Duisburg/Mülheim. Eine Duisburgerin und ein Mülheimer leiten in ihren Gemeinden ehrenamtlich Beerdigungen. Für die Trauerfeiern suchen sie persönlichen Momente.
Sie stehen bei jedem Wetter auf dem Friedhof, gestalten Beerdigungsgottesdienste und trösten Trauernde. Sie treffen Angehörige in dramatischen Lebenssituationen – und sind doch meist bester Laune. Wenn Rita Osowski und Bernd Heßeler von ihrem ungewöhnlichen Ehrenamt berichten, ist das alles andere als eine traurige Angelegenheit. Die 64-jährige Duisburgerin und der 67-jährige Mülheimer sind in ihren Kirchengemeinden seit 2015 als ehrenamtliche Beerdigungsleiter unterwegs.
„Man muss Freude am Umgang mit Menschen haben“, nennt Heßeler eine Voraussetzung für seine Aufgabe. Zumindest sein kommunikatives Talent kommt dem früheren leitenden Firmenkundenbetreuer einer Bank nun auch in seinem Ehrenamt zu Gute. „Ich war viele Jahre ein Sitzungs-Katholik“, sagt Heßeler, der sich bis 2005 in verschiedenen Pfarrei-Gremien engagiert hat. „Dann habe ich acht Jahre nichts gemacht – bis ich diese Aufgabe gefunden habe.“ Vielleicht hat die Aufgabe aber auch ihn gefunden: Als Heßeler nach seinem Start in die Altersteilzeit gefragt wurde, ob der Beerdigungsdienst nicht etwas für ihn wäre, „habe ich einen Monat überlegt, wie ich absagen kann. Aber dann war es fast wie eine Berufung und mir war plötzlich klar: Das machst du.“
Beerdigungen: Angehörige schätzen Ehrenamtler aus Duisburg und Mülheim
Und wie er das macht: Nach einem halben Jahr Qualifizierungskurs mit 15 Tagesveranstaltungen ist Heßeler seit 2015 nicht nur vier- bis fünfmal im Monat als Beerdigungsleiter im Einsatz – sondern engagiert sich zusätzlich auch in der Trauerbegleitung: „Ohne Trauerbegleitung ist unsere Arbeit nur die Hälfte wert.“ Über die Trauerbegleitung zum Beerdigungsdienst gekommen – bei Rita Osowski war es genau umgekehrt: „Ich bin über die Trauerbegleitung zu den Beerdigungen gekommen“. Schon seit mehreren Jahren begleitete sie Trauernde in der Duisburger Innenstadtpfarrei Liebfrauen – als das Bistum Essen 2014 den Beerdigungsdienst auch Ehrenamtlichen ermöglichte, war sie gleich mit dabei.
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Viele Dutzend Trauerfälle haben Osowski und Heßeler seitdem betreut, immer in enger Abstimmung mit ihren Pfarrbüros und den hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern – und doch mit dem besonderen Charme den offenbar auch viele Angehörige an einer Beerdigung durch Ehrenamtliche schätzen. Davon sprechen die vielen Dankesschreiben, die die Ehrenamtler erhalten, und die „uns sehr gut tun“, wie sie bekennen. Ihr – für viele Angehörige nach wie vor ungewohntes – Ehrenamt sei oft ein guter Einstieg ins Kondolenzgespräch, berichten sie. „Manche wundern sich, dass ich kein Priester bin und fragen, warum ich das mache“, sagt Heßeler. Probleme gebe es so gut wie nie. Allenfalls Angehörige, die aus anderen Ländern anreisten, empfänden „eine Beerdigung ohne Priester manchmal als zweitklassig“.
Suche nach Persönlichem mit Herzblut
Wenn es um die Gestaltung der Beerdigungen geht, sehen sich die beiden Ehrenamtler mit ihren hauptberuflichen Kollegen auf Augenhöhe. „Die machen manches anders als ich“, und doch bemühe sich jeder um eine würdige und berührende Feier, sagt Heßeler. Die ehrenamtlichen Beerdigungsleitern hätten indes meist mehr Zeit für die Vorbereitung. „Etwas Persönliches zu suchen, zum Beispiel einen Text, der besonders gut passt, dass ist das Herzblut von uns Ehrenamtlichen“, sagt Heßeler – und Osowski nickt.
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Sie hat jüngst einen Mann beerdigt, der einen großen Garten hatte. Da hat sie den Text „Garten der Erinnerung“ ausgewählt. „Und ich habe letztens einen Gastronom beerdigt“, erzählt Heßeler. „Da habe ich die Lesung vom ,Festmahl beim Herrn‘ vorgetragen.“ Nach vier Jahren haben Heßeler und Osowski ihre Routinen und ein großes Repertoire an Texten und Bibelstellen gesammelt. Und doch ist es für sie bis heute gerade die möglichst persönliche Gestaltung einer Beerdigung, die viel Zeit kostet – aber bei den Besuchern der Feier oft bleibenden Eindruck hinterlässt.
Ehrenamtler: Ein Arbeitstag pro Beerdigung
Auch, dass sie bei einer Beerdigung so lange am Grab bleiben, bis der letzte Besucher gegangen ist, ist für die Ehrenamtler selbstverständlich, aber für viele hauptberufliche Seelsorger kaum zu leisten. „Einen Arbeitstag“, sagt Ehrenamtler Heßeler, würde er in Summe für eine Beerdigung samt Vor- und Nachbereitung kalkulieren. Zerstrittene Familienverhältnisse, verstorbene Kinder, Suizide … - mit der gewachsenen Erfahrung übernehmen Heßeler und Osowski heute auch Trauerfälle, an die sie sich am Anfang nicht herangetraut hätten. „Heute habe ich auch für solche Fälle passende Texte“, sagt Osowski.
Allein bei nahestehenden Freunden oder Angehörigen würde sie nach wie vor ablehnen, „wenn da meine eigene Emotionalität zu groß ist“.
Engere Vernetzung geplant
„Wichtig für unseren Dienst ist die Vernetzung“, betont Heßeler. Im gegenseitigen Austausch lernen die Beerdigungsleiter voneinander, geben sich Tipps zu Texten, Liedern oder zu besonderen Tricks – wie den mit Heßelers Bluetooth-Box: Gerade bei den sparsam gehaltenen Sozial-Beerdigungen sorgt er mit dem Handy-Lautsprecher auch ohne Organist für stimmungsvolle Musik. Eine noch engere Vernetzung der Beerdigungsleiter will nun ein eigenes Projekt im Bistum Essen erreichen.
Die beiden Gemeindereferentinnen Melanie Malitius und Andrea Schlüter bringen die Ehrenamtlichen zusammen – und beraten zudem Pfarreien, in denen Katholiken ebenfalls bereit sind, diese Aufgabe zu übernehmen. Gerade hat ein neuer Qualifizierungskurs begonnen, die acht Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen im Frühjahr als Beerdigungsleiter beauftragt werden.