligen sich Schüler des Landfermanns an Protesten?

Ja, sie haben Petitionen unterschrieben oder tun in den sozialen Medien ihre Meinung kund. Eine Mitschülerin von uns hat auf Instagram sogar dazu aufgerufen, die Prüfungen zu boykottieren, um ein Zeichen zu setzen. Uns wäre es lieber, den Notendurchschnitt aus den vergangenen beiden Schuljahren als Abiturnote zu nehmen. Die Prüfungen sollten freiwillig sein, damit die, die ihre Note verbessern wollen, noch die Möglichkeit dazu haben. Manche Schüler sind auf einen guten NC an den Unis angewiesen, das wäre einfach nicht gerecht. https://www.waz.de/staedte/duisburg/coronavirus-duisburger-lehrer-machen-unterricht-online-id228729823.html

Profitieren leistungsschwache Schüler nicht davon, wenn die Prüfungen freiwillig wären?

Natürlich, aber solche Schüler gibt es in jedem Jahrgang. Da wäre aber der Großteil der Schüler zu berücksichtigen, der darunter leidet, sich nicht normal auf das Abitur vorbereiten zu können. Die Politik setzt sich einfach über Schülerinteressen hinweg – die sind nicht direkt davon betroffen, in den Unterricht gehen zu müssen und können das nicht nachvollziehen. Ein Argument der Landesregierung ist ja die fehlende Vergleichbarkeit zu anderen Bundesländern, wenn es keine Abschlussprüfungen gäbe. Das ist aber Unsinn: Die Schüle in Rheinland-Pfalz beispielsweise konnten sich normal vorbereiten, weil sie früher schreiben als die in NRW. Das ist schon dreist.

Hilft es den Schülern, dass sie ab dem 23. April wieder zum Unterricht kommen können?

Es ist schon merkwürdig, dass die Schulen geöffnet werden sollen, bevor überhaupt klar ist, welche Hygienemaßnahmen ergriffen werden. Wenn wir ab dem 23. April wieder Unterricht haben, ist das nur jeweils eine Doppelstunde pro Fach, um Fragen zu stellen. Und wenn die Schule ab dem 4. Mai wieder aufmacht, müssen wir daheim bleiben. Das ist doch Unsinn.

Wie geht es mit der Mottowoche und dem Abiball weiter?

Da haben wir keine großen Hoffnungen, der Abiball wird wohl ausfallen, wenn Großveranstaltungen verboten bleiben. Wir wollen ihn aber irgendwann nachholen. Genauso wenig wollen wir aber dazu beitragen, dass Corona sich ausbreitet. Mit der Mottowoche ist es ähnlich, die Enttäuschung ist sehr sehr groß. Wir haben zwölf Jahre auf das Ende unserer Schulzeit und dieses Abschluss-Event hingearbeitet und dann kam der letzte Schultag und wir wussten es nicht mal. Wir konnten uns nicht von unseren Freunden und Lehrern verabschieden.