Duisburg. „Krass, was er mitgemacht hat“: Für zehn Jahre ging Maximilian Pollux wegen Drogen in den Knast. An einer Duisburger Realschule erzählt er davon.

Acht Jahre dealte Maximilian Pollux mit Drogen, ging dann „in die Logistik“, war ein schwerer Junge, ein „Gangster“. Aber gerade nicht, wie er im Buche der Hip-Hop-Klischees steht. Er wanderte für zehn Jahre in den Knast. „Es war krass zu hören, was er durchgemacht hat“, zeigt sich Laura (15) beeindruckt. Sie und ihre Mitschüler an der Duisburger Karl-Lehr-Realschule erhielten in dieser Woche von Pollux einen besonderen Realitätscheck in Sachen Gangsterleben.

Denn nach wie vor sind die Bilder vom coolen, lukrativen Leben in der gesellschaftlichen Unterwelt überall präsent: dicke Schlitten, Frauen, Freunde, Respekt, Geld satt... Der Ex-Häftling macht einen buchstäblichen Strich durch diese Rechnung, kreuzt auf der Tafel eine Traumvorstellung nach der anderen durch: keine Familie, kein Respekt, kein Vertrauen. Stattdessen: Opfer sein, Einsamkeit, verraten werden – „im Knast gibt es immer einen, der singt“, sagt der heute 30-Jährige.

Als Pollux den Schulhof betritt, geht ein Raunen durch die Klassen

„Ich habe mich trotz Gefängnis geändert, nicht wegen“, macht Maximilian Pollux deutlich. Seine Besuche in den Schulen wollen solche „Karrieren“ verhindern, indem er die wahren Konsequenzen des Dealens schildert. Der ‘harte Junge’ kommt an. Kaum ist Pollux – kurze Haare, gepflegtes Bärtchen und schmale Brille – auf dem Schulhof, raunen sich die Schüler das respektvoll zu, schildert Schulleiter Stan Orlovic. Netter Typ, sieht so etwa ein Intensivstraftäter aus? „Auf den ersten Blick würde man das nicht denken“, bestätigt Laura. Als Pollux noch im Drogenmillieu lebte, sah er deutlich älter aus.

Für Katharina (16) ist der Auftritt des geläuterten Gangsters sehr glaubwürdig gewesen: „Es ist etwas anderes, ob dir ein Lehrer davon erzählt, oder ob du es von jemanden hörst, der das auch erlebt hat.“ Auch Klassenfreundin Laura hörte gespannt zu, „man konnte mitfühlen, wie es in der Situation Knast war“.

Für Schulleiter Orlovic ist Pollux ein wichtiger authentischer Vermittler zwischen Schein und Realität, „gerade wenn Schüler in einem Alter sind, wo sie affin für solche Bilder sind. Pollux redet nicht von oben herab – die Schüler waren wie gefesselt“.

Mit Theaterspielen stärken die Realschüler ihr Selbstbewusstsein

Vom Gangster zum gefragten Autor

Mit dem Konsum und Handeln von Crystal Meth begann Maximilian Pollux frühe „Karriere“ als Gangster, damals war er 13 Jahre alt und träumte vom schnellen Geld.

Inzwischen ist Pollux ein gefragter Autor. Die Kehrseiten des Verbrechens schildert er in dem Buch „Zappenduster: Wahres aus der Unterwelt“. Auch in „Kieleck“ hat Pollux seine Knasterfahrungen aufgearbeitet. Aktuell schreibt er an einem Kinderbuch.

Im mitgegründeten Verein SichtWaisen arbeitet Pollux in der Präventionsarbeit, besucht zum Thema Kriminalität Schulen und Jugendhäuser. Auch gegen Mobbing setzt sich der Ex-Häftling ein. Infos: www.sichtwaisen-ev.de/

Die andere Seite dieser Medaille der Prävention – wie man sich selbst stärkt und Konflikte löst – lernen die Realschüler der Klasse 7 gerade mit Hilfe eines dreitägigen Projekts „Natürlich bin ich stark“ der Osnabrücker Theatergruppe. „Es geht einerseits um soziales Lernen. Die Theaterleute spielen Szenen, die Schüler müssen dann diskutieren, wie die Szene weitergehen kann“, erläutert SV-Lehrerin Kati Wiegelmann, die das Projekt mitbetreut.

Andererseits weckt das Projekt die Entdeckerlaune: Wie knüpft man ein Freundschaftsband, wie mixt man leckere Partygetränke ohne Alkohol? „Schüler sind heute mehr denn je mit Bildern von Gewalt und Sex konfrontiert. Die Schule muss zudem immer mehr Erziehungsarbeit leisten. Das fängt oft ganz niederschwellig mit „Danke“ und „Bitte“ an. Wir müssen uns daher anders aufstellen“, unterstreicht Schulleiter Orlovic die Notwendigkeit der Prävention. Selbst wenn die Realschule im Duisburger Süden sicher nicht als Brennpunktschule gilt, Sozialarbeit wäre auch hier sinnvoll, so der Schulleiter, „was uns noch fehlt, ist eine Stelle ...“