Duisburg. Residenzkünstlerin Anna Malikova musiziert mit Solisten der Duisburger Philharmoniker: selten zu hörende Sextette in ungewöhnlicher Besetzung
Zu der Tradition der „Artist in Residence“ gehört es auch, dass die Künstlerin, die im Zentrum der Saison steht, gemeinsam mit Musikern der Duisburger Philharmoniker in einem Kammerkonzert zu erleben ist. Residenzkünstlerin Anna Malikova setzt das Projekt nun im Lehmbruck-Museum in die Tat um. Zu hören waren russische Sextette von Sergej Ljapunow und Michael Glinka.
Während der der romantische Komponist Michael Glinka mit seinen Opern gelegentlich in Deutschland zu erleben ist, ist sein Landsmann Sergej Ljapunow hierzulande vollkommen unbekannt. Nicht nur, dass beim Konzert zwei selten gespielte Komponisten zu hören sind, auch die Besetzung eines Sextettes mit Klavier und fünf Streichern ist eine Gattung, für die nur wenige Komponisten geschrieben haben, so dass im Lehmbruck-Museum echte Raritäten zu hören sind.
Sergej Ljapunow: Spätromantischer Überschwang und Sachlichkeit
Sergej Ljapunows Sextett entstand im zeitlichen Umfeld der Oktoberrevolution von 1917. Seine Musik ist eine spannende Mischung aus spätromantischem Überschwang und einer nachdenklichen Sachlichkeit. Florian Geldsetzer, der lange Zeit Konzertmeister der Philharmoniker war und nun die gleiche Position beim Essener Orchester bekleidet, darf sich gemeinsam mit Kollege Matthias Bruns auf der Geige in schwärmerische Höhen emporspielen. Für den aufbegehrenden und brodelnden Unterton sorgen Matthias Feger an der Bratsche, Cellistin Anja Schröder und Francesco Savignano am Kontrabass.
Alle Musiker des Abends kennt man aus den Philharmonischen Konzerten, wo sie stets an den vorderen Pulten musizieren. Zudem verfügen sie über eine große Erfahrung im Bereich der Kammermusik. Im Zusammenklang verschmelzen die Streicher schön miteinander und dem Klavier, wobei immer wieder wechselnde Schattierungen entstehen: Manchmal führen die Streicher, und das Klavier spielt nur eine grundierende Farbe. Dann wiederum übernimmt das Klavier die Führung, und die Streicher haben die Rolle einer atmosphärischen Begleitung.
Musik erfüllt das Museum mit Wärme
Im Nocturne des Ljapunow-Sextetts spielt Anja Schröder auf dem Cello ein warmherziges Solo, das dann von Florian Geldsetzer als leuchtender Gesang auf der Violine fortgesetzt wird. Man hat das Gefühl, dass Ljapunows Musik in der Interpretation dieses Ensembles die kühle Betonarchitektur des Lehmbruck-Museums mit Wärme erfüllt.
Beide Werke des Abends kann man sich sehr gut auch als Klavierkonzert in großer Orchesterbesetzung vorstellen, so virtuos musiziert Anna Malikova ihren Part und achtet dabei gleichzeitig auf die Balance zu ihren Kammermusik-Partnern. Während sich in der Musik von Ljapunow auch viele dunkle Momente finden, ist Glinkas Sextett eine festliche Salonmusik mit vielen opernhaften Melodien, die sich über dem Pulsieren des Flügels entwickeln. Glinka scheint das Leben heiterer zu sehen als Ljapunow, denn seine Musik besitzt einen optimistischen Charakter.
Russische Kompositionen überraschen mit starker Wirkung
Anna Malikova sieht man die Freude an der Musik an, und auch in den Gesichtern der Streicher erkennt man viele Momente der Überraschung über die starke Wirkungskraft dieser russischen Raritäten. Diese Freude überträgt sich auch das Publikum im Lehmbruck-Museum und so gibt es herzlichen Beifall. Als Zugabe spielen die Musiker noch das Bindeglied zwischen Sergej Glinka und Michail Ljapunow: Einen kurzen Sextett-Satz von Peter Tschaikowsky. Das kurze Stück beeindruckt mit seinem ausgelassenen Bewegungsdrang. Ein starker Konzertabend!