Duisburg. Ein 26-Jähriger aus Duisburg hat Künstler Thomas Baumgärtel wegen dessen Erdogan-Bild als „Hurensohn“ beleidigt. Der Fall landete vor Gericht.
Unter Polizeischutz musste im Oktober 2018 in der Cubus-Kunsthalle am Kantpark eine Ausstellung mit politischen Werken des als „Bananensprayer“ bekannt gewordenen Künstlers Thomas Baumgärtel eröffnet werden. Proteste und eine Flut von Beleidigungen und Beschimpfungen löste vor allem ein Bild aus: Es zeigte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan als „Türkischen Diktator“ mit einer Banane im Allerwertesten. Ein 26-jähriger Rheinhauser beschimpfte Baumgärtel in diesem Zusammenhang per Mail als „Hurensohn“. Der Fall landete nun vor Gericht.
Die Richter verurteilten den 26-Jährigen dort zu einer Geldstrafe von 300 Euro (30 Tagessätze zu je zehn Euro).
„Ein Bild, das keine Wirkung hat, ist kein Kunstwerk“, meinte Thomas Baumgärtel vor Beginn der Verhandlung auf dem Gerichtsflur. Allerdings war ihm die Menge der wüsten Beschimpfungen und Morddrohungen, die auch nicht vor seiner Familie Halt machten, dann irgendwann doch zu viel geworden. Er wunderte sich allerdings, dass ausgerechnet diese einfache Beleidigung nun vor Gericht führte. „Ich verstehe nicht, dass der Staat offenbar keine Handhabe hat, anonyme Absender ausfindig zu machen“, so der Künstler, der es bedauerte, dass er im Gerichtssaal seine geliebte Kappe absetzen musste.
Prozess in Duisburg: Angeklagter entschuldigte sich
Der Angeklagte, ein bislang unbescholtener Duisburger, der unlängst nach Neukirchen-Vluyn umzog, hatte allerdings nichts getan, um verborgen zu bleiben. Er schickte seine wütende Mitteilung an Baumgärtel auf einem Weg, der ihn sofort als Absender identifizierbar machte. „Hoffe, dich irgendwann auf der Straße zu treffen und mit dir ein Kunstwerk zu veranstalten“, hieß es darin. Es folgten die türkischen Worte für „Hurensohn“.
Er habe im Internet einen Bericht über die Ausstellungseröffnung in Duisburg gesehen, so der Angeklagte. „Als ich das Bild sah, kochte meine Wut hoch.“ Dabei sei es ihm nicht vordringlich um die Darstellung Erdogans gegangen. „Dazu kann jeder seine Meinung haben.“ Aber dass im Hintergrund die türkische Flagge – „die Fahne meines Heimatlandes“ – zu sehen war, habe er als Respektlosigkeit aufgefasst. „So etwas gehört sich nicht. Ich fühlte mich persönlich angegriffen und habe emotional reagiert.“ Im Gerichtssaal entschuldigte sich der 26-Jährige bei Thomas Baumgärtel. „Es war falsch, dass ich sie beleidigt habe.“
Richter fand deutliche Worte
Das sah der Richter, Direktor des Amtsgerichts Joachim Busch, genau so. „Ich kann nachvollziehen, dass sich der Angeklagte angegriffen fühlte. Nicht nachvollziehen kann ich die Reaktion.“ Niemand müsse sich in Deutschland beleidigen lassen. „Das nimmt leider in den letzten Jahren immer mehr Überhand.“ Er kenne durchaus jüngste Urteile, nach denen beispielsweise Politiker schlimmste Beschimpfungen erdulden müssten. „Ich sehe das anders.“
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Baumgärtel, der dem Prozess zunächst eigentlich fern bleiben wollte, hatte stattdessen noch auf den letzten Drücker versucht, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen. Der Richter wies diesen Antrag zurück. Bei einer Beleidigung lasse das Gesetz das nur in Ausnahmefällen zu. Und die von der Strafprozessordnung geforderten „schlimmen Folgen“ ausgerechnet dieser Beleidigung vermochte er nicht zu erkennen. Zudem habe Baumgärtel den Antrag erst mehr als ein Jahr nach der Strafanzeige gestellt. Und zwar erst, „nachdem in den Medien auf den bevorstehenden Strafprozess hingewiesen worden war“.
Alles Banane: Thomas Baumgärtel
Baumgärtel, Jahrgang 1960, wuchs in Rheinberg auf. Seit Jahren lebt er in Köln. Seit den 80-er Jahren dreht sich bei ihm alles um die Banane.
An mehr als 3000 Orten dieser Welt, die mit Kunst verbunden sind, hat er das gesprühte gelbe Zeichen schon hinterlassen. Auch in seinen Werken setzt er die Südfrucht mal heiter, mal provozierend ein.
Die Ausstellung, die in Duisburg von Protesten begleitet wurde, hatte zuvor auch schon in Langenfeld ähnliche Reaktionen provoziert.
Bei der „Art Karlsruhe“ wurde sein Bild einige Wochen später abgehängt. Baumgärtel sprach von Zensur und kündigte dem Galeristen.