Duisburg. Fridays-for-Future-Aktivisten liefern in der Corona-Krise Lebensmittel an Duisburger Tafelkunden aus. Unterwegs mit den ehrenamtlichen Helfern.

Seit vergangener Woche liefert die Tafel Duisburg Essenspakete direkt vor die Haustüre der Bedürftigen. Denn zwei von drei Essensausgaben sind in diesen Zeiten geschlossen. Die Ansteckungsgefahr wäre zu groß – besonders für die Corona-Risikogruppe. Aktivisten von Fridays for Future unterstützen die Tafel bei dem neu eingerichteten Dienst. 80 Haushalte in Duisburg beliefert sie schon.

Brunhilde Schütze ist die erste Empfängerin an diesem Donnerstagnachmittag. Draußen ist es bewölkt, die Sonne kommt nur kurz raus. Die beiden Klima-Aktivisten Emelie Amberge (15) und Yannick Redweik (22) schleppen drei weiße Plastiktüten in den dritten Stock des Mehrfamilienhauses in Duisburg-Meiderich.

Aktivisten von Fridays for Future helfen der Tafel Duisburg

Schütze ist 65 Jahre alt und hat früher in einer Spielhalle gearbeitet. Sie teilt sich die Wohnung mit ihrem Sohn. Da er Ausbildungsgehalt bekommt, zieht das Arbeitsamt ihr 300 Euro vom Arbeitslosengeld ab. "Die Tafel hilft mir, Geld zu sparen", erklärt sie.

Die Corona-Krise macht ihr Angst. "Das ist wie im Krieg." Sie gehe kaum noch raus. Dass die Tafel jetzt liefert, findet sie "super". Was in den Tüten drin ist, sei immer eine Überraschung. Sie hofft auf frisches Gemüse und Obst: "Mein Gemüsefach ist fast leer, ich war ja lange nicht mehr draußen."

Was sie nicht sofort gebrauchen kann, friert sie ein. Sie hat Glück. In den Tüten sind Rettich, Kartoffeln und viel Obst. Lächelnd nimmt sie die Tüten und verabschiedet sich: „Bleiben Sie gesund!“

Amberge: "Was wir machen, ist überlebensnotwendig"

Ein paar Straßen weiter mit dem weißen Tafel-Lieferwagen. Ein Mann, der lieber anonym bleiben möchte, öffnet die Tür und sagt: "Das ist so wunderbar." Das Gesicht des 75-Jährigen strahlt vor Dankbarkeit. Der Mann in grauem Jogging-Anzug bückt sich und greift nach den drei weißen Plastiktüten, die gegen seinen Türrahmen lehnen. "Dann muss ich mich nicht zur Tafel quälen", sagt er.

Amberge und Redweik wickeln die Übergabe so schnell wie möglich ab. Sie klingeln, stellen die Tüten vor die Wohnungstüren, unterhalten sich kurz und sind wieder weg. Dabei halten sie Abstand von den Menschen und tragen Mundschutz und Einweghandschuhe. Corona-Vorschriften.

"Wir machen Menschen glücklich und retten Lebensmittel. Zwei Fliegen mit einer Klappe", erklärt der ehemalige BWL-Student Redweik, der schon viele Klima-Demos in Duisburg organisiert hat. Die Schülerin Amberge, die gerade "Corona-Ferien" hat, ergänzt: "Was wir machen, ist überlebensnotwendig. Viele haben kein Geld." Außerdem sei es wichtig, als Vorbild voranzugehen und nicht nur zu reden, sondern anzupacken.

Tafel glücklich über die Helfer von Fridays for future

Einige Tafel-Helfer gehören selbst zur Corona-Risikogruppe und fallen aus. Deswegen sei die Tafel sehr glücklich gewesen, als die Aktivisten von Fridays for Future ihre Hilfe angeboten hätten, sagt Redweik.

Etwa 25 Haushalte beliefert die Tafel pro Tag, auch Menschen ohne Tafelausweis. An fünf Tagen in der Woche fahren sie mit ihrem Lieferwagen zu den Bedürftigen. An jedem Tag ist die Tafel in einem anderen Stadtgebiet unterwegs.

Tafel-Chef: "Lieferdienst wird bleiben"

Günter Spikofski, Chef der Duisburger Tafel, will den neuen Lieferservice im jetzigen Ausmaß noch bis zum Ende der Corona-Krise beibehalten. Doch sobald das Infektionsrisiko zurückgehe, "kann man von den 60-Jährigen erwarten, dass sie wieder selbst das Essen holen." Nur sehr kranken Menschen wird die Tafel die Essenspakete weiterhin liefern.

Der nächste Empfänger, auch er will unerkannt bleiben, ist zu 50 Prozent schwerbehindert, wie er sagt und deswegen berufsunfähig. Die Tafel ist für ihn eine wichtige Stütze, seit drei Jahren geht er schon hin. "Dann kann ich mir den Schlüpper bei Kik auch mal für 5 Euro statt für 1,50 Euro leisten", sagt er. "Darum geht's."

Der Lieferservice sei angenehm. Bei der Essensausgabe sei es immer sehr voll. "Die Leute drängeln da." Teilweise sei es chaotisch. Auf der anderen Seite fehle ihm nun der Kontakt zu den Leuten bei der Tafel. „Ich vermisse die Gespräche.“

80 Tüten verteilen die Klima-Aktivisten an dem Tag

Redweik wendet ein, dass Risikopatienten nicht rausgehen sollten. "Gerade Sie mit ihren Vorerkrankungen." Aber man könne ja nicht immer nichts tun. "Sonst wirst du ja verrückt."

Dann guckt der Mann in die Tüte und sagt: „Erbsen! Die mische ich mir jetzt unter die Bratkartoffeln", und wünscht allen, gesund zu bleiben.

Doch da sind Amberge und Redweik schon auf dem Sprung: Von den 80 Tüten im Lieferwagen haben sie noch nicht alle verteilt. Es muss weitergehen.

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