Duisburg. Der Duisburger Allgemeinmediziner Dr. Jonny Bülthoff bleibt in der Krise entspannt. Er lässt Patienten ihre Corona-Abstriche selbst machen.

Der Alltag in den Arztpraxen in Duisburg ist mit Corona anders geworden. Plötzlich sind die Wartezimmer zu klein, verunsicherte Patienten greifen zum Telefon, es fehlt an Schutzkleidung, die normalerweise nicht benötigt wird, und das Desinfektionsmittel wird knapp. Die Zahl der Patienten muss begrenzt werden – Abstand halten gilt auch hier. Die Lage ist angespannt.

Ein Duisburger Allgemeinarzt ist entspannter als die meisten seiner Kollegen. Dr. Jonny Bülthoff, der mit zwei weiteren Ärzten in einem großen weißen Haus an der Lange Straße in Bergheim praktiziert, geht das Problem praktisch und mit Humor an: Er hat nicht nur eine „Büdchen-Sprechstunde“ eingerichtet, sondern auch ein „Corona-Stübchen“. In dem es aber nicht das gleichnamige Bier gibt, wie der Doktor sagt, sondern Ahoi-Brause – für die Patienten, die auf einer Terrasse unterm Zeltdach ihre Abstriche selbst machen und die anderen. "Die Brause war ein Hamsterkauf bei Rewe."

Schutzkleidung gibt es noch aus Schweinegrippe-Zeiten

Das Fachpersonal schaue nur genau hin, ob das Teststäbchen auch weit genug in den Rachen geschoben wird, bevor der Abstrich ins Röhrchen gesteckt und verschlossen wird. Schutzkleidung für die Ärzte und ihre Mitarbeiterinnen sei genug vorhanden, so Bülthoff: gebunkert aus Schweinegrippe-Zeiten. Inzwischen lasse bei ihm die Nachfrage nach Corona-Tests nach, weil es die Sichtungszentren gibt, die aber nicht testen, sondern mögliche Infizierte lediglich weiterleiten.

„Alles eine Frage der Organisation“, sagt Bülthoff, der rund ums Haus aber auch eine Menge Platz hat, den er nutzen kann. Die Patienten warten draußen im vorgeschriebenen Zwei-Meter-Abstand, viele müssen gar nicht die Räumlichkeit betreten. Ihnen werden aus dem ebenerdigen Praxisfenster zum Beispiel Rezepte heraus gereicht.

Nur Patienten mit akuten Beschwerden kommen rein

Nur die Patienten, die ernstere Probleme haben, kommen zur Behandlung in die Räume. Ebenfalls eine Folge von Corona: Dass die, die immer krank seien, jetzt ihre Arbeitsunfähigkeit auch ohne Arztbesuch melden können, „ist doch ein Traum“, sagt der 65-Jährige Arzt. Damit gewinne er Zeit für die Patienten, die tatsächlich akut erkrankt sind. „Gallenkoliken oder Thrombosen gibt es ja auch weiterhin.“

Seinen elf Corona-Patienten gehe es gut, darunter auch der zweite Corona-Fall in Duisburg überhaupt. Es war am 8. März, weiß Bülthoff noch genau. „Der Mann kam zurück aus dem Ski-Urlaub in Ischgl, hatte dort noch gefeiert, und er fühlte sich schlecht.“ Er habe ihn durch die Hintertür reingelassen, den Abstrich gemacht, das Ergebnis kam am Tag darauf: positiv. „Das geht beim Après Ski, wo die Leute dicht gedrängt feiern, schwuppdiwupp“, sagt Bülthoff.

Der Vater war im Krieg Arzt bei der U-Boot-Flotte

Dass es jetzt Kollegen gibt, die ihre Praxen schließen, kann der gestandene Mediziner nicht verstehen, dessen Vater auch Arzt war – im Krieg bei der U-Boot-Flotte, Sprechstunde bei Seegang 5. Was das bedeutet hat, dürfte jetzt auch jüngeren Menschen deutlicher geworden sein, die gerade die Neuverfilmung des Buchheim-Stoffs gesehen haben. „Wir müssen doch für die Menschen da sein“, sagt der bodenständige Bülthoff.

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