Duisburg. Der Duisburger Verein Riskid hat ein Netzwerk von Ärzten und Institutionen für wirksameren Kinderschutz aufgebaut. Das sind die Ziele.
Die juristische Dimension des Kinderschutzes stand im Mittelpunkt der dritten Fachtagung Kinderschutz des Netzwerks Riskid, zu dem am Mittwoch rund 150 Fachleute aus Medizin, Jugendarbeit und Justiz im Hamborner Abteizentrum zusammentrafen.
Fall Lügde rückt Anliegen des Vereins in den Fokus
Der in Duisburg gegründete Verein engagiert sich seit 2009 gegen Kindesmisshandlung und hat dazu ein bundesweites Netzwerk aufgebaut, dem rund 200 Ärzte angeschlossen sind, darunter alle Kinderärzte und Kliniken in der Stadt. Bei einer Erstbehandlung durch die Riskid-Mediziner unterzeichnen die Eltern eine Erklärung, in der sie sich bei Misshandlungsverdacht mit dem Informationsaustausch zwischen Ärzten einverstanden erklären. „Die ärztliche Schweigepflicht soll dem nicht entgegenstehen“, erklärt Dr. Peter Seiffert, Chefarzt der Kinderklinik im Helios St. Johannes.
Geholfen habe dem Anliegen die Datenschutz-Grundverordnung, weil die Ärztekammer dieses Einverständnis in die Patientenerklärung eingefügt habe, so Dr. Ralf Kownatzki, Kinderarzt und gemeinsam mit Seiffert im Riskid-Vorstand aktiv.
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Klinik-Chefarzt: Müssen Frühwarnsysteme schärfen
Aufsehen erregende Fälle, wie zuletzt in Lügde, verleihen den Anliegen des Vereins öffentliche Aufmerksamkeit und erzeugen politischen Druck. „Wir müssen die Frühwarnsysteme schärfen“, betont Seiffert, der allein in seiner Klinik im vergangenen Jahr 72 Kinderschutz-Fälle behandelte, schon sechs waren es im Januar. Dass die Bosbach-Kommission in ihrem Empfehlungen für besseren Kinderschutz Riskid als „Best Practice“-Beispiel nannte, bestätigt die Bemühungen des Netzwerks.
Für eine Kinderschutz-Hotline in Mecklenburg-Vorpommern hat Rainer Becker lange und schließlich erfolgreich gekämpft. „Die gibt’s in NRW noch nicht“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe – ihm wurde der Gerd-Unterberg-Preis verliehen, der an den bekannten Duisburger Staatsanwalt erinnert. Wichtig sei zunächst die Überarbeitung des Bundes-Kinderschutzgesetzes, sagt Becker, langjähriger Polizeidirektor in Hamburg und Schwerin.
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„Kinderpornos“: Vergewaltigung vor laufender Kamera
„Es sollte eine Meldepflicht für Ärzte geben“, betont der 63-Jährige, der auf eine Einigung der Ministerien für Familie und Gesundheit drängt. Für wirksamen Kinderschutz, sagt Becker, brauche es ein starkes Netzwerk von Medizin, Jugendhilfe und Justiz. „Dass Einbruch vom Vergehen zur Straftat hochgestuft wurde, die Politik sich dazu beim Kindesmissbrauch nicht durchringen konnte, macht mich wütend“. Missbrauch, findet Becker, beginne schon in den Begrifflichkeiten: „Es gibt keine Kinderpornos. Das ist nichts anderes als eine Vergewaltigung vor laufender Kamera.“