Duisburg. Trotz massiver Kritik hält das Komma-Theater-Duisburg an einem Stück zur Loveparade-Katastrophe fest. Worum sich die Handlung dreht.

Der Plan des Duisburger Komma-Theaters, ein Stück über die Loveparade auf die Bühne zu bringen, ging bundesweit in einem regelrechten Shitstorm unter. Regisseur und Schauspieler hat das durchgeschüttelt, aber abbringen lassen sie sich nicht von ihrem Plan.

Im März ist Premiere. Einen Namen hat das Stück inzwischen auch: „L_vepar_de - Eine Verblendung“. In einem Wochenend-Workshop haben sich Regisseur René Linke und die sechs Schauspieler des Theaterkollektivs Kopierwerk lange mit der Kritik auseinandergesetzt und gefragt, was davon für den künstlerischen Prozess wichtig sein könnte.

„Im Stück geht es um die Irrtümer vorher und die Versäumnisse nachher“

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Manche Vorwürfe von Opfervereinen und Betroffenen, Traumata durch die Darstellung der dramatischen Szenen im Tunnel wieder aufzureißen, basieren schlicht auf Missverständnissen: So beabsichtige das Stück keine hollywoodhafte Darstellung der Katastrophe, sondern es gehe um „die Irrtümer vorher und die Versäumnisse nachher“, betont Linke. Die Darstellung sei zudem „nicht realistisch abbildend, sondern experimentell-performativ“.

Das Stück beabsichtige keine hollywoodhafte Darstellung der Katastrophe, sondern es gehe um „die Irrtümer vorher und die Versäumnisse nachher“, sagt Regisseur René Linke.
Das Stück beabsichtige keine hollywoodhafte Darstellung der Katastrophe, sondern es gehe um „die Irrtümer vorher und die Versäumnisse nachher“, sagt Regisseur René Linke. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Ein Missverständnis auch die Vorstellung, dass das Komma die Loveparade als Kinderstück inszenieren werde. „Wir sind seit 20 Jahren auch ein Erwachsenen-Theater, haben anspruchsvolle Themen auf der Bühne“, betont Ensemble-Mitglied Renate Frisch, darunter preisgekrönte Werke wie das zuletzt vom Kopierwerk gespielte „Shame shame but different“.

Juristische und therapeutische Erwartungen lasten auf den Theatermachern

Klar ist allen, dass große Erwartungen auf ihnen lasten. „Das sind therapeutische, journalistische, juristische Ansprüche, die wir als Theatermacher gar nicht erfüllen können“, sagen Frisch und Linke. Gedroht wurde ihnen auch, unter anderem mit Sitzblockaden vor dem Theater.

Nicht von ungefähr will René Linke in seiner Inszenierung das „sich blind machen“ als Hauptthema entwickeln. „Wir wollen das Ungeheuerliche der Verblendung darstellen, dass im Vorfeld alle Warnungen und Bedenken ausgeräumt und weggeblendet wurden.“

Geplant sind mehrere Erzähl-Ebenen vor und nach der Katastrophe: Jene der Akten, jene der Reflektion, auch eine ödipushafte Ebene ist geplant, in der sich Verantwortliche als Retter der Stadt gerieren, sowie in einem zweiten Teil die in der Nachbetrachtung geradezu ikonenhafte Pressekonferenz mit dem damaligen Oberbürgermeister Adolf Sauerland.

Katastrophe als klassischer Theaterstoff

Für Frisch und Linke sind die Umstände, die zur Loveparade-Katastrophe führten, klassischer Theaterstoff: Es gibt viele Warnungen im Vorfeld, wie sie auch in dieser Zeitung veröffentlicht wurden, die Hybris einzelner führt aber am Ende in die Tragödie.

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Das Team um Linke holt sich kundige Hilfe: Marcel Sparmann als Performance-Trainer und Choreograph Giulio Ungo sollen das Stück mit entwickeln. Auch aus dem Kreis der Opfer sind einige bereit, mit ihren Erfahrungen und Beobachtungen zu helfen. In den Probearbeiten will das Team einigen Fragen nachspüren. Zu klären sei etwa, ob eine ganze Stadt traumatisiert sein kann. Angesichts der schieren Menge von Material, mit der auch die Beteiligten des Prozesses zu kämpfen haben, gehe es auch um darum, wie anmaßend ein Stück zur Loveparade sei, „weil es schlicht maßlos ist“.

Die Premiere von „L_vepar_de - Eine Verblendung“ ist für Donnerstag, 26. März in Rheinhausen geplant, weitere Termine sind am 27. und 28. März. Weitere Infos zu Terminen im Komma-Theater gibt es unter https://www.kommatheater.de/