Duisburg-Rheinhausen. Der Karnevalsverein Fantasya aus Rheinhausen startet durch. Die Tanzgarde wurde direkt engagiert – als Prinzengarde der Moerser Karnevalisten.

Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Lisa, Aleyna, Emma und Lina machen eine Grätsche, legen den Oberkörper über das rechte Bein, dann über das linke und am Ende mittig auf den Boden. Beim Hoppeditz, das ziept ja beim Zusehen! „Sehr schön, Lina!“, lobt Tanztrainerin Janine Raffel ihre Jüngste. „Gut, dass du heute mit den Großen trainieren kannst. Daran wächst du!“

Es ist kurz nach 19 Uhr, karnevalistisches Aufwärmtraining im Kulturzentrum Schwarzenberger Straße. Während ein paar Räume weiter die Möhnen zu „Singing in the Rain“ proben, übt hier ganz still der Nachwuchs. Die fünfte Jahreszeit beginnt. Und mit ihr der erste Großeinsatz für den neuen Karnevalsverein Fantasya und seine Tänzerinnen.

Früher tanzte die Trainerin bei der KG Rot-Weiß Rheinhausen

Janine Raffel freut sich schon. Eine Hoppeditz-Sitzung hat der junge Verein schon ausgerichtet - nun also das ganze Programm: Neujahrsempfänge, Shows, Umzüge. Wobei sich die Fantasyanerinnen fürs erste auf den Tanz beschränken. Denn kaum hatte sich die neue Garde vorgestellt, war sie auch schon engagiert. Der Kulturausschuss Grafschafter Karneval und das Moerser Kinderprinzenpaar Chris I. und Anna II. waren von den Mädchen so begeistert, dass man sie als Prinzengarde verpflichtete. Und das, freut sich Raffel, gleicht einem Ritterschlag. „Wir hatten eine Kindersitzung geplant. Das schaffen wir jetzt gar nicht.“

Von wegen Narrenkappe auf dem Kopf! Die Tänzerin des neuen Vereins Fantasya stehen für modernen Karneval.
Von wegen Narrenkappe auf dem Kopf! Die Tänzerin des neuen Vereins Fantasya stehen für modernen Karneval. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Als ehemalige Tänzerin der KG Rot-Weiß Rheinhausen kennt die 43-Jährige die närrische Zunft. Mit fünf begann sie zu tanzen, legte eine steile karnevalistische Karriere hin. Vom „Floh“ zur Show- und Gardetänzerin und dann mit 15 bis zum Solo-Tanzmariechen, das sie 20 Jahre blieb. Danach sattelte sie um zur Trainerin. Im vorigen Jahr dann die Zäsur. Die Tanzabteilung wurde aufgelöst. Janine Raffel und ihre fünf Mädchen mussten sich nach einer Alternative umsehen, „drei, vier Monate hing alles in der Luft.“ Als sich nichts Geeignetes fand, beschloss die temperamentvolle Raffel, einen eigenen Verein zu gründen. Tatkräftige Unterstützung bot ihr Mann Alexander Acker, der sich als 2. Geschäftsführer doch eher unversehens im Kreis der Gardetänzerinnen wiederfand. Unter den 14 Mitgliedern ist er sowas wie der Quotenmann. Und außerdem - ein Fan.

Die Zöpfe sind gebunden, die Stulpen zurecht gezuppelt, die Haltung: 1a. Janine Raffel hat die Uniform der Vereinspräsidentin angelegt: Sakko, schwarze Hose, türkise Fliege. Auch das Outfit ist Teil des Konzepts eines jungen, frischen Karnevals, den Fantasya verkörpern will. „Wir versuchen, Moderne mit Tradition zu verbinden“, sagt Raffel. „Also ich bin Vollblut-Karnevalistin. Aber ich setze mir kein Schiffchen mit einem Glöckchen auf den Kopf. Man muss man selber bleiben.“

