Duisburg. Weil die Zahl der Organspender in Deutschland weiter dramatisch niedrig ist, werben die Ärzte des Herzzentrums bei den Duisburgern für die Spende.

Das Scheitern der doppelten Widerspruchslösung zur Organspende bedauern die Chirurgen und Kardiologen des Herzzentrums Meiderich ausdrücklich. „Sie hätte uns sehr viel weiter gebracht“, glaubt Prof. Dr. Jochen Börgermann. Dennoch gelte es nun angesichts steigernder Nachfrage nach Spenderausweisen tatsächlich auch die Zahl der potenziellen Spender zu erhöhen, betont der Chefarzt der Herzchirurgie. „Auch bei uns sterben Menschen auf der Warteliste, weil in Deutschland viel zu wenig Organe gespendet werden“, berichtet Dr. UIrich Krüger, der Leiter der Transplantationsambulanz.

Die Zahlen zeigen die dramatische Situation für die Empfänger: Um sechs auf insgesamt 324 stieg die Zahl der Spenderherzen im vergangenen Jahr, 1100 Patienten standen auf der Warteliste, neun Monate betrug die durchschnittliche Wartezeit. „Ohne Hochdringlichkeitsstatus gibt es keine Chance auf eine Transplantation“, sagt Börgermann.

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Verzweifeltes Warten auf ein neues Herz

Hans Milbers kennt die verzweifelte Lage der Patienten. Über Jahre hatte sich seine Herzschwäche verschlimmert, nachdem ein Defibrillator ihn mehrfach nach schweren Rhythmusstörungen zurück ins Leben geholt hatte, blieb nur noch die Transplantation. Drei Monate wartete der Meidericher, ehe im Juni 2017 auf den letzten Drücker das rettende Organ verfügbar war. „Man geht mit der Angst schlafen und wacht damit auf“, beschreibt der Meidericher die quälende Ungewissheit.

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„Der Glaube, Herzerkrankungen seien heilbar, ist leider weit verbreitet“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Schöls. Das Gegenteil sei der Fall, erklärt der Chefarzt der Kardiologie: „Die Herzinsuffizienz ist eine chronische Erkrankung. Die Prognose ist schlechter als bei dem meisten Tumorerkrankungen.“ Die Zahl derer, die auf ein Spenderherz warten, steige auch deshalb seit Jahren stetig, weil aufgrund die bessere medizinischer Versorgung die Überlebensrate steigt.

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Unterstützungssystem ermöglicht Überleben bis zur Transplantation

Gerd van Ophuysen (l.) lebt seit vier Monaten mit einem Herzunterstützungssystem und hofft auf ein Spenderorgan. Rechts im Bild VAD-Koordinatorin Rositta Bendgens.
Gerd van Ophuysen (l.) lebt seit vier Monaten mit einem Herzunterstützungssystem und hofft auf ein Spenderorgan. Rechts im Bild VAD-Koordinatorin Rositta Bendgens. © FUNKE Foto Services | Foto: Jörg Schimmel

Herzunterstützungssysteme, die in Meiderich implantiert werden, sind eine Möglichkeit, die Überlebenszeit von todkranken Patienten signifikant zu verlängern. Eine Pumpe, angetrieben von zwei insgesamt vier Kilo schweren Batterien außerhalb des Körpers, übernimmt dabei die Arbeit der linken Herzkammer. Gerhard van Ophuysen wurde ein solches VAD (Ventricular Assisted Device) im vergangenen November eingesetzt. Über 13 Jahre hatte sich die Pumpschwäche seines Herzens so stark verschlimmert, dass er kaum noch gehen, nur im Sitzen schlafen konnte.

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„Die Wartezeit auf ein Spenderherz hätte er nicht überlebt“, sagt Herzchirurg Dr. Michael Schönbrodt. „Ich hatte Angst vor der OP, aber keine Wahl“, beschreibt van Ophuysen seine Lage. Heute ist er wieder auf den Beinen, die Tasche mit den Akkus, die bis zu 18 Stunden halten, ist ständiger Begleiter. Statistisch überleben 80 Prozent der VAR-Patienten die ersten zwei Jahre. Van Ophuysen hofft nun weiter auf ein Spenderherz. „Wenn ich Luft bekomme, kann ich auch kämpfen“, sagt der 63-Jährige, der vor seiner Krankheit Radrennen fuhr und Marathonläufe bestritt.

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Zahl der Spenderorgane reicht niemals aus

„Nur die Transplantation löst das Problem grundsätzlich“, erklärt Wolfgang Schöls, „aber wir werden nie so viele Organe haben, wie wir benötigen.“ Es sei für viele Menschen unangenehm, sich mit dem Thema Organspende und damit mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen, weiß Chefarzt Jochen Börgermann. „Aber jeder sollte sich fragen, was er sich in einer solchen Lage wünschen würde. Organspende sollte keine Einbahnstraße sein.“

Organspende bleibt der „Goldstandard“

Die Herztransplantation bleibe auf Sicht das einzige Mittel, um eine chronische Herzinsuffizienz zu beheben, erklärt Prof. Dr. Jochen Börgermann. Ein vollständiges mechanisches System wird in verschiedenen Projekten zwar entwickelt, technische Fragestellungen werden aber wohl erst in zehn Jahren gelöst sein.

Vielversprechende Fortschritte gibt es bei der Transplantation von tierischen Organen. So überlebten Paviane, denen Münchener Forscher gentechnisch angepasste Schweineherzen implantierten, bis zu einem halben Jahr. Viel länger ist der Weg bis zur „Züchtung“ von Organen aus Stammzellen. „Das werde ich nicht mehr erleben“, so der Chefarzt des Herzzentrums.