Duisburg. Das „Team Diagnostik“ hat 2019 in Duisburg 225 Kinder und Jugendliche betreut. Neue Medien spielen zunehmend eine Rolle bei sexuellem Missbrauch.

Yansa Schlitzer hat schon viele Fälle sexueller Gewalt bei Kindern erlebt. Die Diplom-Sozialpädagogin weiß, dass es ein schwieriges Thema ist. Aber: „Die Sensibilität für das Thema ist in den vergangenen Jahren gestiegen, auch seit Lüdge“, sagt die Mitarbeiterin der Fachberatungsstelle des Duisburger Kinderschutzbundes, die eine von insgesamt vier Anlaufstellen in Duisburg für die „Diagnostik und Hilfe bei Vermutung von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen“ ist. Das „Team Diagnostik“ hat im vergangenen Jahr insgesamt 225 Kinder betreut (2017: 179) und 2338 Beratungen durchgeführt.

„Wann werden bei Doktorspielen unter Kindern Grenzen überschritten?“

Es ist nicht einfach für Eltern, Erzieher oder Freunde bei Verdachtsfällen richtig zu reagieren. Oft ist es ein ungutes Gefühl, das sie beschleicht, wenn ein Kind sich verändert, zurückzieht oder sich anderen Kindern gegenüber aggressiv oder auch sexuell übergriffig zeigt. Und dann steht nicht selten die Frage im Raum: Wann werden bei Doktorspielen unter Kindern Grenzen überschritten? „Die Grenze ist sehr fein“, sagt Yansa Schlitzer. Auffällig sei, dass die sexuellen Übergriffe von Kindern an Kinder unter 14 Jahren zunehme. Das „Team Diagnostik“ zählte im vergangenen Jahr insgesamt 53 Fälle dieser Art, darunter 48 außerhalb der Familie.

„Kinder können Bilder sexueller Gewalt oft nicht verarbeiten“

Einen Grund sehen die Mitarbeiterinnen des Teams in dem Umgang der Kinder mit den neuen Medien und ihren Smartphones. „Die Medien haben eine großen Einfluss. Kinder werden oft mit Bildern sexueller Gewalt konfrontiert, die sie nicht verarbeiten können. Die Fälle nehmen in Zeiten von Whats-App zu“, sagt Sabine Block, von der Beratungsstelle Wildwasser e.V. „Heute fotografieren Kinder und Jugendliche alles. Die wenigsten Eltern kümmern sich darum, was so auf den Smartphones ihrer Töchter und Jungen gespeichert wird“, sagt Yansa Schlitzer. Sie spricht von einer hohen Dunkelziffer an Opfern sexueller Übergriffe und Gewalt im Kindesalter und unter Jugendlichen.

„Nicht immer öffnen sich Kinder gegenüber ihren Eltern“

Von den 157 Mädchen und 68 Jungen, die das „Team Diagnostik“ 2019 betreut hat, waren insgesamt 133 im Alter zwischen drei und zwölf Jahren. Nicht immer öffnen sie sich ihren Eltern gegenüber. Die merken zwar, dass mit ihren Kindern etwas nicht stimmt. Aber was tun? Wie sollen sie mit der Situation umgehen? Auch hier hilft das „Team Diagnostik“ weiter. Es bietet in den Kitas Elternabende an, Weiterbildungen für Erzieher und Lehrer und wenn die Kinder in die Beratung kommen, erfahren auch die Eltern Hilfe oder können erfahren, an wen sie sich wenden können.

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Nicht immer bestätigt sich der Verdacht auf sexualisierte Gewalt nach den ersten Gesprächen, in denen oft spieltherapeutisch gearbeitet wird. „Manchmal wollen Jungen oder Trennungskinder so auf sich aufmerksam machen, weil sie ein ganz anderes Problem haben und beispielsweise unter der Trennung der Eltern leiden“, sagt Irmgard Borsch von der evangelischen Beratungsstelle Duisburg/Moers.

„Der Schutz und die Stabilisierung der Kinder steht bei allem was wir tun im Raum“

Aber in den meisten Fällen haben die Kinder sexuelle Übergriffe erlebt, die mitunter auch schon Jahre zurückliegen. „Ich hatte ein achtjähriges Mädchen in der Beratung, das sich langsam öffnete und dann sagte: Das fing schon an, als ich fünf war. Aber ich wusste nicht, was es ist“, erzählt Rosa Stork von der Beratungsstelle des Caritasverbandes Duisburg. Es ist der geschützte Raum der Beratungsstellen, in dem sich die Kinder langsam öffnen, manchmal braucht es bis zu 20 Sitzungen, in der Regel geht es aber schneller bis die Diagnose steht. Denn: „Bei allem, was wir tun, steht der Schutz und die Stabilisierung im Raum“, ist sich das Team einig.

Kontakt zum Team Diagnostik:

Das Team Diagnostik ist ein Netzwerk von vier Beratungsstellen, das vom Jugendamt der Stadt Duisburg finanziell unterstützt wird.

Wer Hilfe sucht, kann sich an die folgenden Adressen wenden:

Beratungsstelle des Caritasverbandes, Grünstraße 12, Tel. 0203/2865650 (Rosa Stork), per Mail: ros@caritas-duisburg.de

Ev. Beratungsstelle Duisburg/Moers, Duisburger Straße 172, Tel. 0203/990690 (Irmgard Borsch), per Mail: i.borsch@ev-beratung.de

Fachberatungsstelle Deutscher Kinderschutzbund, Adlerstraße 57, Tel. 0203/735513 (Yansa Schlitzer), per Mail: y.schlitzer@kinderschutzbund-duisburg.de

Fachberatungsstelle Wildwasser e.V, Lutherstraße 36, Tel. 0203/343016 (Lydia Arndt und Sabine Block), per Mail: l.arndt.wildwasser@posteo.de oder s.block.wildwasser@posteo.de