So trainieren die Duisburger Mädchen: Hände zum Boden, Kopf ans Knie

Vier Mädchen sind gekommen. Eine ist krank - auch Jacqueline, 15, hat sich verletzt und sitzt auf der Bank. Dafür ist Lina da. Lina ist mit zehn die Kleinste und kommt gerade riesig raus. Sie wurde vom Moerser Kinderprinzenpaar zur Hofdame ernannt. In der „großen“ Fantasya-Garde tanzt sie eigentlich noch nicht, ist aber Gründungsmitglied einer neu entstehenden Kindergarde, ein Angebot für Tänzer ab sieben. „Wir können uns vor Anfragen kaum retten“, schildert Raffel. „Das ist ein Traum! Das hätten wir nie gedacht.“ Der Gründungsorden ist so beliebt, dass man nachbestellen musste. „Er hängt schon im Karnevalsmuseum.“

Zurück zu Lisa (14), Aleyna (14), Emma (11), Lina (10). Die vier ackern sich beharrlich schweigend durch ihr Training. Muskeln aufwärmen, strecken, dehnen. Seilchen springen. Dann Hinstellen, Hände auf den Boden, Kopf ans Knie. Sieht fordernd aus. „Die ersten Wochen“, bestätigt Raffel, „sind wir hier alle rausgekrabbelt.“ Als nächstes die Kür, der Auftrittstanz. Zunächst aber bilden die vier eine Reihe und werfen die Beine in die Luft. Jeweils acht Mal, erst mit 500 Gramm Gewicht um jeden Knöchel, dann ohne, denn so, weiß Raffel, „fliegen die Beine nochmal so hoch!“

Zweimal pro Woche wird trainiert, im Sommer auch samstags. Emma, Fantasyas Solo-Mariechen, muss mehr Zeit einplanen. Bis Aschermittwoch kommen Auftritte dazu, in Seniorenheimen, bei Festen und Sitzungen. Der größte Einsatz ist der Nelkensamstagszug in Moers. Es wird sogar einen kleinen Fantasya-Wagen geben.

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„Am liebsten würden die Mädchen auch auf Turniere gehen“, weiß Raffel, „dafür trainieren sie sich den Pöppes ab.“ Sie kümmert sich um alles, um die Choreografie, die Einteilung der Betreuerinnen, um Schminkworkshops und die aufwändigen Kostüme, die von einer Maßschneiderei gefertigt wurden.

Als Metal-Fan in Gardeuniform

Ihre Elevinnen sind ganz bei der Sache. Einmarsch in den Saal. „Finger zusammen!!“, korrigiert Raffel. „Ich möchte nirgendwo Daumen abstehen sehen!“ Man sage ihr Strenge nach, erzählt sie amüsiert. Aber sie achte eben auf geputzte Stiefel und frisch gestärkte Petticoats. Dabei war sie nie eine Bilderbuch-Karnevalistin. Tätowiert, gepierct, ein Heavy-Metal-Fan, der gern nach Wacken fährt. Aber wenn sie die Gardeuniform trägt, hat das für sie etwas Majestätisches. „Wie wäre es mit Spagat?“, ruft sie. Schon sitzen alle in der tänzerischen Königsdisziplin. Jetzt strahlen die Gesichter. „Ich möchte den Mädchen vermitteln, dass man nichts geschenkt bekommt“, sagt Janine Raffel. „Aber man kann ganz viel lernen und machen, wenn man es wirklich will.“ Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger Westen

Der Rheinhauser Karnevalsverein:

  • Der Karnevalsverein Fantasya besteht seit Sommer vorigen Jahres. Im November fand eine Hoppeditz-Sitzung im Saal der Freien Evangelischen Gemeinde statt. Ab April beginnt die neue Kindergarde mit dem Training im Kulturzentrum an der Schwarzenberger Straße 147 a in Rheinhausen.
  • Wer sich dem Verein als Tänzer oder Mitglied anschließen möchte, ruft Janine Raffel an: 0157 7205518