Duisburg/Düsseldorf. Jin X. war für eine Duisburger Firma in Wuhan, wo auch seine Familie lebt. Wie der Deutsch-Chinese ausgeflogen wurde und die Quarantäne erlebt.
Jin X. arbeitet in einer Duisburger Niederlassung eines chinesischen Logistikunternehmens mit Hauptsitz in Wuhan. Dort ist der gebürtige Chinese mit deutschem Pass aufgewachsen. Als er sich am 16. Januar in den Flieger in Richtung China setzt, steht deshalb in Duisburgs Partnerstadt nicht nur die Jahresplanung im Mutterkonzern, sondern auch der Besuch bei der Familie auf dem Programm. Damals ahnt der alleinstehende Mann noch nicht, dass er zweieinhalb Wochen später die wegen des Coronavirus völlig abgeriegelte Millionen-Metropole nur mit Hilfe der Deutschen Botschaft in einer Bundeswehrmaschine wird verlassen können.
Derzeit hält sich der Düsseldorfer zusammen mit über 120 zurückgekehrten Passagieren in der Südpfalz-Kaserne in Germersheim auf. Zwei von ihnen sind am Coronavirus erkrankt und in die Frankfurter Uniklinik gebracht worden. X. ist nach eigenen Angaben gesund, steht aber wie alle anderen noch mindestens für 14 Tage unter Quarantäne.
Wir haben mit ihm über die außergewöhnliche Rückreise, die aktuelle Situation, die Zeit in Wuhan und über die Angst vor einer Erkrankung gesprochen.
Job in Duisburg, Familie in Wuhan
„Als ich Ende der vergangenen Woche über die deutsche Botschaft die Möglichkeit bekam, Wuhan zu verlassen, war ich zuerst unentschlossen“, berichtet Jin X., dessen Vater und Schwester in der Elf-Millionen-Stadt leben. Sie zurückzulassen, sei ihm nicht leicht gefallen.
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Schließlich hat X. zuletzt mit ihnen ebenso intensive wie außergewöhnliche Tage verbracht: Als Wuhan wegen des grassierenden Coronavirus abgeriegelt wird, verlässt er die Wohnung seines Vaters nur selten. „Ich bin mit ihm nur mal für einen Großeinkauf draußen gewesen“, sagt der Düsseldorfer. „Mit Atemmaske natürlich.“ Lebensmittel habe er noch ausreichend bekommen.
„Man muss sich das wie an einem Sonntag in Duisburg vorstellen“
Viel ist auf den Straßen Wuhans allerdings nicht los. Busse und Bahnen, auch Fähren fahren nicht mehr. „Man muss sich das ungefähr wie an einem Sonntag in Duisburg vorstellen“, so X. „Zuhause haben wir die meiste Zeit ferngesehen, uns auch im Internet über die neuesten Entwicklungen informiert und uns mit Freunden ausgetauscht.“
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Er selbst habe keine übergroße Angst vor einer Erkrankung – auch jetzt nicht, obwohl inzwischen bei zwei Passagieren, die mit ihm in der Bundeswehrmaschine gesessen haben, das Coronavirus festgestellt worden ist. Es ei letztlich vergleichbar mit einer Grippe.
Chinesische Arbeitskollegen sitzen in Wuhan fest
Dass er letztendlich doch das Angebot angenommen hat, zurück nach Deutschland geflogen zu werden, habe vor allem berufliche Gründe. Er werde im Duisburger Büro gebraucht – auch weil die anderen chinesischen Kollegen noch in Wuhan festsitzen.
So macht er sich am vergangenen Freitag abends zum Flughafen in Wuhan auf. „Meine Schwester hat mich mit dem Auto dorthin gefahren“, erzählt Jin X. „Ich hab mich bei einem Mitarbeiter der deutschen Botschaft angemeldet und dann sehr lange gewartet. Erst am Samstag morgens gegen 9.30 Uhr sind wir losgeflogen. Vorher gab es Temperaturkontrollen, wurde Fieber gemessen und alle mussten ein Formular zum Gesundheitszustand ausfüllen. Ich hatte ein bisschen Husten, bin deshalb noch einmal von einem Arzt untersucht worden. Es war aber alles okay.“
Kleines Zimmer in der Südpfalz-Kaserne
Nach der Landung in Frankfurt wurde erneut die Körpertemperatur der Passagiere gemessen, sie mussten zudem Speichelproben abgeben. Nach einem Abendessen am Flughafen wurde X. mit den anderen Passagieren zur Kaserne in Germersheim gebracht. „Ich habe ein kleines Zimmer für mich mit Bett, Tisch, Stuhl, Bad und einem Fernseher.“ Die meiste Zeit hält er sich dort auf, steht in ständigem Austausch mit seiner Familie. „Ihnen geht es zum Glück weiter gut.“
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Im Zimmer muss er die Atemschutzmaske nicht tragen, die sonst Pflicht ist auf dem Kasernengelände. Das Gebäude kann X. verlassen, um frische Luft zu schnappen, er darf sich auf dem Areal auch die Füße vertreten. Ansonsten sei sein Tagesablauf ebenso klar wie einfach strukturiert: Frühstück gibt es ab 7.30 Uhr, Mittagessen ab 12 Uhr („gerade hatte ich Gulasch mit Nudeln“) und Abendessen ab 17.30 Uhr.
Viele kleine Kinder in der Kaserne
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Bislang habe er nur kurze Gespräche mit den anderen einkasernierten Deutschen geführt, von denen viele in Wuhan arbeiten. „Bei einigen ist die Angst vor dem Virus schon groß – vor allem in den Familien mit kleinen Kindern. Davon gibt es im Gegensatz zu älteren Menschen einige hier, etwa zehn habe ich gesehen.“
Einmal am Tag wird Fieber gemessen. Der Deutsch-Chinese hofft, dass in der Kaserne nicht noch weitere Erkrankungen hinzukommen. Denn dann müsste die Quarantänezeit entsprechend verlängert werden. „Ich freue mich schon darauf, endlich wieder nach Hause zu kommen.“
In Düsseldorf lebt Jin X. als Single. Duisburg ist die Stadt, in der er arbeitet und studiert hat. Ende 2002 kehrte er Wuhan den Rücken – Duisburgs Partnerstadt, die derzeit alle nur mit dem Coronavirus in Verbindung bringen.