Duisburg. Ein Duisburger Obdachlosen-Verein beklagt in der Coronakrise fehlende Unterstützung. Leiterin fordert, Duschen von Hallenbädern zu öffnen.
„Für die Menschen auf der Straße ist die Coronakrise die Hölle“, sagt Ela Bexte, die den Obdachlosen-Verein "Herzenswärme" leitet. Zwei Mal in der Woche verteilen sie und ihr Team frisch zubereite Speisen an jeweils etwa 50 Menschen am Schäferturm der Duisburger Innenstadt. „Die Stadt vergisst die Obdachlosen komplett“, kritisiert sie.
Wenn nicht Vereine einspringen und Essen an die Menschen auf der Straße verteilen würden, was bliebe den Obdachlosen dann?, fragt Bexte. Sie könne nicht verstehen, warum die Stadt Essensausgaben wie die der "Tafel" oder der Initiative "Bürger für Bürger" einschränke.
Zwar habe die "Tafel" einen Lieferservice für Bedürftige eingerichtet , doch Obdachlose helfe das nicht. Sie werden nicht beliefert. "Wie auch? Obdachlose haben ja keine Adresse." Bexte bemängelt, dass die Stadt ihren Verein nicht klar über Corona-Vorschriften informiert hat. "An einem Tag wurde uns gesagt, wir dürfen kein Essen mehr verteilen, am nächsten Tag war es doch wieder unter strengen Regeln erlaubt."
Duisburg: Der Verein Herzenswärme beklagt mangelnde Hilfe durch die Stadt Duisburg für Obdachlose
Vier Mal in der Woche verteilen Ehrenamtlichen derzeit warme Mahlzeiten an Obdachlose in Duisburg und täglich gibt der Verein "Muddi hilft" ein Frühstück aus. Aber weil die Speisen nur noch zum Mitnehmen angeboten werden dürfen, müssen die Ehrenamtlichen mehr Geld für Verpackungen zahlen. Finanzielle Unterstützung von der Stadt gebe es dabei laut Ela Bexte nicht. "Die unterstützten uns trotzdem mit keinem Cent."
Zur Zeit gibt es für Obdachlose zudem in der Öffentlichkeit kaum Orte, wo sie sich duschen oder Kleidung waschen können. "Sanitäre Einrichtungen sind geschlossen und nicht einmal im Suchthilfezentrum gibt es eine Dusche für Obdachlose." In der Innenstadt leben Bextes Schätzung nach 60 Obdachlose, in ganz Duisburg über 300. Zu viele für das geringe Angebot an Waschräumen, findet sie.
Deswegen fordert Bexte, dass Duschen in Hallenbädern, die wegen Corona sowieso ungenutzt sind, für Obdachlose geöffnet werden. "Hallenbäder müssen jetzt aufmachen." Obdachlose, das ist die "vergessene Gesellschaft", fasst Bexte die Lage zusammen.
Notfallpaket der NRW-Landesregierung
NRW hat kürzlich ein Corona-Notfallpaket in Höhe von 500.000 Euro für Obdachlose beschlossen. Die Mitarbeiter der Vereine sollen von dem Geld unter anderem Lebensmittel-Gutscheine, Prepaid-Karten, Kleidung, Kosmetik und Desinfektionsmittel verteilen. Bexte hält die Summe für zu gering. "Die ist ein Witz."
Für sie hat die Maßnahme nur Feigenblattfunktion. "Die wissen, da ist was schief gelaufen. Jetzt wollen sie uns besänftigen." Zudem ist die Reglung nicht zielführend: "Was sollen sie mit Seife, wenn sie nirgendwo fließendes Wasser bekommen?"
Positiv sieht sie aber die Idee der Lebensmittel-Gutscheine. "So könnten sich Obdachlose wieder selbstständig grundversorgen." Dennoch erwartet sie eine Verschlechterung der Lage. "Die Luft wird dünner für Obdachlose."
Öffnung der Hallenbäder kommt für Stadt nicht in Frage
Eine Stadtsprecherin weist die Anschuldigungen zurück. Die Stadt vergesse Obdachlose während der Pandemie nicht: "Unser trägerübergreifendes Hilfesystem funktioniert auch in Krisenzeiten weiter." Auf die Frage, wie Politiker in Duisburg Obdachlosen derzeit helfe, teilt ein Sprecher mit: "Die Notübernachtungsplätze für hilfesuchender Personen werden weiterhin betrieben."
Allerdings sei es vom Willen der Betroffenen abhängig, ob sie eine Unterkunft aufsuchen. Würden sich sich dagegen entscheiden, dann "nehmen sie bewusst und gewollt die Einschränkungen und Nachteile des Lebens auf der Straße in Kauf."
Für die Stadtpolitiker kommt eine Öffnung der Duschen der Duisburger Hallenbäder "nicht in Betracht". Grund: "Die Dusch- und Sanitärbereiche sind baulich nicht von den sonstigen Bereichen getrennt."