Duisburg. Immer mehr Duisburger sind auf Unterstützung angewiesen. Im Sozialcafé Offener Treff bekommen sie für kleines Geld eine frisch gekochte Mahlzeit.
„Mahlzeit“ grüßt Friedrich Ritter in die Runde. „Habter noch nen Platz frei?“ Georgia Tepaß setzt ein Lächeln auf und strahlt ihn an: „Alles für Sie frei gehalten.“ Herr Ritter und seine Frau lächeln. Sie kommen regelmäßig ins Sozialcafé Offener Treff nach Neumühl. Der Gastraum sieht aus wie ein Restaurant und so sollen sich die Besucher auch fühlen. Vor sechs Jahren hat Pater Tobias das Sozialcafé gegründet, seitdem kommen immer mehr Rentner und Leute, die nicht über einen dicken Geldbeutel verfügen. Das finanzielle Polster ist bei vielen dünner geworden.
Duisburger Rentner haben weniger Geld übrig als früher
„Bei einem meiner Hausbesuche hat mich neulich eine Seniorin im Mantel begrüßt. Da habe ich sie gefragt, ob sie auf dem Weg in die Stadt sei. Sie schaute verschämt nach unten und erklärte, dass sie die letzte Rechnung nicht bezahlen konnte“, berichtet Pater Tobias.
Oder dann gibt es diejenigen, denen der Job gekündigt wurde, weil die Firma Pleite ging. Bis das Geld vom Amt fließt, dauert es aber. Leute wie sie lädt er zum Essen ein. „Das ist oft sowieso günstiger als wenn jeder für sich alleine einkaufen und kochen würde.“
Pater Tobias beobachtet, dass es den Rentnern in Duisburg und im Rest der Republik zunehmend schlechter gehe und die wenigsten das Geld übrig haben, sich zum Beispiel mal einen Kaffee in der Stadt zu gönnen.
„Wo wollen Sie denn hier auch hingehen? Es gibt doch fast nichts mehr in Neumühl außer Döner“, sagt Johanna Knauth. Die 70-Jährige kommt gerne ins Café. Das Essen schmecke meistens gut und den einen oder anderen trifft man hier auch. „Einmal hat sich hier sogar ein Pärchen gefunden. Eine späte Liebe“, erzählt sie.
Zwischen 30 und 60 Essen geben Georgia Tepaß und ihre Kollegen jeden Tag aus. Oliver Jerghoff, eigentlich Koch im Kloster, bereitet die Mahlzeiten stets frisch zu. „Schnitzel ist besonders beliebt“, weiß der Experte. Das müsse einmal pro Woche auf die Karte.
Jerghoff hat seine Ausbildung in der Küche vom Schloss Hugenpoet gemacht, später im Sheraton gearbeitet, war für den Wareneingang eines Supermarktes verantwortlich und hat sich schließlich selbstständig gemacht, bevor er in der Abtei Hamborn und im Sozialcafé anheuerte. Die Lebensmittel werden wie bei einem normalen gastronomischen Betrieb eingekauft. „Natürlich muss ich hier auf die Preise achten“, so Jerghoff.
„Aufgeschobene Essen“ für Bedürftige
Gut und günstig soll der Mittagstisch sein, für den in der Karte drei verschiedene Preise ausgewiesen sind. 7,80 Euro kostet das Essen zum Beispiel für einen Vollzahler. Wer älter als 60 Jahre alt ist, bekommt zwei Euro Rabatt. Bedürftige zahlen nur 4,80 Euro. Eine Sozialarbeiterin stellt den Besuchern einen entsprechenden Ausweis aus. „Schließlich müssen wir auch kalkulieren“, so Pater Tobias.
Nach italienischem Vorbild gibt es in Neumühl auch die Möglichkeit, als Vollzahler ein Mittagessen oder einen Kaffee mitzubezahlen. „Aufgeschoben“ heißt die Tradition. In der Kasse wird verbucht, wie viele solcher gespendeten Essen schon bezahlt sind und ein Bedürftiger kann sich dann ohne Kosten satt essen. Pater Tobias: „Grundsätzlich finde ich es aber wichtig, dass die Leute auch einen Beitrag leisten.“
Syrisches Restaurant Sham subventioniert das Sozialcafé
Ein „Glücksfall“ für das Sozialcafé ist das syrische Restaurant „Sham“, das der ehemalige Flüchtling Yamen Kadour betreibt.
Er hat jüngst seine Ausbildung bestanden und startet in der Gastro-Szene durch. Das Catering ist gefragt und auch wenn das Restaurant drei Mal pro Woche abends öffnet, sind die Plätze oft belegt. „Da haben wir ein viel größeren Einzugsbereich. Die Leute kommen aus Dortmund oder Issum, um hier zu essen“, weiß Pater Tobias.
Das Angebot für deutsche Küche am Abend wurde allerdings wieder eingestellt – die Leute wollten nur die syrischen Spezialitäten genießen. Im „Sham“ unterscheiden sich die Preise nicht von anderen Restaurants. Auch das hilft, das Sozialcafé zu subventionieren.
Für das Ehepaar Friedrich ist das syrische Essen nichts. Sie sind mit dem Gulasch zufrieden. Am Nachbartisch hat eine Dame Platz genommen, die später noch einmal wieder kommt, um einen Kaffee zu trinken. Auch der ist günstiger als in der Bäckerei. Und der eine oder andere, den man kennt, kommt bestimmt auch noch vorbei.“
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