Duisburg. Ein Kreis von Fachärzten und Therapeuten hilft chronisch Schmerzkranken. Die Duisburger Schmerzkonferenz ist bundesweit eine der dienstältesten.
Bei der Diagnose und Therapie von komplexen, chronischen Schmerzerkrankungen ist für eine erfolgreiche Behandlung oft die Expertise von Fachärzten und Therapeuten verschiedener Disziplinen erforderlich. Diese Erkenntnis war vor 30 Jahren, im Januar 1990, der Anlass für die Gründung der Duisburger Schmerzkonferenz. Der interdisziplinäre Kreis, der sich allmonatlich zur Beratung über besonders problematische Fälle trifft, ist eine der dienstältesten Einrichtungen dieser Art in Deutschland.
Konferenz allmonatlich an wechselnden Orten
„Wir sind ein Wanderzirkus“, sagt Dr. Günter Bittel über den Kreis, der sich allmonatlich in einer anderen Klinik oder Praxis trifft. Der Arzt und Schmerztherapeut, der seit vielen Jahren in Rheinhausen eine Schmerzpraxis betreibt, ist mit den damaligen rheumatologischen und neurochirurgischen Chefärzten Dr. Rainer Gampp und Dr. Gerhard Kremer Mitgründer der Schmerzkonferenz. „Ich habe seinen Idealismus bewundert“, sagt Gerhard Kremer. Der Neurochirurg (78) ist auch im Ruhestand weiter für die Konferenz aktiv. „Auch ich habe lange gedacht, dass ich alle Schmerzprobleme mit der Chirurgie lösen kann“, erinnert er.
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Interdisziplinäre Arbeit war vor 30 Jahren Neuland
Die Schmerztherapeuten schlugen damals die erste Bresche in die bis dato strikt gehandhabte Verpflichtung, sich auf das eigene Fachgebiet zu beschränken. Das führte in der ersten Zeit zu manchem Ärger auch mit den ärztlichen Standesgremien. „Ich musste wegen des Vorwurfs der Überschreitung der Fachgebietsgrenzen bei der Ärztekammer antreten“, berichtet Günther Bittel. Die Beschwerde wurde abgeschmettert, bald folgten andere interdisziplinäre Behandlungsansätze, etwa in Tumorkonferenzen für die optimale Betreuung von Krebspatienten. „Heute ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit aus der Medizin nicht mehr wegzudenken“, so Bittel. Auch Physiotherapeuten wie Richard Schorkus sind von Beginn an dabei. „Sie sind oft wichtiger als die Ärzte“, lobt Gerhard Kremer.
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Viele Fachgebiete in der Konferenz vertreten
Für Schmerztherapeuten ist die Teilnahme an Schmerzkonferenzen heute sogar eine Verpflichtung im Rahmen der ärztlichen Qualitätssicherung. „Chronisch Schmerzkranke sind oft über das ganzheitliche Spektrum betroffen, auch im psychologischen und psychosomatischen Bereich“, erklärt Bittel, „deshalb ist es wichtig, dass in der Konferenz möglichst viele Fachgebiete vertreten sind, um keinen Tunnelblick zu haben.“ Es sei „immer wieder beeindruckend“, welche Impulse aus dem Kreis kommen: „Auch für die Ärzte ist es eine Lehrveranstaltung.“
Schmerztherapeuten fehlt Nachwuchs
Weil es weder eine Facharztausbildung für Schmerzmedizin gibt noch einen Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen für eine ausreichende Versorgung mit entsprechenden Fachleuten, fürchten die Fachleute der Schmerzkonferenz um qualifizierten medizinischen Nachwuchs.
„Praxen von niedergelassenen Schmerzmedizinern finden oft keine Nachfolger“, erklärt Dr. Günther Bittel. Auch für seine eigene Praxis an der Krefelder Straße 26 in Rheinhausen ist der Arzt, der unlängst die Altersgrenze überschritten hat, auf der Suche. In spätestens drei Jahren will er sich zur Ruhe setzen. Im Schmerzzentrum Duisburg gibt’s Informationen über die Schmerzkonferenz. Per E-Mail: info@schmerzzentrum-duisburg.de
Die Fachleute profitierten über die Jahre von Fortschritten in der Grundlagenforschung. Mehr ist heute bekannt über den Schmerz als Spätfolge von Kriegs- und Unfalltraumata. Viel mehr Patienten könnte geholfen werden, wenn es mehr ausgebildete Schmerztherapeuten gäbe, glaubt Dr. Gerhard Kremer. Doch auf eine Ausbildung zum Facharzt für Schmerzmedizin konnten sich die ärztliche Standesvertretungen bisher nicht verständigen. Und weil die Behandlung in der Regelversorgung kaum abgebildet ist, ist der Kampf mit den Kassen Alltag. Kremer: „Das Beherrschen der Bürokratie ist leider genauso wichtig wie die medizinische Kompetenz.“