Duisburg. Die Corona-Krise trifft freischaffende Künstler hart. Zwei Duisburger Musiker berichten von ihren Ängsten und Hoffnungen auf die Zeit danach.
Die Corona-Pandemie ist ein globaler Einschnitt. Jeder Mensch ist von dem Virus betroffen, privat, im Alltag – und beruflich. Freischaffende Künstler treffen die Auswirkungen hart, denn Auftritte werden abgesagt, und „Homeoffice“ ist nur sehr begrenzt möglich – wenn überhaupt. Zwei Duisburger Musiker, ein Urgestein und ein Newcomer, erzählen, wie sie die Corona-Krise erleben, welche Ängste sie haben, aber auch, wo sie in dieser Ausnahmesituation Chancen sehen.
Duisburger Musiker Jupp Götz: „Wir sind ein Luxusgut“
„Bis zum 23. Juni wurden jetzt alle meine Jobs abgesagt“, erklärt Josef „Jupp“ Götz, Urgestein der Duisburger Musikszene. „Das sind also jetzt drei Monate für die schon klar ist, dass ich sehr wahrscheinlich nicht spielen werde.“ Keine Jobs, das heißt auch kein Geld, deswegen hat sich Götz schon ein wenig umgeschaut. „Es gibt ja Hilfsangebote für freischaffende Künstler, aber die muss man erstmal kriegen, und dann gibt's die ja auch nur einmal.“ Wirklich zuversichtlich hört sich das nicht an, um ihn ganz persönlich macht sich der Duisburger aber weniger Sorgen.
„Ich muss nur mich selbst versorgen und bin sparsam, aber ich habe viele Kollegen, die Kinder haben. Dass jetzt alle Jobs wegfallen, ist für die wie eine sofortige Kündigung des Berufs. Auch wenn die Corona-Krise dann überstanden sei, sieht Jupp Götz noch Probleme. „Wir Musiker sind ein Luxusgut. Wenn die Wirtschaft wirklich einbricht, ist Livemusik nach der Krise wahrscheinlich nicht die Priorität der meisten Leute.“
Künstler bangt um die Traumzeit und das Sommerkino
Selbst wenn im Sommer also der Alltag langsam zurückkehren sollte: Götz ist nicht davon überzeugt, dass sofort wieder alles läuft. „Die Traumzeit und das Sommerkino sind jedes Jahr wichtige Jobs für mich, um den Sommer zu überbrücken, ob die stattfinden, steht ja auch noch in den Sternen.“ Doch in dem ganzen Schlamassel sieht der Musiker auch positive Aspekte. „Ich glaube, dass die Menschen in dieser Phase ihrer lokalen Welt näher kommen können, und das ist auf jeden Fall gut.“ Außerdem, ergänzt er, habe er die Hoffnung, dass die Leute „das Rausgehen“ nach der Isolation noch viel mehr schätzen – und Musik hören wollen. „Livemusik kann man nicht runterladen, und deshalb ist sie so wichtig, weil sie Freude bereitet und Gefühle begleitet.“
Gitarrist Marco Silvestri setzt auf das Internet
Marco Silvestri ist ganz frisch in Duisburg, vor einem knappen Jahr ist er nach seinem Gitarrenstudium in Arnheim nach Duisburg gekommen. „Ich habe im Moment überhaupt keine Einnahmen“, ärgert er sich, Jobs gibt es keine und die private Musikschule, an der er unterrichtet, hat geschlossen. „Man muss sich darauf einstellen, dass das noch ein bisschen so weitergeht“, seufzt Silvestri, seine Eltern leben in Italien und berichten regelmäßig von der dramatischen Lage im Land.
Gerade hat er sich neues, pfeilschnelles Internet installieren lassen, denn in der Isolationsphase verlagert sich Silvestris Beruf komplett ins Netz. „Auf der Website ,fiber' kann man Musikern weltweit anbieten, Spuren für ihre Songs zu produzieren, in meinem Fall also Gitarrentracks“, dafür gibt es dann Geld, zunächst ein wenig, bei besseren Bewertungen immer mehr. Außerdem unterrichtet der Jazz-, Pop-, und Rockgitarrist jetzt über Skype, per Mail an marcosilvestrimusic@gmail.com können Gitarristen Stunden vereinbaren.
Album steht auf der Kippe
Wie Jupp Götz ist auch Marco Silvestri nicht sicher, was ihm die Hilfen für freischaffende Künstler tatsächlich bringen werden. „Man muss ja genau nachweisen, welche Einnahmen man verloren hat. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das Land wirklich alle freischaffenden Künstler unterstützt. Wo soll denn das ganze Geld herkommen?“
Besonders bitter für den jungen Gitarristen: Die Studiotage für sein Debütalbum stehen im Mai an. „Oder eher: standen an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Termin bestehen bleibt, ich bin ein bisschen verzweifelt deswegen.“ Natürlich arbeitet er jetzt Zuhause an den Demos für besagtes Album, „aber wenn man den ganzen Tag in der Bude hockt, geht einem irgendwann auch die Inspiration aus.“