Duisburg. Duisburger Reisebüros sind auf die Provisionen der Veranstalter angewiesen. Die fließen nur, wenn die Urlauber auch fliegen. Neuer Ärger droht.
Während sich einige Duisburger, die noch im Ausland festsitzen, nichts sehnlicher wünschen, als in die Heimat zurückzukehren, geht es für Özlem und Fatih Yangin aus Duissern gar nicht erst los. Ihre Traumreise nach Thailand wurde wegen Corona storniert. Das Ehepaar hofft nun, wenigstens das Geld wieder zu bekommen. Doch der Veranstalter bot den beiden bisher nur eine Umbuchung an. Auch Duisburger Reisebüros bringt die wegbrechende Urlaubssaison in Bedrängnis.
Duisburger Paar muss zu Hause bleiben
Auch interessant
„Wir haben schon Wochen vorher damit angefangen, die Koffer zu packen, weil wir uns so sehr auf die Reise gefreut haben. Es sollte ein Geschenk zum 40. Geburtstag meines Mannes sein“, sagt Özlem Yangin. Die Enttäuschung ist ihr anzumerken. Am kommenden Samstag sollte es von Frankfurt zunächst nach Hongkong gehen. Nach zwei Tagen in der Metropole am Perlflussdelta dann auf die thailändische Insel Phuket und von dort in das Touristen-Örtchen Khao Lak. Dann aber häuften sich Meldungen der Corona-Fälle – in Hongkong, in Europa, in Deutschland. „Wir haben schon damit gerechnet, dass die Reise storniert werden würde. Und selbst wenn wir hätten fliegen können, hätten wir als Deutsche sicherlich in Hongkong in Quarantäne gemusst“, vermutet Özlem Yangin. Nun wurde der Trip von Seiten des Reiseveranstalters „Cockpit Holidays“ abgesagt. Tags darauf kam zudem ein Schreiben, in dem dem Ehepaar eine Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt angeboten wurde. Auf Nachfrage möchte sich „Cockpit Holidays“ zu dem Fall allerdings nicht äußern.
Für das Paar kommt eine Umbuchung nicht in Frage. „Mein Mann ist Lehrer und an die Ferienzeiten gebunden. Außerdem kann uns doch niemand garantieren, dass das Unternehmen nicht in der Zwischenzeit Pleite geht“, sagt die enttäuschte Urlauberin. „Wir haben natürlich Widerspruch eingelegt und hoffen, die 3200 Euro zurückzubekommen. Für so einen Fall haben wir ja extra eine Pauschalreise gebucht. Wenn niemand reagiert, werden wir wohl zum Anwalt müssen.“ Nachvollziehen können die Duisserner die Absage dennoch: „Wir sind im Moment froh, zu Hause zu sein, schließlich wollen wir auch nicht im Ausland festsitzen.“
Reisebüro-Mitarbeiter verdienen nichts an Gutscheinen
Gebucht haben die beiden ihren Traumurlaub im Duisserner Reisebüro „Die Reiseinsel.“ Mitarbeiterin Chari Bautista kennt das Problem der verweigerten Rückerstattungen. Nebenbei muss sie um die eigene Existenz kämpfen. „Die Veranstalter tragen die Krise auf unserem Rücken aus – und brechen dabei geltendes Recht“, klagt sie und musste neulich sogar einen Soforthilfe-Antrag beim Land NRW stellen, der auch bewilligt wurde.
Auch interessant
Eigentlich seien die Unternehmen verpflichtet, den Kunden den Preis für die bereits bezahlte Reise zurückzuerstatten. „Stattdessen drängen sie uns, ihnen Gutscheine anzudrehen, damit sie das Geld behalten können. Die sind aber nur ein Jahr gültig, und wenn der Veranstalter oder das Reisebüro, über das gebucht wurde, Pleite gehen, verlieren die Kunden ihr Geld“, erklärt Bautista. Zwar zahlten alle Agenturen in einen Fond ein, durch den Betroffene im Falle einer Insolvenz entschädigt würden. „Darin sind aber bloß 110 Millionen Euro. Das reicht nicht, man hat es im vorigen Jahr ja bei Thomas Cook gesehen“, sagt sie.
