Duisburg. Klaus van Geffen kam mit blauen Flecken aus der Kurzzeitpflege in einem Duisburger Altenheim. Mehrere Stellen helfen, wenn es in der Pflege hakt.

Es tut schon weh, wenn man es sieht: Dunkelblaue Flecke ziehen sich über den gesamten Po, rote, wunde Stellen sind ebenfalls zu sehen. Das Bild hat Heidrun van Geffen gemacht. Es zeigt den Zustand ihres Mannes Klaus, nachdem sie ihn vorzeitig aus der Kurzzeitpflege eines Duisburger Altenheimes abgeholt hat.

Pflegegrad 5 hat Klaus van Geffen, die höchst mögliche Stufe, die nur bei schwersten Beeinträchtigungen in der Selbstständigkeit vergeben wird. Heidrun van Geffen betreut ihren Mann, der geistig noch fit ist, mit Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes zu Hause. Er leidet an einer Polyneuropathie, also einer Nervenerkrankung, die Schmerzen und Gefühlsstörungen auslöst. Nur manchmal gönnt sich die Ehefrau eine Auszeit, dann kommt der 78-Jährige in die Kurzzeitpflege.

Erholung von der häuslichen Pflege

Dieses Jahr verhinderte die Coronakrise den Skiurlaub. Die 72-Jährige hielt dennoch an der Buchung der Pflege fest, ein bisschen Erholung ohne nächtliche Hilfe und Handreichungen wollte sie zuhause genießen. Jetzt plagt sie das schlechte Gewissen, denn "er muss wirklich gelitten haben".

Heidrun van Geffen brachte ihren Mann nebst elektrisch aufblasbarer Dekubitusmatratze per Rollstuhl-Taxi ins Heim. Erst vor Ort erfuhr sie, dass sie ihn wegen der Corona-Schutzmaßnahmen nicht aufs Zimmer begleiten durfte. Im Telefonat am nächsten Tag berichtete ihr Mann, dass man ihn "eine ganze Nacht im feuchten Bett liegen ließ, die Nachtklingel nicht funktionierte und die Matratze keine Luft hatte".

Nachtklingel mit Wackelkontakt

So unglaublich war das, was van Geffen hörte, dass sie zugunsten der Schwestern glaubte, ihr Mann habe das alles geträumt. Eine Schwester, die sie erreichte, habe sich aber sofort entschuldigt und bestätigt, dass sie Klaus van Geffen so wie beschrieben morgens vorfand. Die Klingel habe einen Wackelkontakt, die Matratze sei defekt.

Die Berichte ihres Mannes wurden in den darauffolgenden Tagen nicht besser. Daheim sitzt er einige Stunden am Tag aufrecht im Rollstuhl, kann so am Frühstück teilhaben. Im Altenheim habe er nur gelegen, auch die Mahlzeiten so eingenommen.

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Nach einer Woche holte Heidrun van Geffen ihren Mann vorzeitig ab. Sie betont, dass den Pflegekräften, die mit ihr ihre alltäglichen Lasten teilen und die Beschwerden ihres Mannes lindern helfen, ihr tiefster Dank gilt. Was das Altenheim betrifft, will sie jedoch "dringend davon abraten, geliebte Menschen dort unterzubringen." Einen entsprechenden Brief richtete sie an den Spitzenverband der Krankenkassen MDS. Eine Anzeige, wie ihr Angehörige rieten, stellte sie jedoch nicht. Auch wenn es Klaus van Geffen sehr ärgert, dass das Haus seine Klagen abtut, als sei er "nicht ganz richtig im Kopf".

Altenheim sieht keine Fehlleistung

Das Altenheim selbst schreibt in einer Stellungnahme, dass die "Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner im Vordergrund" stehen würden und diese von den Vorstellungen der Angehörigen "enorm abweichen" können. Der Defekt der Bettschelle sei durch häufigere Visiten in der Nacht ausgeglichen worden, am nächsten Morgen sei sie repariert worden.
Die hauseigene Dokumentation habe keinerlei Anzeichen auf Dekubitus am Entlasstag notiert. Die Unzufriedenheit der Familie resultiere womöglich eher aus dem entgangenen Skiurlaub sowie dem Besuchsverbot als tatsächlichen pflegerischen Fehlleistungen.

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Da hier Aussage gegen Aussage steht, haben wir uns entschlossen, den Namen des Altenheims nicht zu nennen. Mit Rücksicht auf die hohe Belastung durch die Corona-Pandemie wollen wir niemandem zu Unrecht schaden. Unter anderen Umständen hätte es zwischen den Parteien womöglich eher ein klärendes Gespräch geben können. Es gibt aber Einrichtungen, die helfen, wenn es zu Unstimmigkeiten zwischen Pflegeheimen und Patienten kommt.

Rechtsberatung der Verbraucherzentrale NRW

Felicitas Bellendorf von der Verbraucherzentrale NRW erklärt, dass durch die Coronakrise und das Besuchsverbot Angehörige und Pflegende vor neue Herausforderungen gestellt würden. Vertrauen sei hier das höchste Gut. "Ich muss mich als Angehöriger auf alles verlassen, was mir erzählt wird, kann nichts selbst in Augenschein nehmen", beschreibt sie das Dilemma.

Auseinandersetzungen mit einem Pflegeheim seien immer schwer, weil bei Angehörigen oft ein schlechtes Gewissen mitschwingt. Schließlich seien sie diejenigen, die den Vater, den Ehemann "abgeschoben" haben. "Deshalb möchten sie umso mehr, dass derjenige gut versorgt ist."

Umzug in ein Heim als traumatische Situation

In besonderer Pflicht sieht Bellendorf hier die Einrichtungen. "Ihnen ist es vertraut, dass der Umzug in ein Heim eine traumatische Situation sein kann, die gut begleitet werden muss, das gehört zum professionellen Umgang dazu."

Aber auch den Angehörigen und Patienten rät sie, immer wieder das Gespräch zu suchen und sich nicht nur im stillen Kämmerlein zu ärgern. Manches Missverständnis könne so schnell ausgeräumt werden.

Die Verbraucherzentrale NRW bietet eine Rechtsberatung an. Außerdem informiert der Pflegewegweiser NRW über wichtige Ansprechpartner in der jeweiligen Stadt. Eine Hotline informiert kostenlos: Tel.: 0800/4040044 (Mo, Di, Mi, Fr 9 - 12 Uhr, Do 14 - 17 Uhr)

Was tun bei Problemen mit dem Pflegeheim?

Früher gab es die "Heimaufsicht", sie wurde durch die sogenannte WTG-Behörde ersetzt. WTG steht für Wohn- und Teilhabegesetz, damit sollen die Rechte von pflegebedürftigen, älteren oder behinderten Menschen geschützt werden.

Die WTG-Behörde in Duisburg gehört zum Amt für Soziales und Wohnen. Sie prüft regelmäßig die Betreuungseinrichtungen, geht aber auch Beschwerden nach oder moderiert bei Konflikten. Terminvereinbarungen sind telefonisch möglich: montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr, freitags von 8 bis 13 Uhr unter Tel.: 0203/94000 oder per Mail: wtg@stadt-duisburg.de