Ein weiteres Problem: Die Reisebüros bekommen eine Provision für die Vermittlung des Urlaubs. Einige Anbieter, etwa FTI oder TUI, zahlen diese bereits, wenn die Kunden ihre Anzahlung leisten. Andere vergüten die Reisebüros erst, wenn die Urlauber tatsächlich unterwegs waren. „Keine Reise. Kein Geld“, fasst Chari Bautista die Misere zusammen. Im Falle eines Gutscheins hätten die Dienstleister zwar noch einmal Arbeit – nämlich, wenn sie diese ausstellen und, wenn diese eingelöst werden – doch eine zusätzliche Vergütung bekämen sie nicht, rechnet Chari Bautista vor. „Zusätzlich fordern die Konzerne die Provisionen für die Anzahlungen zurück, um selbst liquide zu bleiben – was ist denn mit uns?“, fragt sie.
Das regelt das Gesetz
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind Ausfälle von Pauschalreisen unter Paragraph 651h geregelt: „Tritt der Reiseveranstalter vom Vertrag zurück, verliert er den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis“, heißt es darin.
Das gilt auch, wenn der Veranstalter der Reise diese durch unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände, wie etwa der Corona-Pandemie, nicht durchführen kann. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, den Reisepreis innerhalb von 14 Tagen zu erstatten.
Da es bei dem Problem um Milliarden geht, beschäftigt das Thema inzwischen auch die Bundesregierung. Die Branchenvertreter werben darum, die Gutscheine zuzulassen und sogar staatlich abzusichern, damit eine Leistung für den Kunden garantiert werde. Marija Linnhoff vom Verband unabhängiger selbstständiger Reiseunternehmen (VUSR), dem auch „Die Reiseinsel“ angehört, widerspricht auf Nachfrage unserer Zeitung: „Das ist überhaupt nicht kundenfreundlich: Die Leute wissen doch selbst nicht, ob sie das Geld nicht in einem halben Jahr dringend brauchen.“ Die Veranstalter sollten das Geld binnen 14 Tagen zurückerstatten, „dafür gibt es das Gesetz doch. Wenn man das jetzt ändern will, um millionenschweren Konzern zu helfen, die ganz offensichtlich keine Rücklagen gebildet haben und sich mit Kundengeldern sanieren wollen – ich glaub, es hackt“, wird sie noch deutlicher.
So geht der Duisburger Reiseveranstalter Schauinsland mit der Situation um
Auch interessant
Der Duisburger Reiseveranstalter Schauinsland-Reisen hat inzwischen alle Reisen bis einschließlich 30. April abgesagt. Unternehmenssprecherin Simone Feier-Leist verweist auf die allgemeinen Regelungen, die derzeit in Berlin ausgearbeitet werden: „Die Bundesregierung befasst sich in diesen Tagen intensiv mit einer Gutscheinlösung, um die wirtschaftlichen Folgen von Covid-19 für die gesamte Touristik zu minimieren. Dies kann zu kurzfristigen gesetzlichen Regelungen führen, die eine branchenweite Lösung vorsehen. Aus diesem Grund können wir aktuell kein gesichertes Statement zum weiteren Vorgehen abgeben.“
Mit Blick auf die Sorgen der Reisebüros, antwortet Simone Feier-Leist: „Wir arbeiten seit vielen Jahren partnerschaftlich mit über 10.000 Reisebüros in Deutschland und dem angrenzenden Ausland zusammen. Auch in dieser schwierigen Zeit werden wir unsere Partner bestmöglich unterstützen, sodass wir nach der Krise unseren gemeinsamen Kunden wieder die schönste Zeit des Jahres ermöglichen können.“